1. Mai 2014

Apokalyptische Cowboys gegen untote US-Präsidenten

Science-Fiction-Comic-Neuheiten im Mai

Lesezeit: 5 min.

Auch im Mai erscheinen wieder eine ganze Reihe interessanter Comic-Alben, auf die wir hier schon einmal aufmerksam machen wollen. Darunter finden sich Superhelden, Military-SF, Endzeit-Stoffe und auch solche, die die Zukunft der Vergangenheit betrachten. Viel Spaß bei unserer Vorschau!

Waisen Bd. 1

Cross Cult, Hardcover, 208 S.

Seit Oktober 2013 erscheint in Italien jeden Monat ein 100 Seiten starker Band von „Orfani“ – jetzt kommt die wenig risikofreudige Mischung aus SF-Dauerbrennern wie „Halo“, „Starship Troopers“ und „Enders Spiel“ als „Waisen“ nach Deutschland. Der erste Band von Cross Cult zeigt, wie eine Alien-Invasion die Bevölkerung der Erde empfindlich ausdünnt, und wie nach dem Erstschlag aus dem All eine Gruppe junger Waisenkinder in harten Trainingseinheiten dazu ausgebildet wird, dem Feind gegenüberzutreten. Was Autor Roberto Recchioni und eine Vielzahl Künstler präsentieren, ist sicherlich nicht besonders originell, aber grundsolide Military-Science-Fiction-Kost mit gefälligem Artwork. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.

 

X-Men: Zukunft ist Vergangenheit

Panini, Softcover, 140 S.

Chris Claremont und John Byrne waren für die X-Men der Moderne das, was Stan Lee und Jack Kirby für die Anfänge von Marvels Mutanten waren. Zwei legendäre Storylines des zänkischen Dreamteams Claremont/Byrne blieben dabei besonders im Gedächtnis und gelten bis heute als X-Klassiker und Marvel-Meilensteine: Die „Dark Phoenix-Saga“, und „Zukunft ist Vergangenheit“. Da der neueste X-Men-Blockbuster genau diese düstere Zeitreise-Geschichte als Grundlage anzapft, erhält die überragende Comicgeschichte nach Verstümmelung als Taschenbuch (1987) sowie einem Abdruck in den nicht ganz billigen X-Men-Archiven (2002) erstmals einen erschwinglichen, ordentlichen deutschsprachigen Paperback-Sammelband. Das wurde aber auch Zeit!

 

Stiche

Carlsen, Softcover, 336 S.

Und gleich noch eine Softcover-Neuauflage mit einer gänzlich anderen, wesentlich beklemmenderen Zeitreise: David Smalls über 300 Seiten starker Comic-Roman „Stiche“ entführt in die Welt der 50er Jahre, als man auf dem Zenit des amerikanischen Zukunfts-Booms davon ausging, Technik und Wissenschaft könnten alle Probleme lösen, und die allgemeine Zugeknöpftheit nach außen gleichzeitig auf die eigenen Heime und Herzen übertrug. Smalls Erinnerungen an seine Jugend und Kindheit sind keine leichte Kost und eine eher traurige Lektüre – aber auch eine extrem gute.

 

Skydoll Bd. 1

Splitter, Hardcover, 48 S.

Nach der ausverkauften „Skydoll“-Kurzgeschichtensammlung folgt nun das erste „richtige“ Album aus der Science-Fiction-Welt, die sich das italienische, disney-erfahrenen Duo Barbara Canepa und Alessandro Barbucci („Monster Allergy“) ausgedacht hat. Das erste reguläre Album der visuell überwältigenden SF-Serie, das diesen Monat als Hardcover auf Deutsch bei Splitter erscheint, konzentriert sich auf die hübsche Androidin Noa, die auf ihrer Flucht durch die überdrehte, überbordende Cyberpunk-Welt made in Italy in einen intergalaktischen Konflikt hineingezogen wird. Ein wahrer Augenschmaus!

 

Godzilla: Das Erwachen

Cross Cult, Softcover, 72 S.

Das Jahr der japanischen Riesenechse beginnt! Passend zum Filmstart des neuen „Godzilla“-Streifens erscheint als Einstimmung ein Comicband, an dem Drehbuchautor Max Borenstein mitgewirkt und den Art Adams mit einem Cover verziert hat. Kann man sich als Fan gepflegter Monsterkrawalle definitiv mal anschauen, was die Comic-Abteilung von Legendary Entertainment aus dem Lizenz-Überschuss gemacht hat. Allerdings spielt der von Yvel Guichet, Lee Loughridge und anderen gestaltete Monsterspaß lange vor dem neuen Film und liefert, anders als etwa das Cross-Cult-Pendant zu „Pacific Rim“ im Vorjahr, keine Vorgeschichte und schon gar keine neuen Erkenntnisse. Doch die sind bei Godzilla irgendwo auch eher nebensächlich…

 

East of West Bd. 1

Panini, Softcover, 144 S.

