16. Juni 2014

Himmelfahrtskommando

Wie ist mit bekehrungswilligen Außerirdischen umzugehen? – Eine Kolumne von Hartmut Kasper

Lesezeit: 3 min.

Neuigkeiten aus dem Vatikan haben von jeher hohen Unterhaltungswert; sie beglücken die Heilsgewissen und schwenken den in Gottesfinsternis Umherirrenden die Fackel des vernünftigen Glaubens. Nun hat kürzlich der aktuelle Diener der Diener Gottes, Nachfolger des Apostelfürsten und Patriarch des Abendlandes festgestellt und verkündet: Auch „die grünen Männchen mit der langen Nase und den großen Ohren, wie sie die Kinder zeichnen“, hätten ein Recht, getauft zu werden. Wenn „eine Expedition von Marsmännchen“ lande und das nasse Sakrament begehre, habe man kirchlicherseits diesem frommen Wunsch zu willfahren.

Solche Verlautbarungen wirken auf den  unbefangenen Betrachter erfreulich unbürokratisch. Der Rechtgläubige aber wird sich fragen: Sollte man von den taufwilligen Aliens vorab nicht das Aufsagen des Glaubensbekenntnisses abverlangen, des Vaterunsers oder wenigstens eines zünftigen Gute-Nacht-Gebets?

Dem gegenwärtigen Papst sagt man nach, er sei ein guter Schwimmer, Tangotänzer und Koch ‒ was nicht von allen führenden Theologen dieses Weltzeitalters behauptet werden kann. Und nur, wer fest mit beiden Beinen auf der Erde steht, wird wirklich flugfähige Visionen entwickeln. Spätestens seit den Romanen „Sperling“ und „Gottes Kinder“ von Mary Doria Russell ist uns der Gedanke ja durchaus vertraut, dass es christliche Missionare sein könnten, die mit der Weltraumfahrt noch eine Mission verfolgen.

Besonders volkstümlich ist die Raumfahrt ja schon seit einigen Jahren nicht mehr. Wollten in den späten Sechzigerjahren Jungens am liebsten erstens Astronaut, zweitens Feuerwehrmann, drittens Che Guevara werden, heißt es heute unter Jugendlichen nur zu oft: Raumfahrt? Nein, danke. Und wer hätte in jenen Tagen der Weltraumpioniere gedacht, dass es im 21. Jahrhundert einmal der heilige Vater sein würde, der das kosmonautische Banner hochhält? Aber warum auch nicht? Einige Jahrhunderte lang war ja die christliche Seefahrt ein echtes Markenzeichen. Warum sollte die christliche Weltraumfahrt nicht das Zeug haben, ihr das Wasser zu reichen?

Werden also eines Tages unternehmungslustige Klosterbrüder ihre traute Zelle gegen das ja auch hinreichend enge Innere eines interstellaren Raumschiffs tauschen? Oder werden wir anstelle von biologischen Sendboten elektronische Apostel von den Startrampen abheben sehen, quasi robotische Prediger mit automatischem Taufbesteck?

Und was werden die außerirdischen Lebensformen mit ihren großen Ohren von diesen Missionaren hören? Die Heilsgeschichte ist gut und schön ‒ wie aber werden die frommen Kosmonauten es zum Beispiel mit den Speisevorschriften des Alten Testaments halten, dieser himmlischen Diät, die ja nicht nur den Verzehr von Schweinefleisch untersagt, sondern auch Verzicht gebietet auf Klippdachs und Kamel, Kauz und Rabe, Kurzohreule, Langohreule, Maulwurf, Maus und Salamander? Wird man sich auf jenen Lichtjahre entfernten Welten an die lange grüne Nase fassen und sagen: Glück gehabt ‒ dergleichen kreucht und fleucht hier nicht, bleibt also unser Speiseplan von solcherlei Verboten unberührt? Oder wird man besagtes Getier von der guten alten Erde auf den eigenen Planeten importieren, um angemessen entsagen zu können?

Wie würde man gegebenenfalls den Neubekehrten das Gebot, nimmer die Ehe zu brechen, erklären, wenn diese eingeschlechtlich sind?

Man wird, man wird ‒ an argumentativer Findigkeit hat es den Theologen ja selten gemangelt.

Interessieren würde mich übrigens schon, ob der amtierende Bischof von Rom glaubt, sein Gott habe das Heilswerk nur auf dem dritten Planeten unserer Sonne in Gang gesetzt, oder Sohn, Tochter, Wurst, Whatever auf alle die Welten delegiert, die des Heils bedürftig gingen? Es kann jedenfalls nicht schaden, das eine oder andere Gebet an den heiligen Josef von Cupertino zu richten, den man seiner vielfachen Levitationen und Luftbewegungen wegen auch den Fliegenden Frater nennt und deswegen zum Schutzpatron der Astronauten erkoren hat. Vielleicht verleiht die Fürsprache des heiligen Mannes den Projekten von NASA, ESA & Co. ja neuen Schwung. Oder aber er sorgt dafür, dass jene spockesk-großohrigen Grünlinge from outer space den Weg zu Mutter Erde finden.

Der Taufwedel liegt immerhin bereit.

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.