19. Februar 2015 1 Likes

Die Maschinen sind los!

Unsere Top-10-Romane und Stories zum Thema Künstliche Intelligenz

Lesezeit: 7 min.

Falls es irgendwer noch nicht mitbekommen haben sollte: Ann Leckies mit Preisen überhäufter grandioser Bestseller Ancillary Justice ist endlich auf Deutsch unter dem Titel Die Maschinen zu haben (im Shop)! Breq, die Heldin, ist das Fragment des künstlichen Gehirns eines Raumschiffes, und Ann Leckie gelingt es, uns langsam an diese ungewöhnliche Perspektive heranzuführen. Wer jetzt auf den Geschmack von Geschichten mit Künstlichen Intelligenzen und denkenden Maschinen gekommen ist, sollte sich auch die folgenden zehn Romane und Stories nicht entgehen lassen:

 

10. Isaac Asimov: Ich, der Roboter (im Shop)

Ich, der Roboter ist eine Sammlung von Kurzgeschichten um die Robotpsychologin Susan Calvin, die einem jungen Reporter aus ihrem Leben erzählt. Die Stories drehen sich um die berühmten Drei Grundregeln der Robotik, die einerseits die Handlungen der Robots bestimmen, andererseits aber immer wieder für Probleme bei den Roots sorgen, weil sie im Widerspruch zu Aufgaben stehen, die die Robots zu erfüllen haben. Das interessante an Asimovs Roboter-Geschichten ist auch über fünfzig Jahre nach ihrem ersten Erscheinen, dass Asimov es schafft, uns Robots als programmierte und in gewisser Weise seelenlose Maschinen zu präsentieren, andererseits aber seine Robot-Figuren mit sehr viel Liebe einen richtigen Charakter verleiht, der nicht selten interessanter und ausgeprägter ist als der seiner menschlichen Protagonisten.

 

9. Arthur C. Clarke: 2001 – Odyssee im Weltraum (im Shop)

HAL 9000 gehört definitiv zu den Ikonen der bösartigen Supercomputer in der Science Fiction. HAL überwacht den Flug des Raumschiffes Discovery One zum Jupiter, wo nach Spuren des geheimnisvollen Monolithen, der auf dem Mond entdeckt wurde, geforscht werden soll. Doch scheinbar unerklärlich entwickelt HAL auf dem Flug plötzlich ein Eigenleben, tötet die schlafende Besatzung und versucht dann, sich auch der beiden wachen Astronauten Frank Poole und Dave Bowman zu entledigen. Dabei mangelt es HAL nicht passiver Aggressivität - darin kommt keine andere Maschine ihm gleich (man erinnere sich an die Szenen im Film, in der HAL ewig braucht, um Anfragen zu beantworten, nur um dann zu erklären, dass er dem Befehl nicht nachkommen kann!). Als es Bowman schließlich gelingt, HAL schrittweise zu deaktivieren, stirbt der Supercomputer einen der berührendsten Tode der Film- und Literaturgeschichte.

 

8. Philip K. Dick: Blade Runner (im Shop)

Kaum einen andere künstliche Intelligenz machte auf Papier und auf Leinwand so viel Eindruck wie die Replikanten aus Philip K. Dicks Do Androids Dream Of ElectricSheep?, der in Buchform unter dem Filmtitel Blade Runner zu haben ist. Rick Deckard jagt, philosophisch bestens gestützt durch die Religion des Mercerismus, auf einer atomar verseuchten Erde nach Künstlichen Intelligenzen, die optisch nicht von Menschen zu unterscheiden sind. Lediglich mittels des ausgeklügelten Voigt-Kampff-Tests, der sozusagen die Empathie des Testsubjektes misst, kann zwischen Mensch und Replikant unterschieden werden. Doch Decker zweifelt zunehmend an seinem Job: Wenn die Androiden den Menschen immer ähnlicher werden, auch empathisch, wie kann er sie dann noch jagen und töten? Zugleich sind sechs Androiden von den Marskolonien geflüchtet und verstecken sich auf der Erde. Auch sie hadern mit dem Mercerismus, der sie vom gesellschaftlichen Leben ausschließt. Dicks durchaus empathische Replikanten stellen uns auch vor die Frage, inwiefern wir selbst den berühmten Voigt-Kampff-Test bestehen würden?

