14. April 2014 3

Schlag (online) weiter, Herz

Eine Frau veröffentlicht ihren Puls live im Internet

Lesezeit: 1 min.

Was macht mein Körper, und weiß mein Smartphone darüber Bescheid? Das sind die existenziellen Fragen von heute, oder? Fragen, die immer mehr Anhänger der Quantified-Self-Bewegung gern beantwortet, in Apps erfasst und natürlich auf Social-Media-Plattformen geteilt wüssten. Wie sich herausstellt, ist es aber gar nicht so leicht, an medizinisch belastbare und vor allem umfassende Informationen über die eigenen Körperfunktionen heranzukommen.

Das musste zumindest Jen Lowe erleben ‒ denn in ihrem US-Bundesstaat New York ist es gesetzlich nur Ärzten gestattet, Blutwerte für beispielsweise Cortisol (körpereigenes Cortison, ein Stresshormon) zu erfassen. Und selbst ein Gerät wie die handelsübliche Basis-Uhr, mit der die eigene Herzfrequenz gemessen und in einer App angezeigt werden kann, gibt diese Daten nicht heraus.

Also hat Jen Lowe die Website One Human Heartbeat ins Netz gestellt, auf der man ihren Herzschlag rund um die Uhr mitverfolgen kann. Um einen Anfang zu machen in einem Trend, der immer populärer wird ‒ und zu immer umstritteneren Projekten führt. Wie zum Beispiel das Startup-Unternehmen 23andMe, bei dem man für 99 Dollar einen DNS-Test machen und sich angeblich auf Erbkrankheiten hinweisen lassen konnte. Bis ein Gesetz dem Treiben und möglicher Irreführung von Kunden ein Ende machte.

Eine noch viel grundlegendere Frage bleibt dabei ungestellt: Wollen wir das überhaupt? Wollen wir ein digitales, statistisches Körperdouble von uns im Internet zugänglich machen? Ist handgemachtes Biohacking die Zukunft der Medizin?

Schreibt uns in den Kommentar, was Ihr davon haltet!

Kommentare

Bild des Benutzers Lichtecho

Erinnert mich an den tollen Roman "Corpus delicti" von Juli Zeh. In dieser Dystopie wird eine gesunde Lebensführung zur Bürgerpflicht. Man ist teils moralisch, teils gesetzlich verpflichtet, ständig seine Körperwerte zu überwachen und zu veröffentlichen. Was im Namen der Vernunft geschieht, ist hier nur Unfreiheit und mangelnde Selbstbestimmung.

Bild des Benutzers Sebastian Pirling

Guter Hinweis, danke! Der Roman steht noch auf meiner Leseliste.
An Astronauten lässt sich ja schon jetzt beobachten, wie die Rundum-Überwachung in einer (zwar funktionellen + zielorientierten) Unfreiheit mündet. Die Tagebücher von ISS-Astronautinnen geben einen schönen Einblick: http://www.nasa.gov/centers/johnson/astronauts/journals_astronauts.html

Bild des Benutzers Arne

Moin,
"Wollen wir ein digitales, statistisches Körperdouble von uns im Internet zugänglich machen.:?" Oh nein, lieber nicht. Die "Heartbeat-Seite" sieht auch schon ein bisschen bedrückend aus. Besonders die Infobox: "expected days remaining
16322"... jeden Tag also den Counter begutachten und sich fragen was man am besten heute macht, da die Tage gezählt sind. Motivation & Inspiration oder gruselig.. ich bin mir selbst nicht so sicher.
Auf jeden Fall eine schöne Anregung die ich direkt auf einer Infoseite zum Thema Quantified Self mit aufnehmen werde (-> http://www.was-ist-quantified-self.de )
Grüße
Arne

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