Bei Marvel gestaltet Jonathan Hickman momentan den Blockbuster-Event Infinity, der das gesamte Helden-Universum in Atem hält. Aber auch abseits des Hauses der Ideen ist Mr. Hickman weiterhin ein fleißiger Comic-Schreiber, und eine seiner viel gelobten, gerne etwas sperrigen Nicht-Helden-Kreationen schafft es im Mai mit einem ersten Sammelband nach Deutschland: „East of West“. In diesem dystopischen Weird Western suchen drei der vier Reiter der Apokalypse im Jahre 2064 nach ihrem Kollegen, damit es mit dem Weltuntergang losgehen kann. Doch der vierte, einsame Reiter hat in der SF-Western-Welt sein eigenes Bohnensüppchen am Kochen. Das Artwork stammt von Nick Dragotta, der mit Hickman bereits an „Fantastic Four“ arbeitete. Wie immer bei Hickman, ist „East of West“ unheimlich interessant und innovativ – und oft nicht auf Anhieb zu durchschauen.

 

Wizzywig – Das Porträt eines notorischen Hackers

Ehapa, Softcover, 288 S.

In seiner Graphic Novel „Wizzywig“ widmet sich der amerikanische Autor und Zeichner Ed Piskor, der in der Vergangenheit u. a. mit Underground-Comicgott Harvey Pekar zusammenarbeitete, den Anfängen des PCs und der knospenden amerikanischen Hacker-Szene. Sein junger Protagonist Kevin „Wizzywig“ Phenicle, der mit dem Hacken von Telefonsystemen und Datenbanken anfängt und schließlich als stilisierte technische Super-Bedrohung ins Visier des FBI gerät, ist ein ausgedachter Platzhalter für viele reale Stars aus der Frühzeit der tastenklappernden Computerknacker-Szene, wie Kevin Mitnick oder Kevin Poulsen.

 

Injustice - Götter unter uns Bd. 4

Panini, Softcover, 144 S.

Die Comics zum Prügel-Videogame „Injustice“, in dem DCs Recken unabhängig von ihrem Status als Held oder Schurke aufeinander gehetzt werden können, sind überraschend gut: Autor Tom Taylor hat eine finstere DC-Alternativwelt geschaffen, in der der Joker Metropolis atomisiert und hierbei nicht bloß die schwangere Lois Lane gekillt hat. Damit hat der Clown alles verändert, denn Superman versteht keinen Spaß mehr. Die Null-Toleranz-Politik des Stählernen, die sich nicht nur auf Superschurken beschränkt, sondern ganze Nationen betreffen kann, kommt nicht bei allen Helden gut an, und so ziehen Batman und seine Verbündeten im vierten Band nach reichlich Verlusten gegen Superman und seine Befürworter in die Schlacht um die Festung der Einsamkeit. Außerdem schaut der intergalaktische Kopfgeldjäger Lobo vorbei…

 

Castaka

Splitter, Hardcover, 112 S.

Fans des streitbaren Comic-Giganten Alexandro Jodorowsky dürfen sich freuen: Splitter veröffentlicht dessen Prequel aus dem Meta-Barone-Universums erstmals vollständig auf Deutsch, und dann gleich auch noch in einem Band! Ein Echter Dienst am Fan. Zusammen mit Zeichner Das Pastoras beleuchtet Jodorowsky auf über 100 Seiten die Science-Fantasy-Vergangenheit der Ahnen der traditionsbewussten Krieger aus den epischen Alben-Serien „Die Kaste der Meta-Barone“ und „Die Waffen des Meta-Barons“.

 

Afterlife With Archie TPB 1

Archie Comics, Softcover, 160 S., Sprache: Englisch

Seit 1941 machen Archie, Betty und der Rest der ewig jungen Gang Riverdale unsicher – nun kommen die Zombies in das Comic-Städtchen! Klingt angesichts des Erfolgs von „The Walking Dead“ und Konsorten ekelhaft kommerziell, ist aber tatsächlich recht charmant und witzig, was der vielseitige Theater- und Comic-Autor Roberto Aguirre-Sacasa („Spider-Man“, „Marvel Knights: 4“) und der umtriebige, unverkennbare italienische Zeichner Francesco Francavilla („Guardians of the Galaxy“, „Batwoman)“ da als Horror-Trip ins beschauliche Archie-Universum inszenieren, in dem es auch sonst weniger um Hirn und viel mehr um Hormone geht. Die ersten Kapitel der unerwarteten Zombie-Saga aus Riverdale gibt es ab Mai als englisches Paperback.

 

Marvel NOW!: Deadpool Bd. 1

Panini, Softcover, 144 S.

Darf’s ein bisschen mehr sein? Faulfleisch kommt dieser Tage schließlich nie aus der Mode und entsprechend häufig auf den Tisch. Dachte man sich auch bei Marvel, wo man Deadpool, dem durchgeknallten Söldner mir der großen Klappe, zum Marvel NOW!-Neustart seiner Abenteuer durch die Comedians Gerry Duggan und Brian E. Posehn zunächst gegen die Zombie-Versionen aller möglichen US-Präsidenten antreten ließ. Jetzt gibt es die Episoden, die in deutscher Sprache bisher nur in der Kombo-Heftserie „Wolverine/Deadpool“ zu finden waren, kompakt in einem Sammelband. Zeichnerisch umgesetzt – und deshalb der Tipp – hat das Ganze Tony Moore, der Mitschöpfer und Auftaktzeichner von „The Walking Dead“, dessen Artwork unabhängig von der Story stets sagenhaft gut aussieht.

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