6. Mai 2015 2 Likes

Zombies und Nerds im Weltall

Claudia Kerns SF-Serie „Homo Sapiens 404“ in Print und Non-Print

Lesezeit: 4 min.

Claudia Kern ist seit Jahren als Autorin, Übersetzerin, Redakteurin und Kolumnistin in den fantastischen Genres aktiv. Seit Sommer 2013 erscheint ihre Science-Fiction-Fortsetzungsgeschichte „Homo Sapiens 404“ als E-Book-Serial zunächst im Rohde Verlag, wo mittlerweile die 21. Erzähleinheit vorliegt. Die ersten vier Kapitel wurden zudem als Hörbuch vertont. Seit Februar liegt der erste Taschenbuch-Sammelband mit den Episoden 1 bis 6 bei Cross Cult auch in gedruckter Form vor – der zweite Print-Sammelband ist just veröffentlicht worden, Druckerzeugnis Nummer drei für Juli angekündigt.

„Homo Sapiens 404“ spielt in einer Zukunft, in der das WLAN manchmal noch genauso lahmt wie heute – und in der ein Teil der Menschheit im Angesicht der großen Zombie-Apokalypse beim extra-terranischen Exodus ins All fliehen konnte, während Außerirdische den blauen Planeten abgeriegelt haben. Im Mittelpunkt der geek-freundlichen Genre-Serie steht eine „typische“ Raumschiff-Crew, der mehr als ein großes Abenteuer bevorsteht, wobei es u. a. um die der Herkunft des Zombie-Virus und darum geht, wie es mittlerweile auf Erden aussieht…

Im Interview sprechen Claudia Kern sowie Verleger und Lektor Markus Rohde über die Serie, deutschsprachige Science-Fiction und den Nerd-Faktor.

„Homo Sapiens 404“ ist nerdige Action-SF für Fans von „Firefly“ und „Farscape“. Wie wichtig sind der Nerd-Faktor und die Geek-Kultur inzwischen, wo Geektum salonfähig und ferner ein wichtiger Aspekt der Popkultur geworden ist?

Claudia Kern: Absolut wichtig. Das sieht man schon an einer Serie wie Big Bang Theory. Natürlich ist das, was da gezeigt wird, Nerd Light, aber selbst das wäre früher nicht in einer massentauglichen Sitcom vorstellbar gewesen. Ich denke, das liegt an der zunehmenden Technisierung unseres Alltags. Fast jeder, der regelmäßig einen Computer benutzt, hat mindestens einen Nerd im Bekanntenkreis – allein aus praktischen Gründen. Deshalb sind ihnen deren Themen und Verhaltensweisen vertraut. Sie erkennen sie in Sheldon und Co. wieder und können deshalb darüber lachen. Man könnte zum Beispiel keine Sitcom über Fans spätsteinzeitlicher Baukunst machen, weil kein Mensch diese Subkultur kennt. Daran wird sich erst etwas ändern, wenn deren Wissen gefragt ist, also in einer postapokalyptischen Welt. HS spielt zwar in einer Welt, die man als postapokalyptisch bezeichnen könnte, die aber auf hohem, technischen Niveau stehen geblieben ist. Nur deshalb kann eine Figur wie der Nerd Kipling darin überleben. Sein Wissen wird immer noch gebraucht. Und in dieser Zukunft, in der den Menschen praktisch nur das Digitale geblieben ist, weil sie alles andere zurücklassen mussten, ist er wichtiger als je zuvor. Deshalb kokettiert er auch ein bisschen mit seinem Nerdtum. Er bezeichnet eine Farbe als „sternenflottenrot“ und ändert die Stimme des Bordcomputers, damit sie klingt wie die von Majel Barrett aus TNG. Ihm macht es Spaß, den Nerd zu geben, und mir macht es Spaß, ihn zu schreiben, weil ich ihm diese ganzen Anspielungen in den Mund legen kann.

Du nennst in „Homo Sapiens 404“ keine konkrete Jahreszahl. Warum nicht?

Claudia Kern: Ich will nicht, dass die Welt, die ich da beschreibe, zu einer Prognose wird. Wenn ich sage, dass wir in zwanzig Jahren zusammenfaltbare Tablets mit holografischer Darstellung, Chips in den Fingern und Computerbrillen, die tatsächlich funktionieren, haben werden, klingt das nach Prophezeiung. Und ich weiß einfach nicht, wann das Realität sein wird. Wenn es nach mir ginge, morgen so gegen drei Uhr nachmittags, damit die Amazon-Lieferung noch am nächsten Tag kommt, aber das wird wohl nicht ganz hinhauen.

Oder gar nicht passieren. Als du die Serie angefangen hast, war Google Glass gerade das vermeintlich nächste große Ding, heute redet niemand mehr über die Brille. Hat sich „Homo Sapiens 404“ damit schon als veraltet erwiesen, so wie SF aus der Zeit, als alle noch dachten, es gäbe bald Bildtelefone?

Claudia Kern: Gute Frage. Vielleicht, aber ich glaube, dass Google Glass nur ein erster Vorstoß war. Google hatte vor allem zwei Probleme. Zum einen ist die Spracherkennung noch nicht weit genug. Ich kann mit einem Computer nicht reden wie in Star Trek, aber das wäre nötig, um ein Gerät wie V-Specs oder Google Glass sinnvoll einsetzen zu können. Plus einer Tastatur, die entweder in den User integriert ist wie Kiplings Chips oder zum Beispiel als Projektion, die aus der Brille auf eine beliebige Oberfläche geworfen werden kann. Als reines Zusatzgerät war Google Glass einfach nicht nützlich genug.

Und das zweite Problem?

Claudia Kern: Dass alle, die Google Glass auf hatten, wie Arschlöcher aussahen. Um ehrlich zu sein, halte ich das für das größere der beiden Probleme.

Kaufen sich viele, denen „Homo Sapiens 404“ E-Book-Serial gefällt, das Taschenbuch? Oder steuert Letzteres eher ein anderes Klientel an?

Markus Rohde: Puh, schwierig zu sagen, da wir da keine genaue Marktforschung gemacht haben. Es wird sich sicherlich nicht jeder das Printbuch noch mal holen. Allerdings hörten wir, dass es nun viel besser als Geschenk funktionieren würde. Zudem hilft es natürlich, das es nun in Buchfilialen ausliegen kann.

Sind SF-Leser eine besonders gute Zielgruppe für E-Books?

Markus Rohde: Glauben wir schon. Wir dachten, dass „Homo Sapiens 404“ perfekt dazu passt. Der E-Book-Markt ist zwar, vor allem in Deutschland, noch klein, aber voller Leute, die gern SF lesen. Das lässt sich anhand der Bestsellerlisten gut erkennen. Einen historischen Roman hätten wir nicht in dieser Form veröffentlicht, höchstens zusätzlich zu einer gedruckten Ausgabe. Bei SF bieten sich E-Books an.

Wieso wollen Leser, die deutsche Übersetzungen englischsprachiger SF lesen, oft nicht direkt auf Deutsch geschriebene SF?

Markus Rohde: Wollen sie das denn nicht? Das Angebot übersetzter SF ist halt im Vergleich ziemlich erschlagend, vor allem im Buchhandel. Eine generelle Ablehnung merken wir aber nicht.

Hat sich das Standing von originär deutschsprachiger SF also verbessert?

Markus Rohde: Das hoffen wir zumindest. Wir haben hier ja wahrlich auch gute Autoren. Wir Verlage müssen uns nur mal trauen, da mehr drauf zu vertrauen.

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