11. Juli 2016 1 Likes

Und nun die Wetteraussichten für 2050

Wie sagt man eigentlich das Klima der nächsten hundert Jahre vorher?

Lesezeit: 4 min.

Hand hoch: Wer hat sich schon mal beschwert, dass der Wetterbericht daneben lag? Oder gehören Sie gar zu jenen, die der Meinung sind, Meteorologen seien ohnehin alles Scharlatane? Das ist in Ordnung, ich nehme das nicht persönlich. Tatsache ist, dass die Qualität der Wettervorhersagen in den letzten zwanzig Jahren deutlich zugenommen hat. Das liegt vor allem am Einsatz von Satelliten zum Sammeln von hochaufgelösten globalen Wetterdaten sowie an der Entwicklung immer besserer Supercomputer, die diese riesigen Datenmengen verarbeiten können. Trotzdem sind Wettervorhersagen, gerade auf sehr kleinräumiger Ebene und für mehr als zehn Tage in die Zukunft, nicht unfehlbar, unsere Modelle sind nicht perfekt, und auch der erfahrenste Meteorologe kann sich irren. Da liegt natürlich die Frage nahe: Wenn wir nicht zuverlässig sagen können, wie das Wetter in den nächsten zehn Tagen sein wird, wie sollen wir dann voraussagen können, wie das Klima in hundert Jahren aussehen wird?

Die Antwort auf diese Frage ist etwas komplex. Zunächst einmal wollen wir von einer Klimavorhersage etwas ganz anderes wissen als vom Wetterbericht im Fernsehen. Niemand fragt, ob es an Heiligabend 2056 pünktlich zur Bescherung schneit oder ob man am 18. Juli 2100 um fünf den Grill anwerfen kann, ohne nass zu werden. Die Hauptfrage bei einer Klimavorhersage ist, wie sich grundlegende Parameter wie Temperaturen und Niederschlag relativ zu einer bestimmten Referenzperiode ändern. Diese Referenzperiode kann je nach Fragestellung beliebig gewählt werden; meistens nimmt man einen Zeitraum von dreißig Jahren. Häufig liest man zum Beispiel 1979–2010, weil diese Periode die Zeit einschließt, in der wir langsam bemerkt haben, dass etwas mit dem Klima nicht mehr in Ordnung ist, und wir begonnen haben, genauer zu forschen und Abkommen zur Emissionsausstoßsenkung zu treffen, die wir als Ursache für die Klimaveränderungen ausgemacht haben.

Außerdem basiert eine Klimavorhersage auf einer anderen Ausgangssituation. Um Wetter und Klima vorherzusagen, benötigen wir zunächst ein relativ detailliertes Verständnis davon, wie die Atmosphäre funktioniert, welche Vorgänge wie zusammenhängen und wie sich verschiedene Veränderungen auswirken. Die meteorologischen Modelle können diese Zusammenhänge mittlerweile ziemlich gut nachbilden und simulieren, wie sich das Klima in Zukunft verhalten könnte. Dafür müssen sie natürlich mit Daten gefüttert werden. Da gibt es zwei große Kategorien: Anfangsbedingungen und Randbedingungen. Die Anfangsbedingungen sind der genaue (zumindest so genau wie möglich) Zustand der Atmosphäre zu jenem Zeitpunkt, zu dem man das Modell „loslaufen“ lässt. Randbedingungen sind alle Parameter, die „nebenher“ existieren: der Zustand der Ozeane (Temperatur, Salzgehalt etc.), die Ausdehnung von Schnee- und Eisflächen, der Gehalt von Spurengasen wie beispielsweise CO2, Edelgase oder Ozon in der Atmosphäre und noch eine Reihe mehr. Nun ist es aufgrund des chaotischen Verhaltens unserer Atmosphäre so, dass mit der Länge des Vorhersagezeitraums die Anfangsbedingungen immer mehr in den Hintergrund rücken, während die Randbedingungen wichtiger werden. Ein einfaches Beispiel: Gerade haben wir Sommer. Das heißt, selbst wenn es heute einmal kalt ist und regnet, ist es trotzdem recht wahrscheinlich, dass es Mitte August ziemlich warm sein wird, weil die Randbedingung „Sommer“ für eine Vorhersage über einen Monat einen höheren Stellenwert einnimmt als die Anfangsbedingung „Heute war Mistwetter“. Das Gute an diesen Randbedingungen ist jedoch, dass sie sich zumeist nur sehr langsam ändern und damit gut vorhersagbar sind. Wir wissen zum Beispiel dank der Astronomie, wann Sommer und Winter ist, und wir wissen auch zu einem bestimmten Grad, wie sich der Ozean im Moment verhält – alles Daten, die wir ins Modell einspeisen können.

Und wie sieht es mit der Konzentration von Spurengasen aus? Die wird zu einem gewissen Teil von uns Menschen beeinflusst und unterliegt demzufolge auch „menschengemachten“ Schwankungen. Wir haben eine ziemlich gute Ahnung davon, wie viel CO2 wir im Moment produzieren und in die Atmosphäre entlassen. Die Wissenschaft weiß allerdings nicht, wie sich das in Zukunft verändern wird. Daher haben die Forscher verschiedene Szenarien entwickelt, die unser mögliches Emissionsverhalten in Zukunft beschreiben. Ein Szenario etwa sieht vor, dass wir ab sofort damit aufhören, CO2 zu produzieren. Das Ergebnis, das uns das Modell liefert, dient als Referenz dafür, wie schnell das Klima auf diese Änderung reagieren würde. In einem anderen Szenario erhöhen wir unseren CO2 Ausstoß mit der Rate, mit der wir ihn aktuell erhöhen; in Szenario Nummer drei werden die Emissionen gemäß der Abkommen, die schon getroffen wurden, reduziert; und so weiter. Diese verschiedenen Szenarien dienen im Modell ebenfalls als Randbedingungen, etwa zur Berechnung der globalen Erwärmung. Die Ergebnisse, zu denen die Modelle in Sachen Erwärmung kommen, können dann grafisch dargestellt werden:

Die klugen Menschen, die diese Modelle erstellen und das alles berechnen, sind die Damen und Herren vom Intergovernmental Panel on Climate Change, kurz IPCC. Dazu gehören hunderte führende Experten in Klimatologie, Meteorologie, Ozeanografie und vielen anderen -ogien, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen. Letztes Jahr haben sie ihren fünften Bericht abgegeben, in dem sie für andere Wissenschaftler, Politiker und Wirtschaftswissenschaftler, aber auch für ganz normale Menschen den aktuellen Stand der Forschung zusammenfassen. Den IPCC-Bericht kann man kostenlos auf ipcc.ch herunterladen. Er ist allgemein gut verständlich, sodass sich wirklich jeder, nicht nur Experten und Fachleute, über den derzeitigen Zustand des Klimas sowie seine mögliche Entwicklung in der Zukunft informieren kann. Wer es etwas detaillierter haben möchte, kann sich hier über die Hintergründe und Techniken informieren.

So viel also zum „was“ und „wie“. Beim nächsten Mal steigen wir dann tiefer in die „Klimamythen“ ein.
 

Judith Homann hat einen Master in Meteorologie von der Universität Innsbruck und interessiert sich insbesondere für extraterrestrische Wetteraktivitäten. Alle ihre Kolumnen finden Sie hier.

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