Nach dem Imperium des Atoms

In ihrem Comic „Das Imperium des Atoms“ vermengten Thierry Smolderen und Alexandre Clérisse den Geist und das Design der amerikanischen 50er, die Psychoanalyse samt Drogen und Hypnose, die klassische Science-Fiction-Literatur jener Ära und das Leben und Schaffen von SF-Größe, Asien-Experte, CIA-Agent und Kennedy-Berater Cordwainer Smith (im Shop), dessen Biografie mindestens so spannend ist wie sein viel beachtetes Epos über eine ferne, ferne Zukunft.

In ihrem zweiten Comic, der als „Ein diabolischer Sommer“ Ende Juni bei Carlsen auf Deutsch erschienen ist, wandern der 1954 in Belgien geborene Smolderen und der 1980 in Frankreich geborene Clérisse auf dem Zeitstrahl weiter ins nächste Jahrzehnt – diesmal stehen also die späten 60er im Fokus. Handlungsschauplatz ist unterdessen die Côte d’Azur, wo der fünfzehnjährige Antoine in den Ferien mehr über Mädchen, Drogen und seinen Vater erfährt, als er verdauen kann, weshalb er aus dem Stoff später einen Roman macht. Antoines Coming-of-Age-Story ist außerdem der Hintergrund einer überraschenden, starken Geheimagenten-Geschichte, die den Zweiten Weltkrieg mit dem Kalten Krieg verbindet; einer Geschichte über das Leben von Spione, die von amerikanischen, französischen und italienischen Comics und Groschenheften ebenso gespeist wurde wie von James Bond oder dem Kennedy-Attentat. Zusammen ergeben all diese Komponenten ein ansprechendes Panel-Puzzle, das Clérisse in bunten Bildern eingefangen hat, die den Pop-Zeitgeist der 60er widerspiegeln.

Wer „Das Imperium des Atoms“ verpasst hat oder nicht so recht mit der Mischung warm wurde, darf, nein, muss „Ein diabolischer Sommer“ als ganz heißen Lesetipp für den Sommerurlaub sehen.

Thierry Smolderen & Alexandre Clérisse: Ein diabolischer Sommer • Carlsen, Hamburg 2016 • 176 Seiten • Hardcover: 24,99 Euro