27. August 2014

Schatten in der Nacht

Mit „Sin City 2“ zeigt Robert Rodriguez was mit der 3D-Technik möglich ist

Lesezeit: 3 min.

Ein paar Tage läuft „Sin City 2“ (Offizieller Titel „Frank Miller’s Sin City: A Dame to Kill for“) erst in den amerikanischen Kinos und das Urteil scheint schon gefällt: An den Kinokassen geflopt, von den Kritikern mit einem Maß an Häme überschüttet, die doch verblüfft. Denn die gleichen Kritiker waren vor neun Jahren, als die erste Verfilmung der Film Noir-Hommage „Sin City“ in die Kinos kam meist noch schwer begeistert.

Was hat sich also geändert? Auf den ersten Blick nicht viel: Erneut schicken die Co-Regisseure Robert Rodriguez und Frank Miller ein erstaunliches Schauspielerensemble in die finstere Welt von Sin City, wo Gewalt, Sex und Korruption regieren. Erneut werden diverse kurze Episoden erzählt, die nur lose miteinander verknüpft sind. Den Auftakt macht „Just Another Saturday Night“, in der sich Marv (Mickey Rourke) daran zu erinnern versucht, warum er ein paar College-Kids getötet hat. Es geht weiter mit „The Long, Bad Night“, in der der Spieler Johnny (Joseph Gordon-Levitt) es wagt, den finsteren Senator Roark (Powers Booth) beim Pokern zu besiegen – und teuer dafür bezahlt. Weiter geht es mit dem Herzstück des Films, dem titelgebenden „A Dame to Kill For“, in dem Eva Green mit ganzem Körpereinsatz die Femme Fatale Ava Lord gibt, die ihren Ex-Lover Dwight (Josh Brolin) für ihre Zwecke manipuliert. Und schließlich „Nancy’s Last Dance“, in dem Nancy (Jessica Alba) sich an Roark rächt, der einst ihren Beschützer John (Bruce Willis) in den Selbstmord trieb.

Lose ist das mit dem ersten „Sin City“ verknüpft, teils Fortsetzung, teils Prequel, aber allzu genau sollte man nicht nach logischer Kontinuität suchen. Noch weniger als der Vorgänger ist „Sin City 2“ ein Film, der auf dichte Narration baut, auf Logik oder gar einen Bezug zur Realität. Mit seinen hyper-stilisierten Bildern, die bis auf die Schauspieler komplett im Computer entstanden, wird eine Atmosphäre kreiert, die gleichermaßen artifiziell und parodierend ist. Kein Film Noir-Klischee wird ausgelassen, die Typologie des Genres übersteigert, durch den Wolf gedreht und mit viel plakativen Bildern angereichert. Weniger Gewaltexzesse als in Teil eins zwar, dafür aber mit viel mehr Sex. Dafür ist in erster Linie Eva Green zuständig, die einmal mehr mit leicht bekleideter Präsenz einen Film dominiert und in fast jeder Szene nackt ist.

So schön das auch anzusehen ist: Der eigentliche Reiz des Films ist der Einsatz der 3D-Technik, mit der Robert Rodriguez wie kaum ein anderer Hollywood-Regisseur außer James Cameron experimentiert. Und die sich für die stilisierten Bilder von „Sin City“ perfekt eignet: Die klaren Bildebenen, die meist nur aus schwarz und weißen Bildern bestehen, in denen punktuelle Farbtupfer eingefügt sind, wirken so räumlich wie man es selten gesehen hat. Schwerlos fährt die Kamera oft um Darsteller, Autos oder Whisky-Gläser, taucht geradezu in die Welt von „Sin City“ ein. Dass ist gleichzeitig näher an der Comic-Vorlage, aber auch deutlich filmischer als der erste Teil und damit ein visuelles Vergnügen, ein optisch experimenteller Film, wie man ihn im Wust des Hollywood-Einerleis nicht oft zu sehen bekommt.

„Sin City 2” startet am 18. September in den deutschen Kinos.

Sin City 2 • USA 2014 • Regie: Robert Rodriguez, Frank Miller • Darsteller: Mickey Rourke, Josh Brolin, Jessica Alba, Eva Green, Powers Booth, Joseph Gordon-Levitt

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