11. September 2016

Galaktischer Glaubenskrieg

„The Omega Men“: Ein SF-Highlight aus dem DC-Universum

Lesezeit: 3 min.

Der Amerikaner Tom King, der jahrelang für die CIA tätig war, zählt derzeit zu den ganz heißen Comic-Autoren. Sein viel gelobter, im Irak des Jahres 2003 angesiedelter Vertigo-Krimi „The Sheriff of Babylon“ ist mit so viel Insider-Wissen gespickt, dass King sicherheitshalber jedes US-Heft von der CIA absegnen lässt. In „Grayson Megaband“ half er indes dabei, den früheren Robin und Nightwing Dick Grayson zu einem coolen Super-Geheimagenten zu machen. Kings Ende 2016 auf Deutsch kommende Marvel-Serie „Vision“ über den gleichnamigen Avenger, der sich eine Kleinstadt-Familie aus synthetischen Menschen baut, verbindet derweil „Desperate Housewives“ und Philip K. Dicks „Blade Runner“. Mit dem Start der „Rebirth“-Ära wurde King vor Kurzem schließlich der neue Stammautor von „Batman“. Und dann ist da noch die abgeschlossene DC-Maxiserie „The Omega Men“, von der Ende August ein Sammelband erschienen ist …

„The Omega Men“ nutzt die unendlichen Weiten des DC-Universums, um eine komplexe Science-Fiction-Geschichte zu erzählen. Dass Kyle Rayner und die Omega Men eigentlich dem „Green Lantern“-Kosmos zugerechnet werden müssen, ist für diese aus einem Prolog und 12 Kapiteln bestehende Saga vollkommen irrelevant. In erster Linie erzählt King nämlich von den sechs Planeten des Vega-Systems, in dem der vielfältige Glaube an das Alpha und an das Omega, den Anfang und das Ende, für genauso gewaltige Konflikte und Gräuel sorgt wie die brutale Herrschaft des Imperiums, das man als Zitadelle bezeichnet. In diesem außerirdischen Szenario um Religion und Politik ist es schwer, mit Bestimmtheit zu sagen, ob die bunt zusammengewürfelten Omega Men jetzt Rebellen, Freiheitskämpfer oder Terroristen sind, und ob ihre Gewalttaten schwerer wiegen als die des Imperiums, oder nicht.

Tom King neigt dazu, es seinem Leser hier und da schwerer als nötig zu machen. Das gilt auch für „The Omega Men“ – faszinierend und fesselnd ist die verschachtelte Geschichte dieses galaktischen Krieges trotzdem spätestens nach den ersten ein, zwei Kapiteln. Und wenn dann nach und nach alle Puzzleteile an ihren Platz fallen, kriegt sich selbst der größte DC-Muffel unter den SF-Enthusiasten nicht mehr ein. Natürlich trägt das meisterhaft genutzte, durch den Comic-Klassiker „Watchmen“ geprägte 9-Panel-Raster der Seiten ebenfalls erheblich zum Lesevergnügen bei, wie überhaupt das Artwork von Hauptzeichner Barnaby Bagenda Panel für Panel überzeugt, der trotz seines weichen Strichs alle Schattierungen dieses Weltraum-Krieges aufs Papier bannt, der letztlich als Kommentar auf theologische Konzepte, zeitgenössische Politik sowie „Star Wars“ gelesen werden kann.

Wer nicht glaubt, dass exzellente Science-Fiction aus den Ausläufern des Superhelden-Universums von DC und Green Lantern kommen kann, darf sich den gedruckt und digital erhältlichen Komplettband von „The Omega Men“ ebenso wenig entgehen lassen wie Freunde komplexer, packender Science-Fiction-Storys über fremde Kulturen.

Übrigens hat die Geschichte der nicht gerade simplen SF-Serie von King und Co., die sich in Heftform grottig verkaufte und in der Folge von DC abgesetzt wurde, ein Happy End: In den USA hat es das Trade just auf den vierten Platz der aktuellen „New York Times“-Bestsellerliste für Graphic Novels im Paperback-Format geschafft.

Tom King, Barnaby Bagenda u. a.: The Omega Men – The End Is Here • DC Vertigo, Burbank 2016 • 176 Seiten • Paperback: $ 24,99 • Sprache: Englisch

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