16. November 2015 3 Likes

Eine bessere Welt?

Statt einer Kolumne: „Die bessere Welt“ erzählt davon, warum es manchmal sehr traurig ist, auf der Erde zu leben

Lesezeit: 13 min.

Wir leben auf einem Planeten, auf dem der Terror Alltag geworden ist. Wir leben auf einem Planeten, auf dem Menschen, die dieses Leben einfach nur genießen wollen, im Namen eines Gottes ermordet werden. Die Ereignisse von Paris vom vergangenen Freitag können niemanden unberührt lassen. Anstatt einer Kolumne finden Sie in dieser Woche hier die Kurzgeschichte „Die bessere Welt“ von Harlan Ellison.

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Harlan Ellison
Die bessere Welt
 

Zwei hagere Beamte der California Highway Patrol nahmen Willis Kaw zwischen sich und führten ihn vom Streifenwagen zu der zugedeckten Gestalt mitten auf dem Pacific Coast Highway. Die dunkelbraune Schleifspur, die zwanzig Meter weiter westlich begann, verschwand unter der Decke. Er hörte einen der Umstehenden sagen: »Sie wurde bis hierher geschleudert, ach wie furchtbar«, und er wollte nicht, dass sie ihm seine Tochter zeigten.

Aber er musste sie identifizieren, und der eine Polizist hielt ihn aufrecht, während der andere sich hinkniete und die Decke beiseitezog. Er erkannte den Anhänger aus Jade, den er ihr zum Schulabschluss geschenkt hatte. Er war das Einzige, was er erkannte.

»Es ist Debbie«, sagte er und wandte das Gesicht ab.

Warum geschieht mir das, fragte er sich. Ich bin nicht von hier, ich bin keiner von ihnen. Das hier sollte einem Menschen passieren.

 

»Hast du dir die Spritze gegeben?«

Er sah von der Zeitung auf und musste sie bitten, die Frage zu wiederholen.

»Ich habe dich gefragt«, sagte Estelle sehr leise und mit so viel Freundlichkeit, wie sie noch in sich hatte, »ob du dir dein Insulin gespritzt hast.«

Er lächelte kurz, erkannte ihre Sorge und ihren Versuch, nicht in seine Trauer einzudringen, und sagte, er habe sich seine Spritze gegeben. Seine Frau nickte und sagte: »Na ja, dann gehe ich mal nach oben ins Bett. Kommst du?«

»Noch nicht. Vielleicht in einem Weilchen.«

»Du wirst wieder vor dem Fernseher einschlafen.«

»Mach dir keine Sorgen. Ich komme bald nach.«

Sie blieb noch einen Moment lang stehen und sah ihn an, dann drehte sie sich um und stieg die Treppe hinauf. Er lauschte den Geräuschen des Rituals im oberen Stockwerk – die Toilettenspülung, das Wasser, das durch die Rohre zum Waschbecken lief, das Quietschen der Wäscheschranktür, die Bettfedern, die nachgaben, als sie sich für die Nacht zur Ruhe legte. Und dann schaltete er den Fernseher an, Kanal 30, einer der leeren Kanäle, und drehte den Ton herunter, sodass er das Geräusch des koaxialen »Schnees« nicht hören musste.

Er saß mehrere Stunden lang vor dem Fernseher, seine linke Hand flach auf der Bildröhre, und hoffte, dass das tastende Muster des Elektronenbombardements durch das durchsichtig gewordene Fleisch die Form von außerirdischen Knochen preisgeben würde.

 

Mitten in der Woche hatte er Harvey Rothammer gefragt, ob er am Donnerstag freibekommen könne, damit er zum Krankenhaus in Fontana hinausfahren konnte, um seinen Sohn zu besuchen. Rothammer war darüber nicht besonders erfreut, aber er brachte es nicht übers Herz, es ihm abzuschlagen. Kaw hatte seine Tochter verloren, und sein Sohn war noch immer zu fünfundneunzig Prozent außer Gefecht, und lag, praktisch ohne Hoffnung, jemals wieder laufen zu können, in einem Krankenhausbett. Also sagte er Willis Kaw, er könne den Tag freinehmen, aber er solle nicht vergessen, dass es beinahe April sei und damit für eine Firma amtlich zugelassener Buch- und Rechnungsprüfer Hochsaison. Willis Kaw erwiderte, dass er es wisse. Dreißig Kilometer östlich von San Dimas hatte er eine Autopanne, und so saß er in der erdrückenden Hitze hinter dem Steuer, starrte auf die Wüste hinaus und versuchte sich zu erinnern, wie die Oberfläche seines Heimatplaneten aussah.

