27. Oktober 2017 1 Likes

Hexenhorror 2.0

Mystery-Thriller aus den Niederlanden: „Hex“ von Hugo-Gewinner Thomas Olde Heuvelt

Lesezeit: 3 min.

Der 1983 geborene Thomas Olde Heuvelt studierte Anglistik und Amerikanistik in seiner niederländischen Heimat sowie in Kanada. Seit 2002 veröffentlicht er Romane, Kurzgeschichten und Novellen, wobei einige seiner Erzählungen auch ins Englische übersetzt wurden. Seine apokalyptische Science-Fiction-Story „The Day The World Turned Upside Down“ erschien 2014 so etwa im bekannten amerikanischen „Lightspeed Magazine“ und bescherte Olde Heuvelt 2015 den Hugo Award, während andere seiner Texte für den Hugo und den World Fantasy Award nominiert waren. 2013 brachte er in den Niederlanden seinen fünften Roman „Hex“ heraus. Die englischsprachige Ausgabe, die Stephen King (im Shop) und George R. R. Martin (im Shop) zu regelrechten Lobeshymnen veranlasste, war dann jedoch keine schnöde Übersetzung. Für den lukrativen Export auf den englischen Markt schrieb Olde Heuvelt sein Buch komplett um und verpflanze die Handlung von Holland nach Amerika, außerdem schrieb er – gleich auf Englisch – eine neue Finalstrecke. Inzwischen wurde „Hex 2.0“, wie Olde Heuvelt diese Version seines Romans selbst nennt, in über ein Dutzend Länder verkauft und liegt bei Heyne in der Übersetzung von Julian Haefs auf Deutsch vor.

„Hex“ erzählt die Geschichte des eigentlich recht idyllischen Örtchens Black Spring irgendwo in Upstate New York. Die alte Hexe Katherine, deren Augen und Mund vor 300 Jahren zugenäht wurden und die sich den Bewohnern von Black Spring regelmäßig wie eine schauderhaft-geisterhafte Erscheinung zeigt, wäre mit Sicherheit die größte Sehenswürdigkeit der Kleinstadt. Allerdings tun die Menschen von Black Spring alles dafür, Kathrines Existenz zu verbergen, um so ihrem Fluch zu entgehen, der Verderben und Vernichtung für die Stadt bedeuten würde. Die erste Regel im Hexenclub? Sprich nicht über den Hexenclub. Niemand darf fortziehen, Neuankömmlinge werden beobachtet und im Idealfall gleich vergrault, und nicht nur alle Internetaktivitäten streng überwacht – es gibt sogar eine App, anhand derer sich die Leute gegenseitig über Katherines letztes unheimliches Auftauchen und ihren letzten Standort informieren, der schon mal im heimischen Wohnzimmer sein kann, in dem sie gruselig, aber harmlos herumsteht. Eines Tages haben ein paar Kids genug von alldem und gehen mit der Hexe online und viral, woraufhin für Black Spring finstere Zeiten anbrechen …

Denkt man an moderne Hexengeschichten, kommen einem direkt Klassiker wie „Hexenvolk“ von Fritz Leiber oder „Die Hexen von Eastwick“ von John Updike in den Sinn – von Terry Moores „Rachel Rising“-Comics, Kim Harrisons (im Shop) „Rachel Morgan“-Romanserie oder den ganzen verhexten sexy Urban-Fantay-Serien im TV ganz zu schweigen. Thomas Olde Heuvelt hat mit Blick auf den von sozialen Netzwerken und digitaler Überwachung geprägten Zeitgeist eine eigene Variation des Themas geschaffen – und eine echt schaurige Hexe, die einem nachts durchaus im Traum oder, noch schlimmer, im Halbschlaf erscheinen könnte. Seine stilistische Gefälligkeit gegenüber dem Thriller-Mainstream wird „Hex“ kommerziell sicher helfen, verhindert allerdings, dass es der ganz große, radikale Genre-Wurf geworden ist. Nichtsdestotrotz eine interessante Aktualisierung des Hexenhorrors am Puls der Zeit, die Warner Bros. ins Fernsehen bringen will.

Thomas Olde Heuvelt: Hex • Heyne, München 2017 • 430 Seiten • E-Book: 9,99 Euro

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