25. April 2016 1 Likes

Leben im Schatten des Riesen

Die Galileischen Monde, zweiter Teil: Riese Ganymed, Kallistos uralte Schönheit

Lesezeit: 3 min.

In meiner letzten Kolumne habe ich mich auf den Weg zum Jupiter gemacht, um mir seine beachtliche Anzahl an Frauen, Verzeihung, Monden anzusehen. Die vier größten und historisch wichtigsten sind die Galileischen Monde, einst, wie der Name schon sagt, von Galileo Galilei entdeckt. Io und Europa, die beiden kleinen, inneren Galileischen Monde kennen wir nun also schon. Aber wie sieht es mit ihren großen Kollegen weiter draußen aus?

Ganymed, Mond Nummer drei in der illustren Gesellschaft, ist nicht nur der größte des Quartetts, sondern auch gleich der größte Trabant des Sonnensystems. Mit einem Durchmesser von über 5.000 Kilometern stellt er locker Pluto in den Schatten, und auch Merkur ist kleiner. Ganymeds Umlaufbahn resoniert mit denen von Io und Europa, das heißt ihre Umläufe sind genau phasengleich: Während Ganymed Jupiter einmal umkreist, schafft Europa zwei Runden und Io vier. Diese Resonanz trägt auch maßgeblich zu den Gezeiten auf Io und Europa bei, die wir letztes Mal näher beleuchtet haben. Außerdem ist Ganymed der einzige Mond mit einem eigenen Magnetfeld, das jedoch aufgrund des starken Einflusses von Jupiter etwas anders aussieht als unser irdisches: Nur unmittelbar am Äquator biegen sich die Feldlinien zurück zu Ganymeds Oberfläche – alle anderen Feldlinien zeigen zu oder kommen von Jupiter. Dennoch, Magnetfeld ist Magnetfeld, und durch den ständigen Plasmastrom in Jupiters Ringsystem gibt es sogar Partikel, die, ähnlich dem Sonnenwind, bei der Interaktion mit Ganymeds Atmosphäre eine Aurora erzeugen können, die das Hubble-Teleskop festhalten konnte.

Ganymed ist, wie Europa, ein Eismond, jedoch vermutlich mit einem Kern aus Eisen. Neue Modelle suggerieren sogar einen geschichteten Aufbau aus Wasser und Eis – fast wie ein Club-Sandwich, so die NASA. Man vermutet im Inneren eine Schicht Salzwasser über Gestein, was nicht nur eine mögliche Erklärung für Ganymeds Magnetfeld wäre, sondern auch eine Grundlage für potentielles Leben.

Auch Kallisto ist für einen Mond reichlich groß geraten und mit einem Durchmesser von etwa 4.800 Kilometern nur knapp kleiner als Merkur. Sein innerer Aufbau ist vermutlich mit Eis, Salzwasser und Gestein dem von Ganymed nicht unähnlich, jedoch hat Kallisto ein eigenständiges Merkmal: Seine Oberfläche ist mit vier Milliarden Jahren die älteste im Sonnensystem. Vier Milliarden Jahre – das ist beinahe so alt wie das Sonnensystem selbst (plus/minus ein paar hundert Millionen Jahre, das nimmt man in dem Alter wohl nicht mehr so genau). Kallisto ist also das genaue Gegenteil von Io, der ständig sein Innerstes nach außen kehrt – könnte Kallistos Oberfläche sprechen, könnte sie uns Geschichten vom Anbeginn des Sonnensystems erzählen. In all der Zeit hat sie aber natürlich einiges mitgemacht und jede Menge herumfliegenden Unrat abbekommen. Da sie keinerlei Veränderung unterworfen ist, sehen wir die Spuren deutlich: Kallisto ist nämlich auch der kraterreichste Körper im Sonnensystem. Das gibt ihm ein wirklich interessantes, reich getupftes Aussehen (also noch mehr Flecken!). Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass er den Namen der schönsten griechischen Nymphe trägt, mit der Zeus ein Verhältnis hatte.

Die vier Galileischen Monde sind aber nur die größten von aktuell fünfzig anerkannten Jupitermonden (siebzehn weitere Trabanten sind nicht offiziell als Mond anerkannt), viele davon so klein, dass sie erst in diesem Jahrtausend mit Hochleistungsteleskopen entdeckt wurden. Dennoch stellt man sich die Frage: Wenn schon die vier großen Monde so einzigartige, faszinierende Welten darstellen, was verbirgt sich noch in Jupiters Schatten?
 

Judith Homann hat einen Master in Meteorologie von der Universität Innsbruck und interessiert sich insbesondere für extraterrestrische Wetteraktivitäten. Alle ihre Kolumnen finden Sie hier.

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