Sein Sohn, Gilvan, war im vorigen Sommer zu Freunden nach New Jersey in den Urlaub gefahren. Die Freunde hatten einen Pool im Garten aufgestellt. Gil hatte einen Kopfsprung gemacht, war auf dem Boden aufgeschlagen und hatte sich das Rückgrat gebrochen.

Glücklicherweise hatten sie ihn herausgezogen, bevor er ertrinken konnte, aber er war von der Taille abwärts gelähmt. Er konnte seine Arme bewegen, nicht aber seine Hände. Willis war an die Ostküste gefahren, hatte dafür gesorgt, dass Gil nach Kalifornien zurückgeflogen wurde, und nun lag sein Sohn in einem Bett in Fontana.

Er konnte sich nur an die Farbe des Himmels erinnern. Er war leuchtend grün, wunderschön. Und Dinge, die keine Vögel waren, die eher glitten als flogen. An mehr konnte er sich nicht erinnern.

Das Auto wurde nach San Dimas zurückgeschleppt, aber die Werkstatt musste die notwendigen Ersatzteile erst in Los Angeles bestellen. Er ließ das Auto dort und nahm den Bus nach Hause. In jener Woche besuchte er Gil nicht. Die Rechnung für die Reparatur belief sich auf zweihundertsechsundachtzig Dollar und fünfundvierzig Cent.

 

In diesem März endete die elfmonatige Dürreperiode in Südkalifornien. Eine Woche lang donnerte der Regen ohne Unterlass herab, nicht so stark wie in Brasilien, wo die Tropfen so groß und so dicht beieinander fallen, dass man schon von Menschen gehört hat, die erstickt sind, während sie draußen im Wolkenbruch herumliefen. Aber es regnete immerhin so heftig, dass das Hausdach undicht wurde. Willis Kaw und Estelle blieben eine ganze Nacht lang auf und drückten Handtücher an die Fußleisten im Wohnzimmer, aber die Lecks im Dach befanden sich anscheinend nicht über den Außenwänden, sondern eher an niedrigen Stellen irgendwo in der Mitte, sodass das Wasser herunterlief und hindurchsickerte.

Am nächsten Morgen begann Willis Kaw, unerträglich deprimiert, zu weinen. Estelle hörte ihn, als sie gerade die klatschnassen Handtücher in den Trockner steckte, und rannte ins Wohnzimmer. Er saß auf dem nassen Teppich, das Gesicht in den Händen vergraben, die noch immer ein nasses Badehandtuch hielten. Der Schimmelgeruch war allgegenwärtig. Sie kniete sich neben ihn, nahm seinen Kopf in ihre Hände und küsste ihn auf die Stirn. Es dauerte sehr lange, bevor er aufhörte zu weinen, und dann brannten seine Augen.

»Da, wo ich herkomme, regnet es nur abends«, sagte er zu ihr. Aber sie wusste nicht, was er meinte.

Als sie es später begriff, ging sie spazieren und versuchte zu entscheiden, ob sie ihrem Mann helfen konnte.

 

Er fuhr an den Strand, parkte auf dem Seitenstreifen kurz hinter der Old Malibu Road, schloss das Auto ab und trottete die Böschung zum Ufer hinab. Eine Stunde lang lief er über den Sand, hob Stückchen von milchigem Glas auf, die der Pazifik glattgeschliffen hatte, und schließlich legte er sich auf den Hang einer kleinen, unkrautbewachsenen Düne und schlief ein.

Er träumte von seiner Heimatwelt, und es gelang ihm – vielleicht, weil die Sonne hoch stand und der Ozean unaufhörlich Geräusche machte –, sich einen Großteil jener Welt zu vergegenwärtigen. Der leuchtend grüne Himmel, die Gleiter, die an ihm herabschossen und wieder aufstiegen, die Staubpartikel aus blassgelbem Licht, die aufflammten und hinaufschwebten und in der Ferne entschwanden. Er nahm sich in seinem wirklichen Körper wahr, der Rhythmus vieler Beine, die sich im Einklang bewegten und ihn über die Nebelsande trugen, der Geruch von weinenden Blumen in seinem Geist. Er wusste, dass er in jener Welt geboren, dass er dort aufgezogen worden war, dort erwachsen wurde, und dann …

Fortgeschickt.

