30. Juni 2016 3 Likes

So wird es einmal sein – vielleicht

„Things to Come“, eine Science-Fiction-Ausstellung im Berliner Filmmuseum

Lesezeit: 3 min.

Eine oft zitierte Weisheit über Historienfilme besagt, dass sie mehr über die Zeit erzählen, in der sie entstehen, als über die, in der sie spielen. Ähnliches lässt sich auch über den Science-Fiction-Film behaupten, der mit seinem Schauplatz in ferner Zukunft und fremden Galaxien zwar Welten beschreibt, die so vielleicht einmal existieren werden, nicht zuletzt aber viel über den Zeitpunkt ihrer Entstehung verraten, über Ängste und Hoffnungen von Filmemachern. Geht man durch die Räume der Ausstellung „Things to Come. Science - Fiction - Film“, die in diesen Tagen im Berliner Filmmuseum am Potsdamer Platz eröffnet wurde, lohnt es sich, diesen Gedanken im Hinterkopf zu behalten. Denn der lose rote Faden, der sich unauffällig durch die geradezu ausufernde, sich über drei Etagen erstreckende Ausstellung zieht, ist das Verhältnis von filmischer Illusion und der Realität.

Oft nahmen Science-Fiction-Filme die Realität vorweg, imaginierten Filmemacher eine Welt, wie sie einige Jahre, manchmal auch Jahrzehnte später Wirklichkeit wurde. Das heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenkende Handy etwa geht überdeutlich auf den Communicator aus der „Star Trek“ Serie zurück, den Motorola dann später zu einem Klapptelefon mit Namen StarTac verwandelte. Auch die langsam Serienreife erreichenden Virtual Reality-Brillen kann man in fast identischer Form und vor allem Funktionsweise schon früh in Filmen entdecken, z.B. in Wim Wenders „Bis ans Ende der Welt“, der sich 25 Jahre nach Entstehen als erstaunlich reichhaltige Fundgrube visionärer Ideen erweist.


Raumfoto „Die Gesellschaft der Zukunft“; Foto: Marian Stefanowski

Eine Unmenge von Objekten ist in der Ausstellung zu entdecken, Konzeptzeichnungen von „Star Wars“ über „Alien“ bis zum „Marsianer“, Modelle unterschiedlicher Roboter von „RoboCop“, bis hin zum eleganten TARS aus „Interstellar“, Kostüme und natürlich viele Aliens. Gerade bei der Visualisierung dieser extraterrestrischen Wesen fällt auf, wie wenig Variationen es am Ende doch gibt: Ätherische Wesen a là „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ oder an Echsen oder Insekten erinnernde Viecher wie in „Alien“ oder „Independence Day“, weiter reicht die Bandbreite kaum. Ganz einfach ist hier die Unterscheidung von „guten“ und „bösen“ Aliens, die sich in der Ausstellung an zahlreichen Medienstation nachvollziehen lassen.

Entdeckungen werden Kenner der Materie hier zwar nicht machen können, aber es lohnt sich, die Zusammenstellungen von Ausschnitten zu Themen wie Countdown, Außenbordmanöver oder First Contact anzuschauen. Bei letzteren sind etwa Szenen aus „Forbidden Planet“, „ET“, „Enemy Mine“, „Mars Attacks!“ und „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ zusammengestellt, die völlig unterschiedliche und im Kern doch gleiche Momente des ersten Kontaktes zwischen Mensch und Außerirdischen zeigen.

Spezielles Augenmerk wird auf die beiden Versionen von „War of the Worlds“ gelegt, Byron Haskins mitten im Kalten Krieg entstandene Version von 1953 und Spielbergs Post-9/11-Film von 2005. Markante Szenen beider Versionen werden unmittelbar gegenübergestellt, die technisch zwar zwischen vorsintflutlich  und State-of-the Art reichen, aber letztlich erstaunlich ähnlich sind. Am Design von schleimigen Tentakeln hat sich im Lauf der Filmgeschichte dann doch wenig geändert. Ähnlich uniform wirkt interessanterweise das Design in West und Ost, dem die Ausstellung besonderes Augenmerk widmet: Hollywood-Filmen werden Beispiele des osteuropäischen Kinos gegenübergestellt, russische oder in der DDR entstandene Filme wie „Solaris“ oder „Der schweigende Stern“, deren zumindest optische Ähnlichkeiten verblüffen. Aber wie sollte es auch anders sein: beim Design von Weltraumanzügen, Laserkanonen oder auch der Raumschiff-Mensa ist der Spielraum eben begrenzt.


Raumfoto „Der Weltraum“; Foto: Marian Stefanowski

Manches, was hier zu sehen ist, hat längst Einzug in die Realität gehalten, anderes kommt vermutlich bald, besonders Spielbergs „Minority Report“ erweist sich immer mehr als quasi Blaupause der Zukunft. Auf anderes, den Verfall der Zivilisation vor allem, wie er in dystopischen Filmen thematisiert wird, würde man gern verzichten, aber auch das ist eben ein Aspekt der Science-Fiction, wie er auch in dieser Ausstellung angedeutet wird: Eine Warnung vor dem, was lieber nicht kommen sollte.

Großes Bild ganz oben: Entwurf Mondbasis »Luna III«, von Alfred Hirschmeier, DER SCHWEIGENDE STERN, DDR/Polen 1960, Regie: Kurt Maetzig; Quelle: Filmmuseum Potsdam, Bestand Alfred Hirschmeier

Things to Come. Science - Fiction - Film, Filmmuseum Berlin, bis 23. April 2017

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