13. April 2015 4 Likes

Der ewige Krieg

George Manns Roman „Doctor Who: Kriegsmaschinen“

Lesezeit: 3 min.

Der Brite George Mann hat nicht nur mehrere Romane mit dem Ermittlerduo Newbury und Hobbes in seiner eigenen viktorianischen Steampunk-Welt geschrieben, sondern auch schon Bücher mit den britischen Ikonen Sherlock Holmes und Doctor Who verfasst.

In seinem neuesten Doctor Who-Roman „Kriegsmaschinen“, der bei Cross Cult in der Übersetzung von Susanne Döpke auf Deutsch erschienen ist, folgt Mann einer ergrauten, älteren Inkarnation des Doktors auf dem Kriegspfad. Denn seit vielen Jahrhunderten tobt der Raum und Zeit ins Chaos stürzende Krieg zwischen den Time Lords – dem Volk des Doktors – und den grausamen Daleks, die nichts als die Vernichtung allen anderen Lebens im Universum wollen. Ihr durch die Realitäten fegender Krieg zieht viele Welten und Kolonien ins Verderben.

Entsprechend actionreich und episch beginnt „Kriegsmaschinen“: Mit einer Flotte Kriegs-TARDISse, die gegen eine Schwadron Dalek-Untertassen kämpft, und dem Absturz der berühmten blauen Polizeinotrufzellen-TARDIS des Doktors, der auf dem von den Daleks verheerten und entvölkerten Planeten Moldox eine Bruchlandung hinlegt. Dort finden er und das dalekjagende Rebellenmädchen Cinder heraus, dass die Daleks eine schreckliche Waffe bauen, um die Time Lords ein für allemal aus der Geschichte und allen Realitäten zu tilgen. Der Doktor und seine neue Begleiterin warnen den Rat der Time Lords – und sind entsetzt, als die arroganten Anführer auf Gallifrey für den Präventivschlag gegen die Dalek-Superwaffe ihrerseits sogar den Genozid einer dritten Partei als Kollateralschaden in Kauf nehmen würden …

Eine ausführliche Erklärung, die wievielte Inkarnation des Doktors in George Manns im Original unter dem Titel „Engines of War“ veröffentlichtem Roman auftritt, würde schon wieder zu einigermaßen viel wibbly wobbly, timey wimey stuff führen. Hier die Kurzfassung: Nach Paul McGann, der 1996 die achte, erfolglose Inkarnation des Doktors verkörperte, folgte mit Christopher Eccleston erst 2005 der neunte Doktor und die Wiederbelebung der TV-Serie. Dazwischen gab es gewissermaßen eine weitere Inkarnation des berühmtesten und ungewöhnlichsten aller Time Lords, die allerdings erst 2013 von Showrunner Steven Moffat retroaktiv in die Kontinuität eingebastelt wurde: Der abgekämpfte Kriegsdoktor mit abgewetzter Lederjacke, Schal und grauem Haar und Bart, der im ewigen Zeitkrieg kämpft. Und da dieser, von Schauspieler John Hurt verkörperte Doktor sich praktischerweise niemals selbst als Doktor bezeichnet, solange er ins Kriegsgeschehen eingreift und dabei nicht gerade den Prinzipien eines Doktors folgt, spielt’s letztlich eh keine Rolle. Das sind eben so Sachen, über die Fans lange und breit diskutieren und fachsimpeln können.

Verwirrt? Keine Panik! „Kriegsmaschinen“, das sich um eine Episode im großen Zeitkrieg dreht, kann man gut lesen, ohne die Doctor Who-Kontinuität bis ins letzte Detail zu kennen oder zu verstehen. Perfekt ist George Manns jüngster Ausflug in die Welt der englischen Kult-SF-Serie trotzdem nicht, und das hat nichts mit der Einbindung in die Historie des langlebigen BBC-Franchise zu tun. Das erste Drittel des Romans etwa, in dem der Doktor und Cinder viel zu lange durch die Basis der Daleks schleichen, ist ganz schön mühsam und hölzern. Das Prunkstück dieses zuweilen recht düsteren Doctor Who-Romans ist dafür der starke Mittelteil, in dem sich alles um die zweifelhafte Moral und die Skrupellosigkeit der Time Lords dreht; und darum, wie sie dem vom Krieg und der Denkweise seines eigenen Volkes verbitterten Menschenfreund in ihren eigenen Reihen begegnen. Die Menschlichkeit, die der außerirdische Doktor immer wieder zeigt, ist und bleibt nun mal die große Stärke der Serie, egal in welchem Medium, egal in welcher Inkarnation – und selbst in Kriegszeiten. Da verzeiht man auch einen nicht perfekten Roman oder ein paar nicht ganz so überragende Kapitel zwischendurch.

Umso schöner, dass inzwischen regelmäßig Romane um den sympathischen Problemlöser mit der TARDIS und dem Schallschraubenzieher auf Deutsch erscheinen – der nächste schon Ende Mai.

George Mann: Doctor Who: Kriegsmaschinen • Cross Cult, Ludwigsburg 2015 • 289 Seiten • € 12,80

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