27. März 2017 1 Likes

Eine Legende kehrt zurück!

Ghost In The Shell: Alarm! Die US-Kinofassung steht vor der Tür!

Lesezeit: 6 min.

Der Manga und vor allem Cyberpunk-Klassiker „The Ghost In The Shell“, der von der Jagd der Anti-Terroreinheit Public Security Section 9 nach dem übermächtigen Hacker „Puppet Master“ erzählt, feierte 1989 im „Young Magazine“ seine Premiere und wurde dort bis zum November 1990 publiziert. Schöpfer war der damals 30jährige, unter dem Pseudonym Masamune Shirow tätige, Masanori Ōta, der bereits mit „Appleseed“ (1985) und „Dominion“ (1986) die ersten großen Erfolge verbuchen konnte. Der Mann erwies sich von Anfang an als Ausnahmetalent; nicht nur dass die Mixtur aus ausführlichen High-Tech-Themen und Philosophie UND Action, Erotik und Humor wohl einzigartig ist, Shirow hat ebenso einen ausgesprochenen Hang zu komplexen Handlungsbögen, was seine Werke natürlich nicht immer leicht zugänglich macht. Der publikumsscheue Künstler, der erst in den letzten Jahren etwas auskunftsfreudiger geworden ist, hat, anders als seine Kollegen, unüblicherweise nie seine Geburtstadt Kobe verlassen und arbeitet am liebsten alleine und das in einem gerade für japanische Verhältnisse extrem gemächlichen Tempo, weshalb das Werkverzeichnis insgesamt auch eher dünn ausfällt.

Es ist wohl nicht verkehrt zu behaupten, dass Shirow ein bisschen das japanische Äquivalent zu Cyberpunk-Übervater William Gibson (im Shop) darstellt, beide starteten mehr oder weniger zur gleichen Zeit ihre Karrieren, es gibt eine ganze Reihe thematischer Überschneidungen (A.I.’s, Cyberspace etc.), beide prägten das Science-Fiction-Genre, wobei der Radius von Gibson natürlich weitaus größer war, denn japanische Werke erreichen, damals wie heute, wenn überhaupt, oft nur mit erheblicher Verzögerung den Rest der Welt und werden dort aufgrund landesspezifischer Eigenheiten auch nicht immer sofort mit offenen Armen empfangen.

„The Ghost In The Shell“ wurde im Heimatland jedenfalls aus dem Stand zum Hit, der weltweite Erfolg kam allerdings erst mit der von Mamoru Oshii („Patlabor“ 1+2) inszenierten Anime-Version (1995). Oshii verfilmte den Comic allerdings nicht einfach, sondern realisierte eine Art alternative Version des Stoffs: Die Handlung wurde deutlich eingedampft, der Humor gestrichen und der Technik-Fetisch des Erfinders wich einer weitaus kritischeren Auseinandersetzung, kurz: die Anime-Variante ist deutlich düsterer und zumindestens in Teilen ein Tick tiefgründiger.

Das eigentlich Erstaunliche ist aber: „The Ghost In The Shell“ wurde im Laufe der Jahre zu einer ziemlich umfangreichen Franchise ausgebaut, die aber eben nicht, wie üblich, einen qualitativen Niedergang mit sich brachte, sondern es alles in allem, schaffte fast immer zu überzeugen, vor allem der TV-Serien-Ableger „Stand Alone Complex“ ist unbedingt eine Empfehlung wert!

Wenn’s nach Geld riecht, lugt normalerweise schnell Hollywood hinterm Busch hervor, doch erstaunlicherweise wurde die Lizenz erst 2008 nach Amerika verkauft und erst Ende diesen Monats, am 30.03.2017 startet die Verfilmung im Kino, die schon im Vorfeld für reichlich Unmut sorgte, da die Macher die Vorlage durch die whitewashing-Schleuder schickten. Das heißt, die Hauptfigur der Geschichte, die Anführerin  der Public Security Section 9, Majorin Motoko Kusanagi, wird nicht vorlagengetreu von einer asiatischen Darstellerin, sondern von everybodys darling, der Amerikanerin Scarlett Johansson, gespielt. Das ist natürlich durchaus ein Affront, allerdings in diesem Fall nicht zwangsläufig rassistisch, da man Johanssons Rolle offenbar von der gezeichneten Vorlage abgrenzen wird (der Rollenname lautet nur noch „The Major“), zudem kann man durchaus nachvollziehen, dass Produzenten, bei solchen extrem hoch budgetierten Filmen, die so richtig viel Geld einspielen müssen, um in der Gewinnzone zu landen, nicht unbedingt ein dem Publikum völlig unvertrautes Gesicht in der Hauptrolle sehen möchten. 

 

Sorge bereitet da viel eher, dass sämtliches bisheriges Material vor allem fette Actionszenen in den Mittelpunkt stellt – Action steht weder beim Manga noch beim Anime unbedingt im Fokus – und dass der Presse bis zum Starttag einen Maulkorb auferlegt wurde.

