24. Februar 2015 6 Likes

Die letzte ihrer KI-Einheit

Ann Leckies vielfach ausgezeichneter SF-Roman „Die Maschinen“

Lesezeit: 3 min.

Ann Leckies Debütroman „Ancillary Justice“ aus dem Jahre 2013, der als „Die Maschinen“ gerade auf Deutsch erschienen ist (im Shop), sammelt im englischsprachigen Raum seit einer Weile Preise und Nominierungen. Die beeindruckende, wenn nicht sogar einschüchternde und geradezu unheimliche Dominanz der 1966 geborenen Amerikanerin, die hier bloggt, eine Schülerin der großen afroamerikanischen SF-Meisterin Octavia Butler war und vor ihrem Roman Kurzgeschichten in diversen US-Magazinen publizierte, ist schon der Wahnsinn: „Die Maschinen“ gewann den Hugo Award, den Nebula Award, den Arthur C. Clarke Award und den Locus Award. Mitte Februar kam nun auch noch eine Nominierung für den British Science Fiction Association Award hinzu, und selbst im Umfeld des Philip K. Dick Awards und des James Tiptree Jr. Awards wurde der Name Leckie mehr als einmal fallen gelassen, selbst wenn es am Ende nicht überall zum Sieg gereicht hat.

In Leckies Roman, übrigens Auftakt zu einer Trilogie und bereits für eine Adaption als TV-Serie optioniert, geht es um das gewaltige Imperium der Radchaai, das viele Tausend Jahre in der fernen Zukunft voll und ganz auf Künstliche Intelligenz setzt, um die Galaxie zu erobern, genauer gesagt, auf Künstliche Intelligenzen, die einen großen Truppentransporter im All steuern und zeitgleich viele kleine Kampf-Hilfseinheiten in menschlich-weiblicher Gestalt. Erzählt wird das Buch aus der Sicht einer dieser KIs. Breq, der man zu Beginn des Romans auf einem Eisplaneten begegnet, ist der letzte überlebende Teil eines solchen künstlichen Radch-Bewusstseins, das nur zum Töten und Erobern geschaffen wurde – und will zum einen Antworten, zum andern Rache für das, was mit ihr geschehen ist…

Trotz allem ist Leckies mit Preisen überhäuftes Werk keine actiongeladene Space-Opera, sondern eine Gender-Geschichte, erzählt aus der faszinierenden Perspektive einer Künstlichen Intelligenz, die in der unvermeidlichen Intensivierung bei der deutschsprachigen Übersetzung von Leckies sprachlichem Extrem lediglich feminine Artikel kennt. Bis sie einen Verlag fand, musste Leckie sich einige Male über die vermeintliche Unveröffentlichbarkeit ihres Romans belehren lassen, und selbst nachdem ihr Agent den Deal mit ihrem Originalverlag Orbit klargemacht hatte, musste Leckie noch dafür kämpfen, ihr sprachliches Gimmick beibehalten zu dürfen.

Unterm Strich kommt „Die Maschinen“ als unglaublich ambitionierter, alles andere als flockig weg zu lesender Science-Fiction-Roman im Geiste von Banks und LeGuin daher, der sich traut, seine Ideen so weit zu tragen, dass er selbst die Randgebiete der Massentauglichkeit und des Mainstreams weit hinter sich lässt. Leckies Roman-Erstling, an dem sie sechs Jahre lang gearbeitet hat, ist sprachlich und inhaltlich letzten Endes genau die Art von Herausforderung, auf die erfahrene Science-Fiction-Leser ansprechen, und keine leichte Kost für neugierige SF-Neulinge. Für ihren Mut, einen solch ungewöhnlichen, sperrigen Roman in bester, furchtloser Genre-Manier zu schreiben, der das Ausformulieren und Ausleben ihrer Ideen möglich gemacht hat, erhielt und erhält Frau Leckie ihre vielen Preise – nicht für eine cineastische Space Opera oder einen kurzweiligen Unterhaltungsroman.

Nicht umsonst hegt Ann Leckie die Hoffnung, dass der Erfolg von „Die Maschinen“ die Risikobereitschaft von Verlagen und Lektoren erhöht, und dass es außerdem andere Autoren gibt, die sagen, Leckie sei noch nicht weit genug gegangen – und deshalb noch weiter gehen.

Im Oktober 2014 erschien im englischsprachigen Original mit „Ancillary Sword“ bereits der zweite Teil der Trilogie, Ende 2015 soll der Abschlussband „Ancillary Mercy“ folgen.

Ann Leckie: Die Maschinen ∙ Roman ∙ Aus dem Amerikanischen von Bernhard Kempen ∙ Wilhelm Heyne Verlag, München 2015 ∙ 544 Seiten ∙ € 11,99 (im Shop)

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