21. Juni 2014 1 Likes

Eschers Enkel

Das Puzzle-Game „Monument Valley“ entführt in unmögliche Perspektiven

Lesezeit: 2 min.

Monument Valley ist, um zwei etwas außer Mode gekommene Wörter auf einmal zu bemühen, ein entzückendes Kleinod. Seine zehn Kapitel unterhalten nicht länger als zwei Stunden, und seine dezente, recht symbolische Erzählung versucht gar nicht erst, das Zentrum des Geschehens einzunehmen. Und doch nimmt einen das iOS- und Android-Spiel von UsTwo auf eine schönere Reise mit, als es manch ähnlich langer Hollywood-Blockbuster der Sommersaison vermag.

Der visuelle Reiz des Spiels ist von Anfang an unverkennbar, belohnt aber auch den genaueren Beobachter. Nimmt man sich etwas Zeit, fällt einem mehr und mehr das Potpourri an künstlerischen Einflüssen an, die hier miteinander zu entrückten Altbauten eines einzigartigen Flairs verschmolzen wurden: M.C. Eschers unmögliche Geometrie, allen voran sein „Wasserfall“ und die mehrdimensionalen Treppen aus „Relativität“ finden sich in minimalistischer, sorgfältig konstruierter Architektur wieder, von orientalisch-fernöstlichen Kuppeln und Kacheln durchsetzt, während alles zusammen in einem Farbenteppich schwimmt, wie man ihn sich in einem digitalisierten japanischen Farbholzschnitt vorstellen würde. Alles zusammen wirkt dabei weder zerstückelt noch zu dick aufgetragen, sondern versteht es, aus all seinen stilistischen Vorlagen das eine wesentliche Merkmal zu destillieren: Eleganz.

In diesem Wort ist gleichsam die ganze kurze Erfahrung des Puzzlespiels eingefangen. Mit einfachen, intuitiven Bewegungen lenkt man die weiße Prinzessin Ida durch rechtwinklige, märchenhafte Paläste und Arkaden, die ihre Geheimnisse erst preisgeben, wenn man sich die illusorischen Paradoxien der Perspektive zunutze macht. Dann tapst die stumme Protagonistin problemlos über von Penrose-Dreiecken und Necker-Würfeln geschaffene Stege und an allen vier von der Schwerkraft befreiten Seiten des geometrischen Quaders entlang.

Gleichzeitig gehört Monument Valley zu jenen Spielen, bei denen man seine Kopfhörer aufsetzen und die Lautlostaste entsperren sollte, denn die sphärischen Untermalungen und von sanften Tönen begleiteten Aktionen der Prinzessin bereichern das verspielte Abenteuer mit ihrer eigenen Eleganz. Auch hier mischt sich alles an dezenten Klängen, was Ferne verspricht, von Persien bis Fernost, und nimmt direkt mit hinein in dieses verlassene Tal der Menschen.

Und auch wenn es eine kurze Reise ist, in denen die kleine Prinzessin sich großen Themen wie Vergebung und Wiedergutmachung entgegenstellt, will man am Ende wie bei einem guten Film am liebsten wieder zurück. Weil es so schön war.

Monument Valley (UsTwo) · im iTunes Store, Google Play und bei Amazon für Kindle Fire erhältlich

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