18. Januar 2016 1 Likes

Zu den Blastern!

„Star Wars: Battlefront“ führt uns tiefer ins Star-Wars-Universum als alle Franchise-Games zuvor

Lesezeit: 6 min.

Grüne und rote Lichtblitze zischen an unserem Kopf vorbei, während wir an der Seite weiterer Stormtrooper über die gefrorenen Hügel der Eiswüste von Hoth auf die feindliche Basis zusprinten, ständig auf der Hut vor Rebellen, die hinter dem nächsten Felsen einen Hinterhalt vorbereitet haben könnten.

Hinter uns hört man das dumpfe Stampfen eines AT-AT, der sich langsam auf das Missionsziel, ein feindliches Transportschiff am Boden, zubewegt und die gegnerische Artillerie unter Beschuss nimmt.

Während wir versuchen, dem Blasterfeuer und Granaten auszuweichen, kracht ein abgeschossener TIE-Fighters in den Schützengraben rechts neben uns.

Mit einigen anderen Einheiten stürmen wir den Hangar der Rebellen-Basis und versuchen, den nächsten Kontrollpunkt einzunehmen, als plötzlich Han Solo vor uns steht und uns, ehe man überhaupt reagieren könnte, über den Haufen schießt.

Schon wieder.

Der lang ersehnte Spiele-Blockbuster Star Wars: Battlefront ist am 19. November erschienen und hat – wohl nicht zuletzt im Zuge des globalen Star Wars-Hypes um die am 17. Dezember im Kino angelaufene Fortsetzung der Sternen-Saga – laut dem Publisher Electronic Arts nicht nur den größten digitalen Verkaufsstart des Konzerns, sondern auch den größten Verkaufsstart aller je auf dem Markt erschienenen Star Wars-Spiele hingelegt (genaue Zahlen wollte EA bislang noch nicht nennen). So groß waren die Erwartungen der ohnehin schon aufgeputschten Fan-Gemeinde und zugegebenermaßen, Star Wars: Battlefront sieht großartig aus und hält was es verspricht – naja, zumindest teilweise.

Das Entwicklerstudio Dice, vor allem bekannt für seine erfolgreiche Battlefield-Reihe, hat es jedenfalls geschafft, seinem neuesten Titel eine wahrhaft überzeugende Star Wars-Atmosphäre einzuhauchen. Kein Star Wars-Spiel zuvor hat es fertiggebracht, die Schlachten aus der klassischen Filmtrilogie so authentisch zu inszenieren. Es fühlt sich an, als sei man in den Film geschlüpft. Ob auf der Seite der Rebellen oder auf der Seite des Imperiums, im Cockpit eines X-Wing-Fighters oder am Steuer eines AT-ST-Walkers, als einfacher Soldat oder in der Rolle Darth Vaders höchstpersönlich, dem Spieler wird die Möglichkeit geboten, in den Krieg der Sterne derart einzutauchen, dass man meinen könnte, man wäre ein Komparse am Filmset.


Star Wars: Battlefront / Bild © EA Games, Dice, LucasFilm

Schön, denkt man sich, da könnte man doch auch gleich noch einzelne Ausschnitte der originalen Filme virtuell reinszinieren, um etwa Prinzessin Leia aus den Fängen des Imperators zu retten, in der Schlacht von Yavin an den Angriffen auf den Todesstern teilzunehmen oder auch einzelne Missionen aus den früheren Klonkriegen nachzuspielen. Nun, dies ist leider zumindest vorerst nicht möglich. Nicht nur, dass das Spiel zwar im Zeitraum der klassischen Filmtriologie angesiedelt ist, jedoch keinerlei Story-Missionen anbietet. Im Vergleich zu seinen Titelvorgängern, welche gleich zu Beginn mit einer Vielzahl an Karten und Spielmodi aufwarten konnten, fällt die Missions- und Kartenvielfalt beim neuen Star Wars: Battlefront eher mau aus. Ganze vier verschiedenen Planeten aus dem Star Wars-Universum und neun verschiedene Missionstypen wie etwa „Vorherrschaft“, „Helden vs. Schurken“, „Kampfläufer-Angriff“ oder auch „Droidenalarm“ stehen dem Spieler zur Verfügung, für den stolzen Preis von sechzig Euro eine recht überschaubare Vielfalt. Zwar hat EA bereits angekündigt, weitere sowohl kostenlose als auch kostenpflichtige DLCs zu veröffentlichen, welche das Missions- als auch Kartenangebot erweitern sollen, doch fraglich bleibt, ob das Spiel in Zukunft auch Story-Missionen enthalten wird.

Denn als reiner Multiplayer-Shooter bleibt der Titel auf die Dauer eintönig. Zwar bieten die verschiedenen Spielmodi, in denen bis zu vierzig Spieler in zwei Teams gegeneinander antreten können, durchaus Abwechslung, was jedoch fehlt ist eine gewisse Spieltiefe. Viele Fans hatten, nachdem bekannt wurde, dass sich das Dice-Team der Entwicklung annehmen würde, gehofft, dass das Spiel eine Art Battlefield im Star Wars-Stil werden könnte, sprich ein Shooter, der auch taktische Elemente wie etwa das aus Battlefield 4 bekannte Squad-System, verschiedene Soldatenklassen und eine Vielzahl von am Startbereich jedes Teams spawnenden Fahrzeugen bietet.