In seinem menschlichen Gehirn wusste Willis Kaw, dass man ihn fortgeschickt hatte, weil er etwas Schlimmes getan hatte. Er wusste, dass er zu diesem Planeten, dieser Erde verurteilt worden war, vielleicht, weil er ein Verbrechen begangen hatte. Doch er konnte sich nicht erinnern, was es gewesen sein könnte, und im Traum konnte er keine Schuld empfinden.

Aber als er erwachte, kehrte seine Menschlichkeit zurück und durchflutete ihn, und er empfand Schuld. Und er sehnte sich danach, wieder dort draußen zu sein, wo er hingehörte, anstatt in diesem schrecklichen Körper gefangen.

 

»Ich wollte nicht zu Ihnen kommen«, sagte Willis Kaw. »Ich halte das für Unsinn. Als gäbe ich durch mein Kommen zu, dass es Grund zum Zweifeln gibt, und ich zweifele nicht. Also …«

Der Psychiater lächelte und rührte den Kakao in seinem Becher um. »Also … sind Sie gekommen, weil Ihre Frau darauf bestand.«

»Ja.« Er starrte auf seine Schuhe. Es waren braune Schuhe, die er seit drei Jahren besaß. Sie hatten ihm nie richtig gepasst, sie drückten, und beide großen Zehen fühlten sich an, als ob sie von einer Messerklinge nach unten gedrückt wurden, einer stumpfen Klinge.

Der Psychiater legte den Löffel vorsichtig auf ein Taschentuch und nippte an seinem Kakao. »Sehen Sie, Mr. Kaw, ich bin für Vorschläge offen. Sie möchten nicht hier sein, und ich möchte nicht, dass Sie hier sind, wenn es Ihnen nicht hilft. Und«, fügte er rasch hinzu, »mit ›helfen‹ meine ich nicht, dass ich Sie zu irgendeiner Weltanschauung überreden will, irgendeinem Glaubenssystem, das Sie ablehnen. Ich bin nicht vollkommen überzeugt von Freud oder Werner Erhard oder von Scientology oder irgendeiner anderen Lehre, dass es so etwas wie ›Realität‹ gibt. Eine kodifizierte Realität. Etwas Gegebenes, Unveränderliches, eine Konstante. Solange das, was jemand glaubt, ihn nicht ins Irrenhaus oder ins Gefängnis bringt, gibt es keinen Grund, warum es weniger akzeptabel sein sollte als das, was wir, äh, normalen Leute als Realität betrachten. Wenn es Sie glücklich macht, glauben Sie es. Was ich gerne tun möchte, ist zu hören, was Sie zu sagen haben, es möglicherweise ein wenig kommentieren und dann sehen, ob Ihre Realität mit der Realität normaler Menschen kompatibel ist. Was halten Sie davon?«

Willis versuchte, sein Lächeln zu erwidern. »Das klingt gut. Ich bin ein wenig nervös.«

»Nun, versuchen Sie, es nicht zu sein. Für mich sagt sich das leicht, und Sie können es nur schwer umsetzen, aber ich möchte Ihnen nichts Böses, und ich bin wirklich sehr interessiert.«

Willis setzte beide Füße auf den Boden und stand auf. »Ist es in Ordnung, wenn ich einfach ein bisschen umhergehe? Das würde mir, glaube ich, helfen.« Der Psychiater nickte, lächelte und deutete auf seinen Kakao. Willis Kaw schüttelte den Kopf. Er ging auf und ab und sagte schließlich: »Ich gehöre nicht in diesen Körper. Ich bin zu diesem Leben als menschliches Wesen verurteilt, und es bringt mich um.«

Der Psychiater bat ihn, dies näher auszuführen.

