22. Februar 2016 2 Likes

Wie landet man eine Schuhschachtel?

NASA und ESA wollen 2022 mit zwei Raumsonden einen Asteroiden aus der Bahn bringen

Lesezeit: 3 min.

Philae und Rosetta werden sich demnächst von uns verabschieden, aber die ESA ist noch lange nicht mit dem Thema Kometen und Asteroiden durch. Die Europäische Raumfahrtagentur plant, einen weiteren Lander zu einem Asteroiden zu schicken, genauer zu 65083 Didymos (1996 GT), und sich damit an einer internationalen Mission, der Asteroid Impact & Deflection Assessment (AIDA), beteiligen. Mit AIDA haben sich NASA, JHU/APL, DLR, OCA und ESA einiges vorgenommen: Die Mission soll unter anderem zeigen, dass wir in der Lage sind, die Flugbahn eines Asteroiden zu verändern, um die Erde im Notfall vor einem katastrophalen Einschlag schützen zu können. Didymos nähert sich im Oktober 2022 der Erde erneut und ist daher ein optimales Ziel für diesen Versuch. Aber Didymos, dessen Name übersetzt „Zwilling“ bedeutet, bietet sich auch aus einem anderen Grund an: Der Asteroid hat einen kleinen „Mond“, der den Spitznamen Didymoon bekommen hat. Er umkreist den größeren der beiden Himmelskörper in einem Abstand von rund 1,2 Kilometern alle zwölf Stunden. Didymoon hat einen Durchmesser von rund 170 Metern und in etwa dieselbe Größe wie die große Pyramide von Gizeh. Seine Umlaufbahn und -periode soll messbar verändert werden.

Dazu wollen NASA und ESA zwei voneinander unabhängige Sonden zu Didymos schicken: DART (Double Asteroid Redirection Test) soll, kontrolliert vom John Hopkins‘ Applied Physics Laboratory (JHU/APL), die Kursveränderung Didymoons vornehmen, indem sie mit rund 6 Kilometern pro Sekunde einschlägt. Es wäre das erste Mal, dass Menschen die Bahn eines Himmelskörpers verändern. Die Asteroid Impact Mission (AIM) der ESA soll einen etwa mikrowellengroßen Lander, der DART mit Messungen unterstützt, auf der anderen Seite von Didymoon landen.

Dieser Lander heißt Mobile Asteroid Surface Scout-2, kurz Mascot-2, und wird vom DLR derzeit entwickelt. Sein Namensvetter Mascot-1 befindet sich an Bord der japanischen Hayabusa-2-Sonde und wird 2018 den Asteroiden (162173) Ryugu erreichen. Mascot-2 würde eine Weitwinkelkamera und ein Radiometer an Bord haben, um die Asteroidenoberfläche genau unter die Lupe nehmen zu können. Zusätzlich hätte Mascot-2 ein Niederfrequenzradar an Bord, um ins Innere des Asteroiden zu blicken. Diese Signale würde AIM von der anderen Asteroidenseite empfangen und auswerten. Den Einschlag der DART-Sonde könnte Mascot-2 mit einem Accelerometer messen. Anschließend soll AIM die Daten vor und nach dem Einschlag miteinander vergleichen. Die Solarpaneele würden Mascot eine Lebensdauer von rund drei Monaten ermöglichen. Zusätzlich zur Landeeinheit wird AIM noch drei kleine Cubesats, jeder etwa so groß wie ein Schuhkarton, mit zu Didymos nehmen. Zwei davon sollen aus dem Orbit Messungen zu Didymoons Gravitationsfeld und der Staubwolke, die beim Einschlag entstehen wird, anstellen, während ein dritter ebenfalls auf dem „Asteroidenmond“ landen soll, um seismische Messungen vorzunehmen.

Die beiden Missionen von NASA und ESA sind zeitlich aufeinander abgestimmt, haben jedoch auch individuelle Missionsziele. Sollte also eines der beiden Raumfahrzeuge ausfalle oder eine Mission nicht genehmigt werden, kann zumindest ein Teil wie geplant stattfinden. AIM soll im Oktober 2020 starten, 2022 kommt dann DART hinzu. Die Versuchsergebnisse könnten dann unter anderem dazu benutzt werden, um vorhersagen zu können, wie andere Asteroiden auf einen Einschlag reagieren würden, und welche Rolle das Auswurfmaterial, das beim Einschlag vom Asteroiden weggeschleudert wird, bei der Kursveränderung spielt. So soll langfristig eine wirksame Verteidigungsstrategie gegen Asteroiden und Kometen entwickelt werden, die die Erde bedrohen könnten.

Ob die AIM-Mission stattfinden wird, entscheidet sich Ende des Jahres. Auf dem Asteroid Day am 30. Juni – dem Jahrestag des sogenannten Tunguska-Ereignisses von 1908, dem größten bisher gemessenen Asteroideneinschlag auf der Erde – sollen AIM und AIDA näher vorgestellt werden.

Quelle: ESA/AIDA-Mission / Titelbild/Infografik: ESA/Space in Images

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