28. August 2015 4 Likes 1

Little Miss Zombie

Arnold macht Ernst: „Maggie“ ist ein Festival der schlechten Laune

Lesezeit: 3 min.

Arnold Schwarzeneggers Kino-Comeback ist eine komische Sache. Das Ausscheiden aus dem politischen Dienst und der darauf folgende Wiedereinstieg ins Filmbusiness brachten keine wirkliche Renaissance des steirischen Leinwand-Riesen, sondern vielmehr eine prolongierte Fortsetzung des langsamen Abstiegs in die Bedeutungslosigkeit. Was sich bereits vor Arnolds „Gouvernator“-Phase mit kommerziellen und qualitativen Enttäuschungen wie The Sixth Day (2000) oder Collateral Damage (2002) abzeichnete, wird seit 2012 immer deutlicher: Den ehemals größten Filmstar der Welt will niemand mehr wirklich sehen. Ob viereckige Neo-Western wie The Last Stand (2013), uninspirierte Actionmassenware wie Sabotage (2014) oder Revival ikonischer 80er-Jahre-Genremeilensteine wie Terminator Genysis (2015) – nichts von alledem entfachte wirklich Flächenbrände der Begeisterung in den globalen Kinosälen. Gleichzeitig bringt diese äußerst erratische Phase im Spätwerk des ehemaligen Bodybuilding-Weltmeisters nun mit Maggie eine seiner interessantesten Arbeiten hervor – ebenfalls kein Meisterwerk, aber auf jeden Fall mehr als nur einen Blick wert.

Schwarzenegger ist Wade Vogel, hemdsärmeliger Farmer im Mittleren Westen der USA, der sich nach dem landesweiten Ausbruch einer viralen Zombie-Apokalypse der grausamen Situation stellen muss, seine eigene Tochter an die Untoten zu verlieren. Nach einer blutigen Attacke bleibt der Teenagerin nicht mehr viel Zeit als menschliches Wesen; die Notstandsgesetze verlangen eine Unterbringung der Infizierten in KZ-ähnlichen Quarantäneeinrichtungen ab einem bestimmten Stadium der Zombifizierung. Doch das macht Wade nicht mit; er ist entschlossen, seinem Kind bis zum bitteren Ende beizustehen. Und mehr passiert eigentlich auch gar nicht; Regisseur Henry Hobson ist in seinem Kinodebüt darauf bedacht, das Subgenre der Untoten-Apokalypse lediglich als Hintergrund für sein sensibles Vater-Tochter-Drama zu verwenden.

Dabei gehen leider oft sämtliche Gäule des Arthouse-Kinos mit ihm durch, wenn er sich etwas zu deutlich an der Bildsprache arrivierter Filmautoren wie Malick, Jarmusch oder Wenders orientiert und seinem tonalen The Walking Dead-Pastiche ziemlich unbeholfen die viel zu große Jacke von Days of Heaven überzustülpen versucht. Das bekommt dem Ganzen nicht unbedingt, zu manieriert und selbstverliebt wirkt Maggie in diesen Momenten, oder um es mit Paul Schrader zu sagen: zu wenig transzendental. Schade eigentlich, denn kurioserweise hat Hobson gerade mit seinem Hauptdarsteller, dem oft verlachten und zu Tode ironisierten Arnold Schwarzenegger einen echten Trumpf in der Hand. Der immanente Stoizismus und die immer latent vorhandene Tapsigkeit des Österreichers passen zu diesem Part wie Steroide in die Muckibude, und mit einer derart subtil dargestellten Erdschwere und existenziellen Traurigkeit hätte wohl niemand gerechnet.

Ein Glück, dass die Rolle der sich langsam verwandelnden Teenagerin kongenial besetzt wurde. Mit Little Miss Sunhine-Nachwuchsstar Abigail Breslin gestaltet Schwarzenegger leise Szenen der Verzweiflung im Angesicht des bevorstehenden Abschiednehmens, die wirklich berühren. Und da diese Dynamik so gut funktioniert, ist auch die intendierte Allegorie ein durchschlagender Erfolg: das Zombie-Virus als Apotheose aller tödlichen Krankheiten, die ein langsames Abschiednehmen erzwingen, das Mädchen als Prototyp aller jungen Menschen, die vor ihrer Zeit gehen müssen. Im Vordergrund stehen die doppelten Ängste, Unsicherheiten und Ungerechtigkeiten des Teenagerdaseins sowie der letalen Erkrankung; der Horror-Spin dient lediglich als externalisierte, ganz körperhafte Materialisierung des internalisierten Grauens.

Harter Tobak – und tatsächlich erinnert Maggie in seiner Zurschaustellung des hoffnungslosen Elends oft an John Hillcoats dunkelgraue McCarthy-Verfilmung The Road (2009), was nicht unbedingt schlecht sein muss. Es sei nur jeder gewarnt, der hier gepflegtes Zombie-Entertainment sucht, denn damit kann Maggie nicht dienen. Das hier ist wirklich as grim as it gets, schlechte Laune auf allen Kanälen, und wenn ausnahmsweise doch mal einer lacht, wird das sofort bestraft. Als Genre-Eintrag interessant, als Regiearbeit etwas überambitioniert, als Schauspieler-Kino sehr sehenswert – ein krudes Stück Kino, das man im Rahmen des Arnold-Comebacks so nicht erwartet hätte. Allein schon deshalb ist Maggie wirklich allen zu empfehlen, denen die ungeschönte Darstellung menschlichen Elends nicht komplett den Tag versaut. Und die Lust haben, den Terminator mal eine kleine Träne verdrücken zu sehen.   

Maggie ist seit dem 28.8. bei uns auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Maggie (USA 2015) • Regie: Henry Hobson • Darsteller: Arnold Schwarzenegger, Abigail Breslin, Joely Richardson

Kommentare

Bild des Benutzers Sebastian Pirling

Eine sehr schöne Besprechung. Werde den Film wohl nicht sehen, aber es beruhigt mich doch ein wenig, dass ich - wenn ich wollte - einen eher stillen, allegorischen Schwarzenegger-Film sehen könnte.

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