11. März 2014

iLove

„Siri und ich“ – David Milgrims iPhone-Love-Story

Lesezeit: 2 min.

Der preisgekrönte amerikanische Künstler David Milgrim hat mehr als fünfundzwanzig Bücher für junge Leser geschrieben und bebildert, darunter der New-York-Times-Bestseller „Stecker raus und aus die Maus“ (im Original „Goodnight iPad“), den er unter dem Pseudonym Ann Droys veröffentlicht hat.

Auch in „Siri und ich“, seinem neuesten auf Deutsch erschienenen Werk, geht es Milgrim wieder um den Fortschritt und die Technik und wie sie unser Leben beeinflussen, sei es nun zum Guten oder zum Schlechten. Protagonist Dave ist ein ausgemachter Gadget-Freak, der über seine Leidenschaft für digitale Spielereien und sein paralleles Unverständnis gegenüber analogem Unsinn wie dem Valentinstag bloggt. Statt eines normalen Hundes hat er einen Robo-Vierbeiner, und wenn er sich mit seinen Freunden trifft, twittern sie lieber am Tisch vor sich hin, anstatt sich normal zu unterhalten. Dann tritt auf einmal Siri in Daves Leben – die Spracherkennungssoftware seines neuen iPhones.

Siri ist verständnisvoll, hilfsbereit, klug, witzig und immer zur Stelle, wenn Dave sie braucht. In Daves Weltbild macht sie das zur perfekten Frau. Außerdem ist es viel leichter, sich mit Siri zu unterhalten, als etwa mit Iris, einer fotobesessenen Bekannten, bei der Dave das erste Date gründlich vermasselt, weil er nur an seine Siri denken kann. Allerdings erwidert Siri Daves ungesunde Liebe von User zu Software nicht und möchte ihn viel lieber mit einer Frau aus Fleisch und Blut verkuppeln – ihrem Namensspiegelbild, zum Beispiel. An so einer Beziehung hat Dave aber nach wie vor so gar kein Interesse. Also greift Siri zu drastischen Maßnahmen und zwingt Dave mit allen ihr zur Verfügung stehen Mitteln zu seinem Glück. Und wenn es eigenmächtig verfasste SMS und der letzte Ausweg Vibrationsalarm sind…

„Siri und ich“ kommt als eine Kombination aus charmanten Comic-Seiten, Cartoons und kurzen Blog-Einträgen daher. Mit viel Witz und Esprit legt Milgrim so den Finger in die gesellschaftliche Wunde und zeigt auf, dass sich unsere Kommunikationshygiene im Angesicht der Technisierung des Alltags nicht unbedingt zum Besseren gewandelt hat – dass das gelobte Land schier unbegrenzter kommunikativer Möglichkeiten und zahlreicher Kontakte rund um die Welt und rund um die Uhr trotzdem Inseln der Isolation hervorbringt, auf denen man es sich mit den eigenen Neurosen und Macken viel zu bequem machen, sich viel zu leicht verstecken kann.

David Milgrims „Siri & Me“ ist sicher kein Meisterwerk für die Ewigkeit, dafür steht es rein formal etwas zu verloren zwischen den Kunstformen, die der Amerikaner zusammenwirft. Aber es funktioniert und ist allemal eine sympathische Antwort auf den iZeitgeist und seine bedenklichen App-Auswüchse. Zumal der mit seiner Frau und seinem Sohn in Massachusetts lebende Milgrim es einem auch wirklich leicht macht, seine leichtherzige und kurzweilige Techno-Liebesgeschichte der etwas anderen Art zu mögen, wenn er etwa „2001 – Odyssee im Weltraum“ zitiert oder Siri Daves Telefonsex-Vorschlag damit abschmettern lässt, dass da, igitt, ihre Garantie nicht mitspielt…

David Milgrim: Siri und ich • Eichborn, Köln 2014 • 112 Seiten • €12,99

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