25. Oktober 2014 1 Likes

Rote Erde?

Was Mariner 9 und Viking uns über die Geologie des Mars gelehrt haben – Ein Essay von Benjamin Läuchli

Lesezeit: 4 min.

Die Oberfläche des Mars wurde erstmalig während der Mariner 9 Mission in den Jahren 1971 und 1972 komplett fotografiert. Weitaus detailliertere Aufnahmen folgten in den Jahren 1976 bis 1980 während der Umkreisung durch die Viking-Raumsonden. Auf der Grundlage der gesammelten Daten wurden generalisierte globale topographische und geologische Karten des Planeten erstellt, die zur Entwicklung eines allgemeinen Verständnisses der Geologie Marsoberfläche führte, welches bis heute Bestand hat und durch jüngere Missionen weiter verfeinert wird.

Die äußere Kruste des Mars wird in eine dünnere nördliche und eine mächtigere südliche geologische Einheit unterteilt. Die Grenze, welche beide Regionen voneinander trennt, liegt im 35°-Winkel zum Äquator geneigt. Es handelt sich um einen deutlich erkennbaren stellenweise 2-3 km hohen global umspannenden Steilhang, der nur lokal von geologisch jüngerer Lava der Tharsis-Region, einer Vulkanregion in der u.a. auch der größte Vulkan des Sonnensystem, der Olympus Mons, liegt, überdeckt wird.


Abbildung 1: Generalisierte Geologische Karte des Mars (Exploring the Planets)

In den Polarregion befinden sich permanente Eiskappen, die auf jeweils auf mächtigen Sedimentabfolgen lagern. Temporär ist ebenfalls auch an beiden Polen Kohlenstoffdioxideis vorhanden. An vielen Stellen ist darüber hinaus der Untergrund des umliegenden Terrains durch Winderosion stark ausgeblasen, was anhand von Geländevertiefungen erkennbar ist. Die Nordpolarkappe wird zudem von einem unterbrochen Ring aus Dünen umgeben.

Das geologisch ältere, südliche Hochland ist von kleinen verästelten Talsystemen zerfurcht und dessen Landschaftsbild wird v.a. von zahlreichen Kratern unterschiedlicher Größenordnung dominiert. Mehrere große „Multiring“-Impaktkrater, wie z.B. das 1000 km breite Argyre-Becken, sind die hauptsächlichen Besonderheiten in weiten Teilen des Hochlands. Bodenerhebungen liegen, von einigen flachen Becken abgesehen, generell 1 km über der durchschnittlichen Mars-Geländeoberkante. Zwischen den Kratern erstrecken sich in weiten Teilen flache Ebenen, die überwiegend als vulkanischen Ursprungs interpretiert werden. Außerdem kommen lokal wenige alte Schildvulkane vor.

Die topographisch niedrig gelegenere nördliche Tiefebene ist hingegen jüngeren Alters und war im Laufe der Mars-Geschichte deutlich weniger von Meteoriteneinschlägen betroffen. Die Landschaft wird von vorwiegend relativ flachen Ebenen dominiert. Unter anderem sind häufig Dünen und Sandwehen hinter topographischen Hindernissen sichtbar, welche auf eine starke, von Wind dominierte (aeolisch), Erosion und Modifikation der Oberfläche hinweisen. Viele große Tal- und Kanalsysteme münden in nördlich gelegene Ebenen. Für diese Regionen werden eine reichhaltige Abfolge von Sedimenten und anderen Ablagerungen vermutet.

Darüber hinaus sind zahlreiche markante mare-type lava flows, Schlackenkegeln und Höhenrücken vorhanden, die alle auf einen vor allem vulkanischen Urspung hinweisen. Außerdem befinden sich zwei kontinentgroße domartige Aufwölbungen mit gigantischen Schildvulkanen im nördlichen Terrain.


Abbildung 2:
Satelleitenaufnahme der
Region Chryse Planitia mit
integrierten Höhenmodell
(NASA, USGS)

Die größere Dombildung befindet sich in der Tharsis-Region in der westlichen Hemisphäre entlang des Steilhangs. Diese hat ein System aus sich radial ausbreitenden Zerklüftungen erschaffen, die sich teilweise halbwegs um den Planet erstrecken. Verwerfungen und Erosion entlang eines Ost-West Segments des Kluftsystems hat zur Bildung des Valles Marineris geführt, einem Grabenbruchsystem mit einer Gesamtlänge von 4000 km, einer Gesamtbreite von 700 km und einer Tiefe von 4 km. Es erstreckt sich von östlich der zerklüfteten Aufwölbung nahe Tharsis über von Kratern übersäte Ebenen des südlichen Hochlands und mündet in mehrere nach Norden abbiegende Kanäle, an deren Ausläufern sich die Chryse Planitia (Abb. 2) befindet. Einer seichten, von Lava- und Sedimentablagerungen aufgebauten Senke im nördlichen Terrain, in der die Viking 1 Sonde 1976 erfolgreich nieder gebracht wurde und erstmalig Daten und Bilder von der Marsoberfläche zur Erde gesendet hatte.


Abbildung 3:
Satelleitenaufnahme der
Region Utopia Planitia mit
integrierten Höhenmodell
(NASA, USGS)

Die zweite kleinere Dombildung Elysium liegt tief in den nördlich gelegenen Ebenen der östlichen Hemisphäre. Unter anderem befinden sich hier die Schildvulkane Elysium Mons und Hecates Tholus. Nördlich hiervon liegt der große, vergleichsweise junge Impaktkrater Mie und nord-westlich befindet sich die Region Utopia Planitia (Abb. 3), in der die Viking 2 Sonde einen Monat nach ihrem Schwesterraumschiff erfolgreich gelandet ist. Es handelt sich um eine relativ flache Ebene, in der lokal Vulkankegel geringer Höhe und kleinere Impaktkrater vorkommen. Im Vergleich mit Chryse Planitia ist  die Kraterdichte hier jedoch wesentlich geringer. Bei der Landezone der Viking 2 handelt es sich einen von porösen, vulkanischen Blöcken übersäten Hang.

Als mögliche Erklärungen für die Genese dieses Geländes wird zum einen das Einschlagereignis, welches zur Entstehung des 200 km weiter östlich gelegenen Impaktkraters Mie geführt hat, in Betracht gezogen. Weitere Theorien gehen von einem massiven vulkanischen Flutereignis aus oder sehen die verteilten Trümmer als Findlinge eines ehemals von der Nordpolarkappe weit nach Süden vorgedrungen Gletscher. Darüber hinaus zeichnet die Landezone sich außerdem durch ein polygonal angeordnetes System aus linearen Vertiefungen im Gelände aus, die vermutlich durch Eiskeile im Untergrund geformt wurden.

Quellen: Eric H. Christiansen: Exploring the Planets. Prentice Hall, 2 edition 1995 / Wikipedia

Benjamin Läuchli hat einen Master-Abschluss in Geologischen Wissenschaften von der LMU München und interesseiert sich neben der Geologie unserer Heimatwelt auch für die anderer Planeten.
 

Der große Mars-Roman von Andy Weir, „Der Marsianer“ (im Shop), ist gerade erschienen und wird in allen seinen Aspekten in der Themenreihe Roter Oktober auf diezukunft.de vorgestellt.

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