20. Dezember 2017 3 Likes

Ein machtloser Gott

„Es ist schwer, ein Gott zu sein“ von Arkadi und Boris Strugatzki

Lesezeit: 2 min.

2017 war das Jahr der literarischen Comebacks: „1984“ von George Orwell landete auf der Bestsellerliste, „Das ist bei uns nicht möglich“ von Sinclair Lewis erfreute sich plötzlich internationaler Aufmerksamkeit, die TV-Adaption von Margaret Atwoods „Der Report der Magd“ räumte bei den Emmys ab. Allen genannten Titeln ist gemein, dass sie „heute aktueller denn je“ sind – also dass wir die Zukünfte, die sie zeigen, zumindest teilweise in unserer Gegenwart wiederzuerkennen glauben.

Ebenfalls zu dieser Kategorie zählt „Es ist schwer, ein Gott zu sein“ von Arkadi und Boris Strugatzki, 1964 geschrieben. Anton ist Forscher für das Institut für Experimentalgeschichte der Erde. Er wird, zusammen mit einigen anderen Beobachtern, auf einen fremden Planeten geschickt, auf dem mittelalterliche Zustände herrschen. Der Theorie des Instituts zufolge wird hier demnächst die Renaissance einsetzen, und die soll Anton hautnah miterleben. Er darf jedoch nicht eingreifen – dabei verfügt er dank seiner fortschrittlichen Technologie über beinahe gottgleiche Macht. Doch die erhoffte Erlösung aus der feudalen Gesellschaft kommt nicht. Im Gegenteil: Sicherheitsminister Don Reba lässt Gelehrte und Künstler immer schärfer verfolgen. Während sich die Welt um ihn herum in einen faschistischen Überwachungsstaat verwandelt, fällt Anton seine Aufgabe zusehends schwerer …

„Es ist schwer, ein Gott zu sein“ stellt die Frage nach der Verantwortung des Einzelnen in einer Gesellschaft, die sich nicht zu Besseren wandelt. Das ist „heute aktueller denn je“, was als Begründung zum (Wieder-)Lesen eigentlich schon ausreicht. Aber „Es ist schwer, ein Gott zu sein“ entstand, im Gegensatz zu den Romanen von Margaret Atwood, George Orwell und Sinclair Lewis unter einem totalitären Regime zu einer Zeit, als das Tauwetter langsam wieder aussetzte – und hallt deswegen besonders lange nach.

Arkadi und Boris Strugatzki: Es ist schwer, ein Gott zu sein • Aus dem Russischen von Arno Specht • überarbeitet und ergänzt von Erik Simon • Wilhelm Heyne Verlag, München 2017 • Taschenbuch • 320 Seiten • € 10,99 • im Shop

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