22. April 2017

Episches Mafia-Märchen

Von der Mathematik zum Gangsterfluch: Apostolos Doxiadis’ Roman „Des Menschen Wolf“

Lesezeit: 2 min.

Deutschsprachige Leser kennen den in Australien geborenen, in Griechenland aufgewachsenen und lebenden Mathematiker, Sprachforscher, Autor, Filmemacher und Theaterregisseur Apostolos Doxiadis wohl am ehesten für seinen Mathe-Mysterien-Roman „Onkel Petros und die Goldbach’sche Vermutung“ – oder für den ambitionierten, von Doxiadis mitverfassten internationalen Comic-Bestseller „Logicomix“ über das britische Genie Bertrand Russell (1872-1970) und seinen kurvenreichen Weg zur universellen Wahrheit in Bezug auf das Leben und die Logik, der sich als Kampf gegen Paradoxen, Verstocktheit, Wahnsinn, Verzweiflung und vieles mehr darlegte. Nun ist bei Klett-Cottas Tropen-Imprint – quasi zwischen Lansdale und Gibson – der jüngste Roman aus der Feder des Wahl-Atheners Doxiadis erschienen, der bereits im Alter von gerade mal fünfzehn Jahren an der Columbia University in New York begonnen hat, Mathematik zu studieren.

In seinem Mafia-Märchen „Des Menschen Wolf“ geht es um italienische Einwanderer und Berufsverbrecher im Amerika nach der Jahrhundertwende, und nicht zuletzt um die Macht, die wir dem Schicksal, dem Nichtgreifbaren sowie dem Ausgesprochenen zuschreiben. Nachdem der italienische Schuhmacher Ben Frank bei einer Kneipenschlägerei den Sohn des blutrünstigen Mafia-capos Tonio Lupo umbringt, verhängt der Gangster einen Todesfluch über Franks drei junge Söhne: Wann immer einer von ihnen sein 42. (sic!) Lebensjahr erreicht, wird er durch die Hand eines bezahlten Killers sterben, selbst wenn der alte Mafioso da schon längst unter der Erde liegt. Doxiadis beleuchtet die praktischen, metaphysischen und zum Teil unglaublichen Seiten und Konsequenzen dieses generationsübergreifenden Racheschwures für alle Beteiligten im Stile eines augenzwinkernden Märchenonkels und launigen Geschichtenerzählers. Das Ergebnis ist ein sprachverliebter und gewitzt durchkomponierter Roman, der sogar sein amüsiertes Spielchen mit Kafka treibt, gelegentlich jedoch etwas zu ausladend und langsam daherkommt, während die kuriose Handlung ins Hollywood der Stummfilmära, in das faschistische Italien des Zweiten Weltkriegs und nach Afrika führt.

Hier gibt es eine Leseprobe zum Buch, dessen Originaltitel „Three Little Pigs“ die lose geistige Verwandtschaft von „Des Menschen Wolf“ zum bekannten Märchen von den drei kleinen Schweinchen andeutet, und dessen deutsche Ausgabe das tolle Titelbild des englischsprachigen Pendants durch die lokale Umgestaltung nochmals aufwertet.

Apostolos Doxiadis: Des Menschen Wolf • Tropen, Stuttgart 2017 • 320 Seiten • Hardcover: 22,00 Euro

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