7. Mai 2014 1 Likes

Porträt eines notorischen Hackers

Ed Piskors Comic „Wizzywig“ schildert die Anfänge der Cyber-Kriminalität

Lesezeit: 2 min.

Wer sein E-Mail-Passwort 2014 schon öfter geändert hat als in den Jahren davor zusammen, könnte sich aus pragmatischer Neugierde oder zeitgemäßer Verzweiflung für die Anfänge und die frühen Tage des Computer-Hackings interessieren. Genau die sind das Thema in Ed Piskors Comicserie „Wizzywig“, die ihren Titelnamen dem Desktop Publishing entlehnt und deren Sammelband gerade auf Deutsch erschienen ist.

Der 1982 geborene Piskor, der an der berühmten Kubert School studiert hat, wurde maßgeblich durch die amerikanischen Underground-Comix der 60er und 70er Jahre beeinflusst und arbeitete z. B. direkt mit Harvey „American Splendor“ Pekar zusammen, einem der Helden des Metiers. Piskors Vorliebe für Robert Crumb sieht man dem Cartoonisten indes nicht so deutlich an – alternativ sind sein schwarzweißer Stil und die generelle Anmutung seiner Indie-Comicwerke trotzdem, und deshalb passt es ziemlich gut, dass Piskor in „Wizzywig“ die Siebziger und hier die ersten Meter ins flächendeckend vernetzte und digitale Zeitalter einfängt.

Damals war es nicht leicht und schon gar nicht lustig, ein cleverer Nerd oder ein geekiges Genie zu sein. Immerhin gab es noch keinen Quotenhit wie „The Bing Bang Theory“, der zeigte, dass Nerds auch cool sein können, und die Kinokassen klingelten auch noch nicht im Quartalstakt dank der Verfilmungen klassischer Geek-Kultur-Stoffe – und Computer steckten sowieso noch in den Kinderschuhen und dominierten das alltägliche Leben noch nicht in fast allen möglichen Bereichen und denkbaren Einheiten.

Piskors Protagonist, der junge Außenseiter Kevin „Boingthump“ Phenicle, findet schon ganz am Anfang heraus, was für Potential in den neuen Technologien steckt: In Ferngesprächen, Telefondatenbanken, Modems, Mailboxen und dergleichen. Kevin kann schnell um die Ecke denken, und er eignet sich genauso flott das nötige Know-How an, um die sich rasch entwickelnde Technik zu seinen Gunsten zu manipulieren. Aus Spaß und Zeitvertreib wird mit dem Älterwerden jedoch zwangsläufig eine Beschäftigung abseits von Kavaliersdelikten, die schließlich die unerbittlichen Mächte der Strafverfolgung auf den Plan ruft – ein neues Kapitel in der plötzlich überall im Land gehypten Legende des flüchtigen Hackers Boingthump, der in dieser fiktiven Comic-Biografie einer ganzen IT-Ära stellvertretend steht für reale, im Verlauf ihrer „Karrieren“ oft sogar inhaftierte Hacker-Größen wie Robert Morris, Kevin Mitnick, Kevin Poulsen oder Joybubbles

Sicherlich ist das nett aufgemachte „Wizzywig“ nicht der heißeste Comic der Saison, und die Pageturner-Qualitäten der episodenhaften Geschichte lassen zwischendurch ebenfalls zu wünschen übrig – wer sich rudimentär für das Thema und seine Legenden interessiert, kann aber einen Blick riskieren und mit Ed Piskor die Panel-Zeitreise zurück zu den Ursprüngen des Hackens antreten, das uns allen heute zuweilen so viel Ärger bereitet.

Ed Piskor: Wizzywig • Egmont, Köln 2014 • 286 Seiten • € 19,99

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