Star Wars: Battlefront / Bild © EA Games, Dice, LucasFilm

All das hätte zu einem Spiel beigetragen, dass an Genrenähe und taktischen Möglichkeiten kaum zu überbieten gewesen wäre. Star Wars: Battlefront spielt sich allerdings eher wie Call of Duty: die Kulissen sind bombastisch, die Atmosphäre ist überzeugend, aber nach der zehnten Runde langweilt die Ballerei allmählich. Fahrzeuge, seien es Raumjäger oder imperiale Bodenfahrgefährte, lassen sich nur durch sogenannte Power-Ups aktivieren, die als schwebende Symbole auf der Karte verteilt sind. Bei den für eine begrenzte Zeit in einer Runde spielbaren Helden wie Darth Vader, Prinzessin Leia, dem Imperator, Boba Fett und Luke Skywalker, mag dies zwecks der fairen Chance für alle Spieler, einmal in deren Rollen zu schlüpfen, noch sinnvoll erscheinen. Aber dass Fähigkeiten wie Jet-Packs, Scharfschützen-Gewehre oder andere spezielle Waffentypen – ähnlich wie in Titanfall – nur mit virtuellen Spielkarten freigeschaltet werden können und einer Abkühlphase nach jedem Einsatz bedürfen, wird auf die Dauer doch lästig. Selbst die festgelegten Ausweichemanöver der Raumjäger stehen nach Ausführung erst nach einer kurzen Aufladezeit wieder zur Verfügung. Ein Umstand, der die Überlebenszeit etwa im „Jägerstaffel“-Spielmodus, der ausschließlich im Luftraum über den bekannten Karten (und leider bislang nicht im Weltraum) stattfindet, drastisch verkürzen kann. Tiefgreifendes oder zumindest taktisch ausgefeiltes Gameplay à la Battlefield? Fehlanzeige.


Star Wars: Battlefront / Bild © EA Games, Dice, LucasFilm

Zudem störten sich einige Spieler sehr daran, dass bei der Charakterindividualisierung zwar sowohl auf Rebellen- als auch auf Sturmtruppenseite zahlreiche Gesichtsmodelle – welcher Stormtrooper läuft eigentlich ohne Helm ins Feld? – angeboten werden, jedoch das Angebot an verschiedenen Rüstungen der jeweiligen Fraktion eher gering bleibt – vergebens sucht man etwa nach der Montur der imperialen Flotten-Truppe, der Sandtruppen, der persönlichen Leibgarde des Imperators oder ähnlichem. Wenn zumindest schon auf Rebellen-Seite einige wenige Alien-Soldaten als alternatives Erscheinungsbild angeboten werden, so dürfte man auch auf imperialer Seite mehr erwarten als das vereinzelte Abbild eines Shock- oder Stealthtroopers – anstatt über vierzig verschiedener helmloser Gestalten, welche zudem die gleichen  Gesichter tragen wie ihre rebellischen Pendants. Auch an dieser Stelle hätte so einiges besser gemacht werden können.

Nichtsdestotrotz handelt es sich hierbei um Kritik auf  hohem Niveau. Auch wenn bei Star Wars: Battlefront viel Luft nach oben bleibt und manche Möglichkeiten bislang verschenkt wurden, so braucht es sich dennoch nicht hinter anderen, bereits existierenden Star Wars-Spielen zu verstecken. Wenn es etwa den Rebellen gelingt, nach einem aussichtslosen Kampf in letzter Sekunde doch noch den riesigen AT-AT zu bezwingen, wir als Darth Vader mit gezügtem Lichtschwert das feindliche Blasterfeuer zurück auf die Gegner lenken oder im legendären X-Wing-Jäger an der Seite des Millenium-Falken durch eine bombastische Wüstenschlucht brausen und einen TIE-Fighter nach dem anderen vom Himmel holen, dann geht jedem eingefleischten Star Wars-Fan unweigerlich das Herz auf, zumal Star Wars: Battlefront dank der Frostbite-Engine über eine fantastische Grafik verfügt, wodurch die Gefechte der Sternensage so realistisch wie nie zuvor erscheinen. Mit der passenden Hintergrundmusik und gelegentlichen anzutreffenden Easter-Eggs (man denke an einen Stormtrooper, der sich an einem Stahlträger den Kopf stößt) taugt das Spiel allemal, um die Fans auf den Film Star Wars: Episode VII – Das Erwachen der Macht einzustimmen und sie von dort auch wieder abzuholen. Es bleibt nur zu hoffen, dass Dice und EA es nicht versäumen, den einen oder anderen Mangel zu beheben und aus dem Potenzial des Titels durch kommende – und hoffentlich nicht überteuerte – Erweiterungen wie zum Beispiel „Die Schlacht um Jakku“ mehr herauszuholen.

Star Wars: Battlefront ∙ EA Games ∙ Shooter ∙ PC, Xbox One, Playstation 4 ∙ ab 58,99 €

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