Anyway: Die Fußstapfen, die Regisseur Rupert Sanders (der 2012 für „Snow White and the Huntsman“ von Kritikern und Publikum zu Unrecht Dresche bekam) ausfüllen muss, sind gigantisch. Vielleicht sollte man die Sache entspannt(er) sehen und sich einfach auf einen Actioner freuen, der zumindestens schön stylish daherkommt, zudem ist das Casting erfreulich bunt, neben der leading lady halten Pilou Asbæk, Juliette Binoche, Takeshi Kitano, Michael Pitt, Rila Fukushima, Tricky und Michael Wincott ihre Gesichter in die Kamera.  

Der kommende Kinofilm bot Egmont Manga Ende letztes Jahr natürlich eine gute Gelegenheit, die seit Urzeiten vergriffene Edition von Shirows Klassiker neu aufzulegen, dieses Mal sogar ohne Zensuren, vormals fehlende, nicht wirklich notwendige, lesbische Sexszenen sind jetzt drin. Ebenso bekamen die Fortsetzungen neue Bände spendiert, aber was  natürlich - gerade in Anbetracht des kommenden Kinofilms - am allermeisten interessiert:

Überzeugt „The Ghost In The Shell“ nach fast 30 Jahren immer noch?

Selbst Hardcore-Fans werden nicht leugnen können, dass ein wenig die Zeit am Cyberpunk-Epos geknabbert hat, was sich vor allem in der in der fehlenden Charakterentwicklung bemerkbar macht, auch wenn die Figuren diverse Facetten haben, die Rollen werden schnell klar definiert und bleiben im Laufe der über 300 Seiten auch so. Die Faszination wird dadurch aber nur unwesentlich eingeschränkt, was daran liegt, dass der Manga in einer anderen Abteilung die Muskeln spielen lässt, nämlich dem world building – Shirow entfaltet eine ungeheuer detailverliebte Welt, die einen mit den ganzen Einzelheiten fast schon ein wenig erdrückt, selbst am Rand der Panels finden sich noch Anmerkungen und Erklärungen. Das erfordert in allererster Linie natürlich die Bereitschaft sich überhaupt drauf einzulassen, es handelt sich nicht gerade um Lektüre, die man sich mal eben kurz im Vorbeigehen ins Hirn schiebt, aber wer die Bereitschaft mitbringt, sich drauf einzulassen, wird auch heute noch schnell in diese einzigartige Welt gesogen, zumal auch die dynamischen und in den Farbseiten prächtig kolorierten Seiten prima durch die Jahrzehnte gewandert sind. 

Der kommende Kinofilm wird sich vermutlich - zumindestens was die visuelle Seite angeht - etwas mehr  an Oshiis Animefassung orientieren, aber so oder so: Es wird nicht leicht. Hoffen wir einfach mal das Beste!

Da jeder, der einmal die wundervolle Welt von „The Ghost In The Shell“ betreten hat, mit Sicherheit immer und immer wieder kommen will, folgt nun ein Überblick:

 

„Die Welt von THE GHOST IN THE SHELL“

 

MANGA (alle bei Egmont Manga erschienen)

• Ghost In The Shell

• The Ghost In The Shell 2 – Manmachine Interface

• Ghost In The Shell 1.5 – Human Error Processor

• Ghost In The Shell – Stand Alone Complex 01 (ab 06.04.2017)

• Ghost In The Shell – Stand Alone Complex 02 (ab 01.06.2017)

• Ghost In The Shell – Stand Alone Complex 03 (ab 03.08.2017)

 

ANIME

• Ghost In The Shell (erschienen bei Nipponart)

• Ghost In The Shell 2.0 (erschienen bei Nipponart)

• Ghost In The Shell 2: Innocence (erschienen bei Universum Film)

• Ghost In The Shell  - Stand Alone Complex (erschienen bei Nipponart)

• Ghost In The Shell – S.A.C. 2nd GIG (erschienen bei Nipponart)

• Ghost In The Shell – S.A.C. Individual Eleven (erschienen bei Manga Entertaimment)

• Ghost In the Shell - Stand Alone Complex: Solid State Society (erschienen bei Nipponart)

• Ghost In The Shell – Stand Alone Complex: The Laughing Man (erschienen bei Manga Entertainment)

• Ghost In The Shell: Arise – Border 1: Ghost Pain (ab dem 31.03.2017 bei Universum Anime)

• Ghost In The Shell: Arise – Border 2: Ghost Whispers (ab dem 31.03.2017 bei Universum Anime)

• Ghost In The Shell: Arise – Border 3: Ghost Tears (erschienen bei Manga Entertainment)

• Ghost In The Shell: Arise – Border 4: Ghost Stands Alone (erschienen bei Manga Entertainment)

• Ghost In The Shell: Arise - Pyrophoric Cult (erschienen bei Bandai Visual)

• Ghost In The Shell: Arise – Alternative Architecture (unveröffentlicht)

• Ghost In The Shell: The New Movie (erschienen bei Funimation)

 

GAMES

• Ghost In The Shell (PlayStation)

• Ghost In The Shell: Stand Alone Complex (PlayStation 2)

• Ghost In The Shell: Stand Alone Complex (PlayStation Portable) (Sequel zum PS2-Spiel, wurde in Japan mit dem Zusatztitel „Domain Of The Hunters“ veröffentlicht, der im Westen merkwürdigerweise allerdings gestrichen wurde, was gerne für Verwirrungen sorgt)

• Ghost In The Shell: Stand Alone Complex – First Assault Online (Microsoft Windows)

 

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