20. Februar 2017 1 Likes 1

Vakuum-Politik

Trumps Einreiseverbot für Muslime schadet der Weltraumforschung

Lesezeit: 4 min.

Wenn Sie von Donald Trump die Schnauze voll haben, sollten Sie jetzt lieber nicht weiterlesen.

Ich weiß, ich weiß. Sie haben vermutlich gehofft, dass eine Kolumne über absonderlichen Weltraumkrempel, geschrieben von einem Science-Fiction-Autor mit viel zu viel Begeisterung und einem viel zu hohen Koffeinspiegel, die richtige Ablenkung von dem riesigen Misthaufen sein könnte, der sich momentan die USA schimpft. Tut mir leid, da muss ich Sie enttäuschen. Trump ist nun mal wie ein versehentlich umgestoßenes Glas Rotwein: Das Zeug fließt überallhin und geht nie wieder raus. Und ist jetzt auch in dieser Kolumne gelandet.

Sie haben sicher von dem Einreiseverbot für Muslime gehört, das Trump und sein Kabinett von Vollidioten für einen tollen Einfall hielten und das – bis die Richter es vorläufig aussetzten – von jedem Grenzschutzbeamten in den Vereinigten Staaten eifrig und dienstbeflissen durchgesetzt wurde. Es betraf sogar Green-Card-Inhaber, riss Familien auseinander, verursachte ein Riesenchaos und ist ganz allgemein eine der schlimmsten Maßnahmen, die ein amerikanischer Politiker je angeordnet hat. Dafür kam von allen Seiten Kritik – von Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen, ja sogar von denen, die dumm genug waren, Trump zu wählen. Die Tat eines Psychopathen, ermöglicht durch andere Psychopathen.

(Eine kleine Anmerkung, bevor wir zum eigentlichen Thema kommen. Was ist eigentlich mit den amerikanischen Grenzbeamten los? Sie sind beinahe ausnahmslos unhöflich, arrogant, respektlos, aufdringlich und geltungssüchtig und tragen Uniformen, als wollten sie gleich einen paramilitärischen Komplex in Kolumbien stürmen. Irgendjemand muss ihnen eingeredet haben, dass sie die letzte Bastion gegen die wilde Terroristenhorde darstellen. Dabei sitzen sie eigentlich nur an einem Schreibtisch und fragen Touristen aus der Türkei, was sie tun, wenn sie gerade nicht Urlaub machen. Ich erlebe das ständig, und es wird immer schlimmer. Kürzlich fuhr ich von Kanada in die USA. Die Typen an der Grenze waren so nervös wie selten – als glaubten sie allen Ernstes, dass der IS von Saskatchewan aus bald eine Invasion startet.)

Wie dem auch sei, der Einreisestopp wurde mehr oder weniger von allen verurteilt. Doch es gibt einige bemerkenswerte Ausnahmen, nicht zuletzt in der Weltraumindustrie.

„Noch sind wir uns über die Konsequenzen dieser neuen Einwanderungspolitik nicht im Klaren“, sagt David Melcher, Präsident und Vorsitzender der Aerospace Industries Association (AIA) in einem Interview mit SpaceNews. „Sie könnte unter Umständen bestimmte Mitgliederfirmen betreffen. Es dürfte jedoch noch einige Zeit dauern, bis wir die Auswirkungen spüren.“

Eine weitere Organisation, die COSPAR (das Committee on Space Research), hält an ihren Plänen fest, 2018 eine wichtige Konferenz in Kalifornien abzuhalten. „Derzeit deutet nichts darauf hin, dass diese Veranstaltung abgesagt werden muss“, sagt Geschäftsführer Jean-Louis Fellous. „Die COSPAR wurde zu Zeiten des Kalten Kriegs gegründet, um politische Hindernisse zu überwinden und die internationale Zusammenarbeit in der Weltraumforschung zu fördern. Daran hat sich nichts geändert.“

Ach, wirklich nicht? Ich möchte behaupten, dass es sehr wohl ein politisches Hindernis darstellt, Personen aufgrund ihrer religiösen Überzeugung und/oder einer bestimmten Hautfarbe die Einreise zu verweigern. Und der internationalen Zusammenarbeit in der Weltraumforschung ist das auch nicht gerade förderlich. Aber, hey, wahrscheinlich mache ich mir einfach zu viele Gedanken.

