22. Mai 2017 3 Likes

Space for free

Immer noch unglaublich: Gratisfotos von der NASA

Lesezeit: 4 min.

Ab und zu brauche ich ein Bild für einen Blogeintrag oder ein cooles Twitter-Profilbild oder weil ich eine tolle Idee für ein Meme habe, das ganz bestimmt superviral wird. Leider habe ich’s nicht so mit Bildern. Fotografieren kann ich bestenfalls mittelmäßig, und in meinem unmittelbaren Umfeld gibt es auch nichts Spannenderes als überquellende Bücherregale oder die sich stapelnden dreckigen Kaffeetassen in der Küche. Natürlich könnte ich etwas auf meinem Mac designen – die nötigen Programme dafür hätte ich. Aber blöderweise bin ich künstlerisch in etwa so begabt wie ein betrunkener Oktopus.

Zum Glück für mich – und für jeden, der sich in einer ähnlichen Situation befindet – gibt es dafür eine Lösung aus einer völlig unerwarteten Ecke: von der NASA.

Jedes einzelne Bild, das die NASA von ihren Satelliten und Weltraummissionen erhalten hat, jedes Foto von einem Planetoiden oder Meteoriten, das ihre Kameras aufgezeichnet haben, steht zur freien Verfügung. Für jeden erdenklichen Zweck, auch für kommerzielle. Man kann die Bilder kostenfrei runterladen und verwenden. Dabei gibt es nur wenige Einschränkungen – man darf zum Beispiel nicht andeuten, dass die NASA bestimmte Positionen oder Anliegen unterstützt; Fotos von Personen wie etwa Astronauten oder Techniker dürfen ausschließlich in dokumentarischem oder didaktischem Rahmen gezeigt werden; und schließlich muss man noch darauf hinweisen, woher man das Bild hat. Aber das war’s auch schon. Wer sich an diese Vorgaben hält, kann mit den Bildern der NASA tun und lassen, was er will. Der tolle, funkelnde Sternenhimmel macht sich prima als Hintergrund für Ihre PowerPoint-Präsentation? Nur zu. Eine Rakete zeichnet inspirierende Kondensstreifen in den Himmel? Sie gehört Ihnen. Toben Sie sich aus.

Obwohl ich das schon länger weiß, staune ich immer wieder darüber, wie verrückt das alles ist. Da wurden Abermilliarden Dollar für Weltraumtechnologie ausgegeben - und die fotografischen Resultate dieser Forschung sind umsonst? In einer Zeit, in der es nur ums Geld geht, in der die Regierungshaushalte auf der ganzen Welt gekürzt werden, in der die Weltraumforschung unter ultrarechten Trotteln wie dem gegenwärtigen amerikanischen Präsidenten leidet, stellt die diesbezüglich wichtigste Institution von allen Jahr für Jahr Millionen Bilder für lau zur Verfügung? Selbst wenn die NASA nur Centbeträge verlangen würde, könnte sie eine Menge Geld mit den Nutzungsrechten machen und einige der aktuellen Budgetlöcher stopfen. Diese Fotos sind sehr beliebt. Dennoch ist das Material gratis.

Ist das nicht unglaublich? Nicht allein, dass es neue Entwicklungen bei SpaceX gibt, oder einfach nur die Tatsache, dass der Mensch ein Raumschiff bis zum Pluto und darüber hinaus geschickt hat - dass die Ergebnisse dieser Forschungen jedermann frei zugänglich sind, raubt mir schlicht den Atem. Das ist ein wahrlich großer Dienst an der Menschheit. Übrigens gilt das auch für Audio- und Videodateien. Bemerkenswert.

Da stellt sich natürlich die Frage: Weshalb? Man findet online überraschend wenig darüber, wer und warum entschieden hat, das Material der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Also habe ich die NASA angerufen und mit einem Archivar gesprochen.

Fazit: Es ist kompliziert. Das Ziel der NASA war es immer, „der Öffentlichkeit zu dienen“. Andererseits befand sich die NASA zu ihrer Blütezeit im Wettlauf mit den Sowjets, da gestaltete sich die Freigabe von Fotos und Videos nicht ganz so einfach; man diskutierte sogar darüber, ob man den Start der vom legendären Alan Shepard gesteuerten Mercury-Redstone 3 überhaupt live übertragen sollte. Angesichts der vielen Politiker und Ausschüsse und Unterausschüsse, die im Laufe der Jahre an der Leitung der NASA beteiligt waren, lässt sich diese Entscheidung nicht auf eine einzelne Person zurückführen – das wäre viel zu viel Papierkram. Es gebe zwar großes Interesse an der Geschichte bestimmter Bilder, sagte der Archivar, aber ich sei der erste, der sich nach der Geschichte der Bildfreigabe überhaupt erkundige.

Kein Wunder. So eine Detailfrage ist schließlich weitaus weniger interessant als die in der Regel spektakulären, oft faszinierenden und gelegentlich sogar sensationellen Bilder. Selbst wenn Sie keine Verwendung dafür haben: Besuchen Sie doch mal die Bilddatenbank der NASA und staunen Sie einfach nur.
 

Rob Boffard wurde in Johannesburg geboren und pendelt als Autor und Journalist zwischen England, Kanada und Südafrika. Er schreibt unter anderem für „The Guardian“ und „Wired“. Seine Romane „Tracer“ (im Shop) und „Enforcer“ (im Shop) sind im Heyne-Verlag erschienen.

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