21. Februar 2012

Todeswolke über Moskau

„Darkest Hour“ – Ein B-Movie mit Spaß bei der Sache

Lesezeit: 2 min.

Früher waren sogenannte B-Pictures billig produzierte Genrefilme, die nicht durch aufwendige Schauwerte oder substanzielle Geschichten überzeugen konnten, sondern durch die originelle Variation von Genremustern. Heutzutage sind solche Filme rar, zumindest im Kino. Und so ist Chris Goraks Darkest Hour, den der Verleih sehr unliebsam zwischen den Jahren und zwischen vielen großen, sehr teuren Hollywood-Action-Filmen ins Kino wirft, ein ungewöhnlicher Anachronismus – zumal er mit einem Budget von gut 40 Millionen Dollar nicht gerade zu den Billigfilmen gehört. Die Situation ist schnell etabliert: Einige junge amerikanische Erwachsene finden sich in Moskau wieder, warum wird kurz erklärt, ist aber völlig irrelevant. Ein elektrischer Sturm setzt erst das Stromnetz außer Kraft und enthüllt dann die außerirdische Bedrohung: Eine Art Todeswolke zieht durch die Straßen und vaporisiert jedwedes Leben, das ihr in die Quere kommt. Die Rettung wird zunächst ganz patriotisch in der amerikanischen Botschaft vermutet, doch erst eine Gruppe russischer Paramilitärs, die sich schnell auf die neue Situation eingestellt haben, leiten unsere Helden zu einem rettenden U-Boot in den Gewässern der Moskwa.

Das hört sich nicht nur absurd an, das ist es auch, macht aber deswegen so viel Spaß, weil keinerlei Ironie im Spiel ist. Vom hysterischen Schreien der Frauen über die Machosprüche der Männer bis zur sich langsam entwickelnden Liebesgeschichte: Kein Genremuster wird ausgelassen. Die einzige Ausnahme ist besonders schön: Entgegen den »normalen« Genreregeln sterben nicht die besonders unschuldigen, nutzlosen Figuren, sondern die besonders nervtötenden zuerst.

Der eigentliche Star des Films ist jedoch unbestritten die rus­sische Hauptstadt Moskau: Angesichts von Szenen, in denen der Rote Platz menschenleer ist, zehnspurige Stadtautobahnen mit Autowracks übersät sind, Flugzeuge in stalinistischer Machtarchitektur stecken, fragt man sich, ob Putin persönlich die Filmemacher unterstützt und die zeitweilige Evakuierung der Metropole angeordnet hat. Selbst der kürzlich gestartete Mission: Impos­sible – Phantom Protokoll wusste Moskau nicht so eindrucksvoll zu nutzen wie dieser kleine, rohe Film. Der natürlich keine Bedeutung hat, der nichts über die Conditio humana zu sagen hat, der einfach nur 90 Minuten unterhalten will – was ihm in schönster B-Picture-Tradition aufs Beste gelingt.

Darkest Hour • USA/Russland 2011 · Regie: Chris Gorak · Darsteller: Emile Hirsch, Max Minghella, Joel Kinnaman

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