 

7. Jack Williamson: Wing 4 (im Shop)

Zeitgleich mit Asimov, aber in weitaus weniger positive Stimmung schrieb Jack Williamson 1947 seine Novelle With folded Hands…, die 1948 überarbeitet und ergänzt unter dem Titel The Humanoids erschien und hierzulande als Wing 4 bekannt ist. Bemerkenswert ist das vor allem, wenn man die Asimovschen Roboter neben die von Williamson stellt: Beide gehen von derselben Prämisse aus, nämlich dass sie den Menschen dienen und sie schützen sollen. Doch wo bei Asimov, von kleineren Fehlfunktionen einmal abgesehen, alles prächtig läuft, geht bei Williamson alles schief, was nur schiefgehen kann, und seine humanoiden, sich selbst reproduzierende KIs vom Planeten Wing 4 sind despotische Super-Nannys, die aufgehalten werden müssen. Williamson schrieb das unter dem direkten Einfluss der Bilder aus Hiroshima und Nagasaki, und Wing 4 ist vielleicht nicht der erste, aber doch einer der bemerkenswertesten Romane darüber, wie sich eine Technik, die wir mit den besten Absichten entwickelt haben, gegen uns selbst wendet.

 

6. Dan Simmons: Die Hyperion-Gesänge (im Shop)

Der TechnoCore in Simmons Die Hyperion-Gesänge ist eine eigene KI-Spezies, die sich der Kontrolle durch den Menschen entzogen und in verborgenen Netzwerken eine gänzlich eigene Zivilisation aufgebaut hat. Er ist auch in den Farcastern, einem Netz aus Toren, die Schiffe mit Überlichtgeschwindigkeit transportieren, und in Computern. Am Anfang des Romans sieht es noch so aus, als würde der TechnoCore der Menschheit helfen wollen, doch in Wirklichkeit verfolgt er ganz eigene Ziele, die man erst am Ende der gut 1400 Seiten umfassenden Geschichte erfährt. Doch wie das ganze Unterfangen letztendlich ausgeht, verrät Simmons erst im zweiten Teil, Endymion (im Shop). Ich sage nur: [KWATZ!]

 

5. Rudy Rucker: Software und Wetware (im Shop)

In Rudy Ruckers Ware-Romane haben KIs sich gegen die Menschen aufgelehnt und eine freieKolonie auf dem Mond gegründet, weil sie dort von den Menschen, die schließlich atmen müssen, nicht so stark belästigt werden. Rucker präsentiert seine Robots als lebendige Gegenkultur zu den Menschen, die sich eigenständig weiterentwickeln kann, sobald sie sich einmal aus dem Asimovschen Joch befreit hat. Die Menschen geben in Sachen Robotik und Robotergesetze nicht länger den Ton an. Die Roboter haben eigene politische Parteien, die gegeneinander intrigieren, und sie versuchen, sich der Menschheit dauerhaft zu entledigen. Diese schlägt allerdings zurück, und das Ergebnis ist ein Sprung sowohl in der Evolution des Menschen als auch der der Roboter.

 

4. Charles Stross: Die Kinder des Saturn (im Shop)

Charles Stross hat sich immer wieder mit KIs befasst, aber besonders bemerkenswert finde ich seinen Roman Die Kinder des Saturn. In der Zukunft haben die Menschen aufgehört, zu existieren, zumindest als körperliche Wesen. Sie sind Bewusstseinsinhalte auf Datenträgern. Schlechte Zeiten für Freya, einen Sexbot, denn für die perfekte Konkubine haben diese neuen Menschen keine Verwendung mehr. Stross thematisiert hier ausführlich das Problem, das auch die Asimovschen Robots bereits haben: Sie sind für an ihre Programmierung gebunden, auch wenn die Aufgabe, für die sie programmiert wurden, nicht mehr durchführbar ist. Freya wird Instrument einer Schmugglerbande, und um diesen Auftrag erfüllen zu können, muss sie sich einiges einfallen lassen, um ihre Programmierung sozusagen auszutricksen.