Immerhin verschließt nicht jede in der Weltraumforschung tätige Organisation die Augen vor diesem Problem. Die American Association for the Advancement of Science beispielsweise hat einen von etwa 150 Organisationen unterzeichneten Brief an Präsident Trump veröffentlicht. Dessen Inhalt lautete, grob zusammengefasst: „Geht’s noch?“ Auch Elon Musk schaltete sich ein und forderte eine Neuregelung des Einreiseverbots. Das Ganze sorgt natürlich für Verwirrung in der Branche. Ein Brief wird wenig ändern, aber zumindest tun diese Leute ihre Empörung kund. Doch was ist mit der COSPAR und der AIA?

Die Behauptung, dass das Einreiseverbot keine Auswirkungen auf die Weltraumindustrie hat, ist lächerlich. Seine Verteidiger haben darauf hingewiesen, dass man Bürger der USA sein muss oder zumindest eine Aufenthaltsgenehmigung braucht, um in der Luft- und Raumfahrtindustrie zu arbeiten, weshalb das Verbot kaum Folgen haben wird. Dummerweise fallen Menschen mit Aufenthaltsgenehmigung sehr wohl darunter, wie der Guardian berichtete.

An dieser Stelle will ich ein paar Worte an die betreffenden Organisationen richten. An Melcher und die AIA: Man muss nicht abwarten, bis die Auswirkungen spürbar werden. Das ist bereits der Fall. An Fellous und die COSPAR: Sagt die verdammte Konferenz ab. Habt Rückgrat genug, diesem Spinner im Oval Office zu zeigen, dass ihr euch das nicht bieten lasst.

Man kann den Weltraum nicht erforschen, indem man die hellsten Köpfe nicht ins Land lässt, nur weil sie anders aussehen oder an etwas anderes glauben. Und erst recht nicht, indem man sich mit denjenigen arrangiert, die genau das vorhaben.
 

Rob Boffard wurde in Johannesburg geboren und pendelt als Autor und Journalist zwischen England, Kanada und Südafrika. Er schreibt unter anderem für „The Guardian“ und „Wired“. Sein Debütroman „Tracer“ (im Shop) ist im Heyne Verlag erschienen.

Kommentare

Bild des Benutzers Prokyon

Der "Spoiler"
'Wenn Sie von Donald Trump die Schnauze voll haben, sollten Sie jetzt lieber nicht weiterlesen'
war irreführend - ich habe nicht von Trump die Schnauze voll, sondern vom üblichen Trump-Bashing.

Das Einreiseverbot galt nicht für Muslime, sondern für Personen aus dem Irak, Syrien, Libyen, Somalia, Jemen, Sudan und Iran. Das Gefährdungspotenzial von Personen aus diesen Ländern gilt als besonders hoch. (Eigentlich fehlt da eher noch das eine oder andere Land.) Diese Länder haben in der Tat eine mehrheitlich muslimische Bevölkerung - die Christen sind inzwischen aus diesen Ländern geflüchtet oder aus Angst um ihr Leben konvertiert. Die allermeisten muslimischen Staaten sind aber nicht betroffen.

Die Einreise von Bürgern aus diesen Staaten mit besonders hohem Gefährdungspotenzial wurde nur befristet (90 Tage) ausgesetzt. Dabei handelte es sich um genau die Staaten, die auch schon Obama als Risiko definiert hat. (Obama stellte übrigens 2011 die Bearbeitung von Asylanträgen aus dem Irak für sogar 180 Tage ein.)
Muslime haben auch eine Vereinssatzung, die einen Nicht-Muslim in Angst und Schrecken versetzen - müssen! Wie wär's mal mit einem Update?

Zitat: "Man kann den Weltraum nicht erforschen, indem man die hellsten Köpfe nicht ins Land lässt, nur weil sie anders aussehen oder an etwas anderes glauben."

Das mit dem "Aussehen" und "Glauben" ist reinste Verleumdung. Wenn dem so wäre, wären doch eher ganz andere Länder betroffen. Und was hat der Glauben in der Weltraumforschung verloren?

Die muslimische Weltraumforschung und die muslimischen Weltraumprogramme sind ja auch so legendär...
Diese Koryphäen sind sowieso alle jetzt nach Deutschland eingewandert, lt. Magazin Spiegel alle überqualifiziert. In Deutschland gibt's zu wenig Weltraumprogramme, gäbe es die, wären schon alle in Lohn und Brot...

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.