Willis Kaw war ein kleiner Mann mit schütterem braunem Haar und schlechten Augen. Er hatte schwache Beine und brauchte andauernd ein Taschentuch. Sein Gesicht war voller Sorgen- und Trauerfalten. Das alles erzählte er dem Psychiater. Dann sagte er: »Ich glaube, dieser Planet ist ein Ort, an den schlechte Leute geschickt werden, um für ihre Verbrechen zu büßen. Ich glaube, dass wir alle von anderen Welten stammen, von anderen Planeten, auf denen wir etwas falsch gemacht haben. Diese Erde ist ein Gefängnis, und wir werden hierhergeschickt, um in diesen schrecklichen Körpern zu leben, die sich abnutzen und schlecht riechen und verfallen und sterben. Und das ist unsere Strafe.«

»Aber warum bemerken nur Sie diesen Zustand und sonst niemand?« Der Psychiater hatte seinen Kakao zur Seite gestellt, und er wurde kalt.

»Offenbar hat man mich in einen defekten Körper gesteckt«, sagte Willis Kaw. »Ein wenig Schmerz zusätzlich, da ich weiß, dass ich ein Außerirdischer bin, dass ich eine Gefängnisstrafe absitze für etwas, das ich getan habe, etwas, woran ich mich nicht erinnern kann – aber es muss etwas Furchtbares gewesen sein, dass man mich zu so etwas verurteilt hat.«

»Haben Sie jemals Franz Kafka gelesen, Mr. Kaw?«

»Nein.«

»Er hat Bücher über Menschen geschrieben, die vor Gericht standen, ohne zu wissen, was sie verbrochen hatten. Menschen, die Sünden begangen hatten, derer sie sich nicht bewusst waren.«

»Ja, so empfinde ich. Vielleicht empfand Kafka so, vielleicht hatte er auch einen defekten Körper.«

»Was Sie empfinden, ist gar nicht so ungewöhnlich, Mr. Kaw«, sagte der Psychiater. »Heutzutage gibt es viele Menschen, die mit ihren Leben unzufrieden sind, die – vielleicht zu spät – herausfinden, dass sie transsexuell sind, dass sie ihr Leben als etwas anderes hätten leben sollen, als Mann, als Frau …«

»Nein, nein! Das meine ich nicht. Ich bin kein Kandidat für eine Geschlechtsumwandlung. Ich sage Ihnen, ich komme aus einer Welt mit einem grünen Himmel, mit Nebelsand und Lichtpartikeln, die aufflammen und dann davonschweben … Ich habe viele Beine und Häute zwischen Extremitäten, die keine Finger sind …« Er hielt inne und sah beschämt drein. Dann setzte er sich hin und sprach sehr leise. »Hören Sie, Doktor, mein Leben ist wie jedes andere Leben. Ich bin oft krank, ich habe Rechnungen, die ich nicht bezahlen kann, meine Tochter wurde von einem Auto überfahren und starb, und ich kann es nicht ertragen, daran zu denken. Mein Sohn wurde in der Blüte seines Lebens niedergestreckt und wird für immer ein Krüppel sein. Meine Frau und ich reden nicht viel, wir lieben uns nicht – wenn wir es denn je getan haben. Ich bin nicht besser und nicht schlechter als irgendjemand sonst auf diesem Planeten, und genau das meine ich: der Schmerz, der Kummer, das Leben in Furcht. Furcht vor jedem Tag. Hoffnungslosigkeit. Leere. Ist das das Beste, was man bekommen kann, dieses schreckliche Leben hier als ein menschliches Wesen? Ich sage Ihnen, es gibt bessere Orte, andere Welten, wo die Folter des menschlichen Daseins nicht existiert.«

Es wurde langsam dunkel im Büro des Psychiaters. Willis Kaws Frau hatte den Termin in letzter Minute gemacht, und der Doktor hatte den kleinen Mann mit dem schütteren braunen Haar anstelle eines Patienten, der abgesagt hatte, angenommen, gegen Ende des Tages.

»Mr. Kaw«, sagte der Psychiater. »Ich habe alles gehört, was Sie gesagt haben, und ich möchte, dass Sie wissen, dass ich tiefen Anteil an Ihren Ängsten nehme.« Willis Kaw war erleichtert. Endlich hatte er das Gefühl, dass jemand ihm vielleicht helfen konnte. Wenn man ihm schon nicht dieses schreckliche Wissen und diese Last nehmen konnte, dann konnte man ihm wenigstens sagen, dass er nicht alleine war. »Und wenn ich ehrlich bin, Mr. Kaw«, fuhr der Psychiater fort, »glaube ich, dass Sie ein Mann mit einem sehr ernsthaftem Problem sind. Sie sind ein kranker Mann und brauchen intensive psychiatrische Hilfe. Wenn Sie möchten, werde ich mit Ihrer Frau sprechen, aber wenn Sie meinen Rat annehmen, dann lassen Sie sich in eine entsprechende Institution einweisen, bevor dieses Leiden …«

Willis Kaw schloss die Augen.

