6. August 2014 2 Likes

Nano ganz groß

Ramez Naam ausgezeichnetes SF-Romandebüt „Nexus“

Lesezeit: 3 min.

Ramez Naams Roman-Erstling „Nexus“ (im Shop) konzentriert sich auf den jungen Programmierer Kaden Lane, der mit seinen Freunden etwas Unglaubliches geschafft bzw. geschaffen hat: Ihnen ist es gelungen, die illegale Nano-Droge Nexus mit einem Betriebssystem und dem menschlichen Gehirn zu verbinden und so die Leistungsstärke und Reichweite von Nexus gewaltig zu vergrößern. Ihre mutige, allerdings noch illegalere Erweiterung hat den netzwerkartigen Austausch zwischen menschlichen Gehirnen, den Nexus möglich macht, auf ein völlig neues neurowissenschaftliches Niveau gebracht.

Doch natürlich kommen mit so einer bahnbrechenden Neuerung Probleme und Schwierigkeiten ohne Ende. Schließlich steht die amerikanische Regierung dem nächsten Entwicklungsschritt des Menschen ins Transhumane und schließlich ins Posthumane im Jahre 2040 mehr als ablehnend gegenüber und trägt nach den Kriegen gegen die Drogen und den Terrorismus einen neuen unerbittlichen Kampf aus, mit eigenen Behörden, internationalen Black-Operation-Missionen und vielem mehr. Man führt einen harten, geradezu paradoxen Krieg gegen den technologischen Fortschritt, der den Menschen an sich als Individuum wie im Kollektiv verwandelt – indem man den Fortschritt als Waffe benutzt, um ihn zu verhindern.

Auch Lane soll benutzt werden und nach seiner Verhaftung als Spion die Machenschaften einer genialen chinesischen Wissenschaftlerin aufdecken. Um einen Kontakt zu ihr herzustellen, wird Lane mit der genetisch modifizierten Agentin, die ihn erst gefangen genommen hat, auf einen Kongress in Thailand geschickt, wo sich die Ereignisse bald überschlagen und Lane am Ende keine Ahnung mehr hat, wem er trauen kann oder was er machen soll mit der Verantwortung für die Technologie, die er weiterentwickelt hat und die das Leben aller Menschen für immer verändern könnte…

Ramez Naam, der in Ägypten geboren wurde und in den USA aufwuchs, war an der Entwicklung von Microfts Internet Explorer und Outlook beteiligt, fungierte als Geschäftsführer von Apex NanoTechnologies und ist generell einer der wichtigsten Fortschritt-Experten und Futuristen unserer Zeit. Sein Hintergrund verleiht den Ideen in „Nexus“ Gewicht, den Gedanken Nachdruck. Doch auch ohne das Wissen über Naams Background würde man ihm seine nahe Zukunft abkaufen, mit all ihren Gen-Modifikationen und Nano-Drogen, mit der künstlichen Evolution über das Menschsein hinaus und der zeitgemäßen Frage, wie viel Freiheit zu viel ist, und wie weit Kontrolle gehen darf. Naams fest im Heute verankerte Vision von Morgen ist plausibel, und sie regt zum Nachdenken an – über Zensur, Überwachung, Verbote und darüber, in welchem Rahmen Fortschritt auf bestimmten Ebenen vorangetrieben, eingesetzt und zugänglich gemacht werden sollte, damit er gesund ist.

Dabei gelingt Naam in „Nexus“ der Spagat zwischen Ideen und Denkanstößen auf der einen Seite, und Spannung und Action auf der anderen. Das macht das 600 Seiten starke SF-Roman-Debüt des renommierten Sachbuch-Autors und Redners zu einem ausgezeichneten Techno-Thriller.

Dass Naam sich den Prometheus Award, der dem Thema Freiheit gewidmete Science-Fiction-Romane auszeichnet, dieses Jahr mit Cory Doctorow („Little Brother – Homeland“ – im Shop) teilen durfte, geht also mehr als in Ordnung.

Man darf sich schon jetzt händereibend auf die „Nexus“-Fortsetzung „Crux“ freuen.

Ramez Naam: Nexus • Heyne, München 2014 • 624 Seiten • € 9,99

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