11. Mai 2015 3 Likes 3

Ein Bierchen auf dem Mars

Klingt erfrischend und gemütlich, hat aber so seine Tücken – Eine Kolumne von Judith Homann

Lesezeit: 4 min.

Neulich auf Twitter tauchte nach einem anstrengenden Arbeitstag plötzlich die Frage auf, ob auf dem Mars eigentlich gerade Biergartenwetter sei. Solche Überlegungen bringen mich immer sofort auf dumme Gedanken: Wie wirken sich Temperatur- und Druckverhältnisse auf dem Roten Planeten auf die Konsistenz von Bierschaum auf? Perlt das flüssige Brot auch anständig? Kann man traditionell aus dem Fass zapfen? Und gibt es auf dem Mars überhaupt Biergartenwetter?

Da es an Hopfen und Malz auf dem Mars leider fehlt, müssen wir davon ausgehen, dass wir gutes heimisches Bier exportieren würden. Und da das Hauptquartier von diezukunft.de in München liegt, ist unser alkoholischer Horizont erstmal auf anständiges bayerisches Weißbier beschränkt. Ein solches hat im Schnitt 5 bis 6 Prozent vol. Alkohol, schmeckt am besten gekühlt auf ca. 5 Grad Celsius und hat, je nach Temperatur, einen CO2-Gehalt von etwa 6 bis 7 Gramm pro Liter in Form von Kohlensäure (H2CO3).

Der CO2-Gehalt ist, wie gesagt, von der Temperatur abhängig – kaltes Bier kann mehr CO2 aufnehmen als warmes. In der heimischen Küche kann man das recht einfach nachvollziehen: Man fülle ein Glas mit kaltem Wasser und lasse es eine Weile stehen. Bald bilden sich am Glas kleine Bläschen – denn wenn sich das Wasser erwärmt, kann es die in ihm gelösten Gase nicht mehr halten, und sie treten aus.

Außerdem hängt der CO2-Gehalt vom Druck ab – auch dies kann man leicht verstehen, wenn man den spritzigen Geschmack einer frisch geöffneten Colaflasche mit der schalen Brühe vergleicht, die von der vorgestrigen Party noch übrig ist. Unter normalem Atmosphärendruck verliert jedes Getränk nach einer Weile sein CO2. Deswegen wird Bier in Flaschen und im Fass mit Überdruck gelagert, um das sprudelige Gas im Getränk zu halten – normalerweise etwa 1,7 bar (wie gesagt abhängig von Temperatur und CO2-Gehalt). Das entspricht ungefähr 170 Prozent des normalen Atmosphärendrucks auf der Erde (etwa 1 bar).

Nun hat der Mars aber eine extrem dünne Atmosphäre und damit extrem geringen Druck – mit 8 mbar (Millibar!) nur etwa ein Hundertstel unserer Atmosphäre. Noch ein interessantes Phänomen in diesem Zusammenhang: Je geringer der Druck, desto geringer der Siedepunkt von Wasser. Öffnen wir also eine Bierflasche auf dem Mars, treten zwei Effekte gleichzeitig auf: Zum einen verdünnisiert sich wegen des extremen Überdrucks augenblicklich jegliches CO2 in Form einer Schaumwolke, und zum anderen verdampft im gleichen Moment das gesamte Getränk und hinterlässt einen unzufriedenen, sehr durstigen Marsbesucher. Beim Zapfen aus dem Fass dürfte der große Druckunterschied noch schlimmere Folgen haben – schon auf der Erde zeigen uns zahlreiche Bürgermeister, dass das korrekte Anstechen eines Bierfasses keineswegs trivial ist, doch auf dem Mars ist das Risiko groß, dass einem gleich das ganze Fass um die Ohren fliegt.

Es wird also klar: Auf dem Mars muss ein Bierzelt mit Druckregulierung her. Und wenn wir schon die Umgebungseigenschaften unseres Bierzeltes selbst bestimmen können, warum dann nicht gleich die perfekten Voraussetzungen für ein Weißbier schaffen? Da die Temperatur auf Roten Planeten gerade Maxima von 14 Grad Celsius am Boden und immerhin –3 Grad Celsius in der Luft erreicht, dürfte in Bodennähe eine ziemlich gute Bier-Temperatur herrschen. Der Druck ist eine größere Herausforderung: Im Optimalfall hätten wir gern ein spritziges Weißbier mit einer dichten, fluffigen, langlebigen Schaumkrone. Bierschaum ist letztlich nichts weiter als tausende kleine Bläschen, die entstehen, wenn die im Bier enthaltene Kohlensäure H2CO3 zu Wasser und CO2 zerfällt. Das CO2 perlt aus, steigt auf und wird an der Oberfläche von einem feinen Häutchen aus im Bier enthaltenem Eiweiß umhüllt, das es als Schaumkrone auf der Flüssigkeit hält. Eine solche Blase bleibt im Wesentlichen stabil, solange sich ihre Oberflächenspannung und der Außendruck die Waage halten. Allerdings ist eine geringere Oberflächenspannung förderlich für die Ausbildung eines stabileren Bierschaumes – in diesem Fall müssten wir den Druck verringern, damit das Gleichgewicht erhalten bleibt. Also müssen wir einen Kompromiss finden: Der Druck soll hoch genug sein, um das Bier lange sprudelig zu halten, aber gering genug, um einen schönen Schaum auszubilden.

Im Endeffekt erscheint unser normaler irdischer Atmosphärendruck der beste Kompromiss, und er hat auch noch den großen Vorteil, dass wir bequem atmen können. 1013 Hektopascal (Normaldruck) klingen also gut. Da wir aber beim Feierabendbierchen nicht erfrieren wollen, sollten wir die Temperatur im Bierzelt doch etwas hochdrehen. Und wenn man es recht bedenkt, ist der rote Sand auf dem Mars zwar hübsch, aber es gehören doch noch uralte Kastanien zum echten Biergartenerlebnis an einem lauen Sommerabend. Und dann können wir ja auch eigentlich gleich daheim bleiben und uns hier ein Bier bestellen und müssen nicht erst die lange und beschwerliche Reise zum Mars auf uns nehmen.

In diesem Sinne: Prost! 

Judith Homann hat einen Master in Meteorologie von der Universität Innsbruck und interessiert sich auch für extraterrestrische Wetteraktivitäten.

Kommentare

Bild des Benutzers Shrike

Ach Judith, bin ich froh, dass wir Sie haben. Jemand der sich mit dem Weißbier und - in diesem Fall - dem Mars gleich gut auskennt. Danke für die Tipps. Wie immer schön und gut verständlich rübergebracht.
Da lob ich mir doch die Münchner Biergärten (obwohl auch das World`s End auf der Royal Mile wirklich sehr gemütlich war) und freue mich übers Wetter auf dem Mars - so lange ich es nicht ertragen muss.

Bild des Benutzers Elisabeth Bösl

Preisfrage: Wie müsste Bierschaum beschaffen sein, um auch auf dem Mars eine schöne Krone zu bilden?

Bild des Benutzers Shrike

Man müsste sich halt vom formschönen Weißbierglas verabschieden.
Ich glaube, bei Linde gibts Druckbehälter für ziemlich kalte Stoffe. Da könnte man vielleicht eine neue Serie auflegen lassen:
Marsdruckweißbierglaszylinder
Könnte man dann Andy nennen die erste Serie - oder Judith für die Lady-Edition.
Und dann gaaaanz schnell trinken, bevor der Schaum wieder zusammenfällt.

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