 

Er zog das Garagentor fest zu und verstopfte die Schlitze mit Lumpen. Er fand keinen Schlauch, der lang genug gewesen wäre, um vom Auspuff ins Auto zu führen, also öffnete er einfach alle Autofenster und ließ den Motor an. Er setzte sich auf den Rücksitz und versuchte, Dickens’ Dombey und Sohn zu lesen, ein Buch, von dem Gil einmal gesagt hatte, dass es ihm gefallen würde.

Aber er konnte sich nicht auf die Geschichte konzentrieren, auf die elegante Sprache, und nach einer Weile ließ er den Kopf nach hinten sinken und versuchte zu schlafen, von der anderen Welt zu träumen, die ihm geraubt worden war, von der Welt, die er, wie er wusste, niemals wiedersehen würde. Endlich nahm der Schlaf ihn mit sich fort, und er starb.

Die Beerdigung fand in Forest Lawn statt, und nur wenige Leute kamen. Es war ein Wochentag. Estelle weinte, und Harvey Rothammer hielt sie und sagte ihr, dass alles gut war. Aber über ihre Schulter hinweg sah er auf seine Uhr, denn es war schon fast April.

Und Willis Kaw wurde hinabgelassen in die warme Erde, und die Erde eines fremden Planeten wurde auf ihn gehäuft von einem Chicano mit drei Kindern, der nachts als Tellerwäscher in einer Bar arbeiten musste, weil er sonst die Raten für seine sechsteilige Couchgarnitur nicht bezahlen konnte.

 

Der vielbeinige Konsul begrüßte Willis Kaw, als er zurückkehrte. Er drehte sich um, sah zu dem Konsul auf und erblickte den leuchtend grünen Himmel über ihm.

»Willkommen zu Hause, Plydo«, sagte der Konsul. Er wirkte sehr traurig.

Plydo, der in einer weit entfernten Welt Willis Kaw gewesen war, stand auf und sah sich um. Heimat.

Aber er konnte nicht schweigen und den Moment genießen. Er musste es wissen. »Konsul, bitte … sagen Sie mir … was habe ich getan, das so furchtbar war?«

»Furchtbar?« Der Konsul schien bestürzt. »Wir schulden Euch nichts als Respekt, Euer Gnaden. Euer Name wird über alle Maße geschätzt.« In seiner Stimme lag tiefe Ehrfurcht.

»Warum war ich dann dazu verdammt, in Qualen in jener anderen Welt zu leben? Warum wurde ich fortgeschickt, um in Folter zu leben?«

Der Konsul schüttelte seinen haarigen Kopf, und seine Mähne wallte in der warmen Brise. »Nein, Euer Gnaden, nein! Qual ist, was wir erleiden. Folter ist alles, was wir kennen. Nur wenige, nur einige wenige besonders verehrte und geliebte Geschöpfe unter den Völkern des Universums können in jene Welt gehen. Ihr seid noch desorientiert. Es wird Euch alles wieder einfallen. Ihr werdet Euch erinnern. Und Ihr werdet verstehen.«

Und Plydo, der in einem besseren Teil seines beinahe ewigen Lebens voller Schmerzen Willis Kaw gewesen war, erinnerte sich. Mit der Zeit erinnerte er sich an all die Ewigkeiten der Trauer, die in ihm geboren worden waren, und er wusste, dass man ihm das einzige Geschenk der Freude gemacht hatte, das den Völkern, die in fernen Galaxien leben, vergönnt ist. Das Geschenk von ein paar kostbaren Jahren auf einer Welt, in der der Schmerz so viel weniger war als der, der überall sonst erlitten wurde.

Er erinnerte sich an den Regen und den Schlaf, an das Gefühl von Sand unter seinen Füßen, an den Ozean, der heranrollte und sein ewiges Lied flüsterte, und in ebensolchen Nächten, wie er sie auf der Erde gehasst hatte, träumte er, wenn er schlief, gute Träume – vom Leben als Willis Kaw, vom Leben auf dem Planeten der Freude.

 

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