Geburt, Schule, Liebe, Tod

Richard McGuire ist eine Comic-Legende. Geschafft hat er das mit der sechs Seiten langen Kurzgeschichte „Hier“, die er 1989 in Art Spiegelmans Magazin „RAW“ veröffentlicht hat und die seit 25 Jahren kultisch verehrt wird. Zu seinen Bewunderern zählt auch Chris Ware. Seitdem tauchte er manchmal als Coverillustrator für den „New Yorker“, Dave Eggers Literaturmagazin „McSweeney’s“ und die „Liberation“ auf, hat Kinderbücher gezeichnet, Kurzfilme animiert, Klangskulpturen geschaffen, in einer Postpunkband gespielt, Spiele und Spielzeug entworfen. Und seit 2010 hat er daran gearbeitet, aus „Hier“ eine 300 Seiten dicke Graphic Novel zu machen.

Nicht ganz einfach, denn auch wenn „Hier“ im Jahr 2014 beginnt und endet, McGuires Erzählzeit umfasst tatsächlich drei Milliarden Jahre (ja, da soll man nicht kleinlich sein), die er mit immer der gleichen „Kameraeinstellung“ auf jeweils einer Doppelseite erzählt. Das ist natürlich beides: ganz, ganz großartig, aber auch etwas artsy fartsy und damit ganz doll feuilletonkompatibel. Wer jedoch für solche Comics ein Herz hat, der kommt hier voll auf seine Kosten.

Denn es geht McGuire natürlich um die ganz großen Zusammenhänge, um die kleinen Dinge, die über Tausende und Tausende von Jahren immer wieder auftauchen, die das Leben auf diesen Erdball miteinander verbinden. Immer wieder zerschneiden Vektoren die einzelnen Seiten, trennen eine Handlung von der anderen, verknüpfen aber eben auch alles miteinander. Die Grundlage jedoch bilden McGuires klare und strukturierte Bleistiftzeichnungen, die man sich gerne immer wieder anguckt, in denen man sich verlieren kann. Geburt, Tod, Vergänglichkeit, an diesen großen Themen arbeitet sich McGuire erfolgreich ab.

Was bleibt? Die Kurzgeschichte kann man hier umsonst lesen. Das Buch muss man sich schon kaufen, um zu erfahren, warum das Feuilleton so ausrastet.

Richard McGuire: Hier • Aus dem amerikanischen Englisch von Stephan Kleiner • Dumont, Köln 2014 • 300 Seiten • € 24.99