 

3. Harlan Ellison: Ich muss schreien und habe keinen Mund (im Shop)

Nach dem Ende des letzten, alles vernichtenden Weltkrieges hält ein Supercomputer fünf Menschen in einem unterirdischen Stollensystem fest und foltert sie auf jede nur erdenkliche Weise. Das ist das Setting für Harlan Ellisons Story „Ich muss schreien und habe keinen Mund“, in der eine wütende KI Rache an den noch verbliebenen Menschen nimmt. Ursprünglich wurde AM („Allied Mastercomputer“) von Menschen entwickelt. Als der Kalte Krieg zu einem Heißen Krieg wurde, waren die jeweiligen KIs der Machtblöcke sehr viel effizienter in der Kriegsführung als die Menschen, und das Ergebnis war die fast vollständige Vernichtung der Erde. Jetzt ist AM mit seinem Hass alleine, und die fünf Menschlein, die er in seinem Komplex gefangen hält, sind seine einzige Beschäftigung. Krasser und eindringlicher kann man die von Menschen gemachte Abhängigkeit von Maschinen, die wiederum zu unserem Untergang führen wird, nicht darstellen.

 

2. Iain Banks: Exzession

In den KULTUR-Romanen von Iain Banks tauchen immer wieder Künstliche Intelligenzen, Gehirne, auf, die praktisch überall leben – auf Planeten, Schiffen, Orbitalen, wo auch immer. In Exzession (der ab April in unserem Shop zu haben sein wird) spielen diese Gehirne die Hauptrolle: Ein unbekanntes Objekt taucht plötzlich auf und erweist sich als so komplex, dass es den Menschen ein vollkommenes Rätsel und selbst den superintelligenten KIs unbegreiflich ist. Exzession bietet auch einen Einblick in das Leben der Gehirne, die in ihrem schier endlosen Leben unzählige Kriege führen und dabei Generationen von Menschen sterben sehen. Kein Wunder, dass sie oft zynisch oder melancholisch sind!

 

1. William Gibson: Neuromancer (im Shop)

Eine der interessantesten Figuren in Gibsons Cyberpunk-Roman, der sich ansonsten eher um Menschen mit gewissen technischen „Upgrades“ dreht, ist die titelgebende Künstliche Intelligenz Neuromancer. Ganz anders als die verrückten Roboter bei Asimov Jack Williamson ist Neuromancer nicht an wie auch immer geartete Beschränkungen durch Menschen gebunden und unterliegt nicht ihrer Kontrolle. Neuromancer ist in der Lage, heruntergeladene menschliche Bewusstseine so in sein System zu integrieren, dass sie in der Lage sind, sich in seinem Bewusstsein weiterzuentwickeln. Er handelt dabei nach Gründen, die die Menschen nicht verstehen, und seine Fähigkeit, durch den Bewusstseinsdownload Tote gewissermaßen wieder zum Leben zu erwecken, katapultiert ihn vollends aus unserer Welt hinaus. Neuromancers Zwilling, die KI Wintermute, will sich mit ihm verschmelzen, was zu einem ziemlich interessanten Ende für die beiden führt, über das ich gerne mehr lesen würde …

 

Diese Liste ist natürlich nur die Spitze des Eisbergs – welche KI-Romane stehen bei euch ganz oben?

Ann Leckie: Die Maschinen ∙ Roman ∙ Aus dem Amerikanischen von Bernhard Kempen ∙ Wilhelm Heyne Verlag, München 2015 ∙ 544 Seiten ∙ € 14,99 (im Shop)

Unter dem Stichwort „Maschinen-März“ finden Sie weitere Artikel zu Ann Leckies Roman und dem Thema „Künstliche Intelligenz“. 

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