11. Januar 2017 2 Likes

2017 im All

Was passiert dieses Jahr im Sonnensystem? Ein kleiner Überblick über die spannendsten Weltraummissionen

Lesezeit: 6 min.

Auch in diesem Jahr heißt es: Schaut nach oben! Denn die Raumfahrtagenturen auf der ganzen Welt haben etliche spektakuläre Vorhaben: Jungfernflüge, Kamikaze-Sonden und Satelliten, die nach Exoplaneten suchen sollen, sind nur die Spitze des Eisbergs. Hier sind die meiner Meinung nach spannendsten Weltraummissionen in diesem Jahr:

Nach zwölf unglaublichen Jahren im Saturn-System geht es mit der NASA-Sonde Cassini in diesem Jahr zu Ende, weil dem Orbiter der Treibstoff ausgeht. Die Mission startete im Oktober 1997 und ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen NASA, ESA und der Italienischen Raumfahragentur. Im Januar 2005 setzte Cassini den Lander Huygens ab, der auf dem größten Mond unseres Sonnensystems, Titan, landete. Cassini umkreiste weiter den Hauptplaneten. Die Sonde besuchte einige der 62 bisher bekannten Monde und entdeckte dabei Unglaubliches; beispielsweise die Seen aus flüssigem Kohlenwasserstoff auf Titan und die gewaltigen Wassergeysire am Südpol des Mondes Enceladus. Weil Titan und Enceladus möglicherweise Leben hervorgebracht haben könnten, das nicht durch irdische Mikroben kontaminiert werden soll, steht der Raumsonde ein spektakuläres Ende bevor: Cassini wird sich in die Gashülle des Saturn stürzen. Die Sonde hat bereits damit begonnen, riskante Manöver durch die Ringe zu fliegen, und einige der Monde in sehr geringer Höhe überflogen. Das große Finale beginnt voraussichtlich am 22. April, wenn Cassini sich durch die Ringe dem Saturn annähert. In 22 Orbits soll Cassini zwischen den Planeten und seinen innersten Ring gelangen. Das finale Kamikaze-Manöver ist für den 15. September angesetzt.

Und noch ein Abschied steht uns 2017 bevor: das Missionsende Dawns. Die NASA-Sonde startete im Dezember 2007 in Richtung Asteroidengürtel, um die beiden Zwergplaneten Vesta und Ceres zu untersuchen. Vesta erreichte sie im Juli 2011 und blieb bis September 2012. Danach machte sich Dawn auf den Weg nach Ceres, wo sie im März 2015 ankam. Damit ist die Sonde die erste ihrer Art, die in einen Orbit um zwei verschiedene Objekte außerhalb des Erde-Mond-Systems eingetreten ist. Im Juni 2016 hat Dawn nach spektakulären Entdeckungen auf Vesta (trocken und steinig) und Ceres (eisig und mit weißen Flecken) ihre Primärmission abgeschlossen. Jetzt wird der Treibstoff langsam knapp. Wahrscheinlich wird Dawn im Laufe dieses Jahres irgendwann manövrierunfähig werden. Dann wird die Sonde abgeschaltet und bleibt in einem Orbit um Ceres.

New Horizons hat seine Primärmission ebenfalls abgeschlossen und ist auf dem Weg in den Kuiper-Gürtel, um das Objekt mit dem wenig klangvollen Namen 2014 MU69 zu untersuchen. Im Januar wird die Sonde, die uns Pluto so nahe wie nie zuvor gebracht hat, unter anderem Pholus, Huya, 2002 KX14, Haumea und Makemake untersuchen, ehe sie sich wieder schlafen legt. Wenn New Horizons im September wieder erwacht, stehen 2012 HZ84, 2011 HJ103, 2012 HE85, 2014 OE394, 2002 MS4 und Quaoar auf dem Programm.

Die NASA-Sonde Juno hat letztes Jahr den größten Planeten unseres Sonnensystems, Jupiter, erreicht, und damit begonnen, ihn zu studieren. Mit jeder Umkreisung sammelt Juno mehr Daten über die stürmische Atmosphäre des Giganten. Sie soll unter anderem herausfinden, was unter den stürmisch dahinziehenden Wolkenbändern ist. Dazu ist die Sonde mit Infrarot- und Mikrowellenscannern ausgestattet, mit denen sie die Temperaturen unter den Wolken messen soll. Zudem erstellt die Sonde eine Karte des Gravitations- und Magnetfelds des Riesen, sodass es dem Missionsteam möglich sein wird, entsprechende Karten zu erstellen. Juno wird bis zum Missionsende im Februar 2018 den Jupiter insgesamt 37 Mal umkreisen und uns dabei hoffentlich einen oder zwei Blicke hinter den Wolkenschleiern werfen lassen.

Im Februar schickt die ESA CHEOPS ins All, einen Satelliten, der nach Exoplaneten Ausschau halten soll. Zuerst nimmt CHEOPS die Sterne ins Visier, von denen bereits bekannt ist, dass sie Planeten haben. Dazu benutzt der Satellit seine ultrahochauflösenden Kameras, mit denen er diese Planeten detailliert untersuchen kann. Die NASA schickt im Dezember 2017 einen ganz ähnlichen Satelliten namens TESS los, der ebenfalls nach Exoplaneten suchen soll. Der Transiting Exoplanet Survey Satellite hat vier Kameras an Bord, mit denen er den gesamten Himmel absuchen kann. Die Wissenschaftler bei der NASA gehen davon aus, dass TESS über dreitausend Exoplaneten finden wird, von Gasriesen bis kleineren Gesteinsplaneten. Wir sind gespannt!

2017 wird auch das Jahr der privaten Raumfahrt. Die Teams, die sich am Google Lunar X Prize beteiligt haben, müssen noch einmal richtig Gas geben, denn im Dezember 2017 läuft die Frist ab. Bis dahin muss folgende Aufgabe erfüllt worden sein: einen Robot-Rover auf dem Mond landen, der mindestens 500 Meter auf der Oberfläche zurücklegt und dabei HD-Videos und -Bilder zur Erde zurückschickt. Dem Gewinnerteam winken 20 Millionen US-Dollar Preisgeld. Dazu kommen diverse Prämien für das Erreichen verschiedener wissenschaftlicher Ziele. Insgesamt 16 Teams haben sich beworben, darunter auch eines aus Deutschland. Die PT Scientists, kurz für „Part Time“, haben sich mit dem Automobilhersteller Audi zusammengetan, um den Rover zu entwickeln, und planen, in der Nähe der Landestelle von Apollo 17 in Taurus-Littrow aufzusetzen. Sie wollen unter anderem untersuchen, in welchem Zustand sich das Equipment, das 1972 von Gene Cernan und Harrison Schmitt auf dem Mond zurückgelassen wurde, befindet. Vor allem das LRV interessiert die Teilzeit-Raketenwissenschaftler (oder die Audi-Ingenieure?), aber sie dürfen sich dem Fahrzeug nicht weiter als auf 200 Meter nähern. Die Landestelle wird von der NASA als Welterbe angesehen und steht daher unter Schutz. Die PT Scientists haben sich über Spaceflight Industries einen Start für dieses Jahr gesichert – mit welcher Rakete ist noch nicht bekannt. Wir drücken jedenfalls die Daumen!

Im Sommer 2017 sollen die ersten Falcon Heavy Raketen von SpaceX starten – die uns eines Tages zum Mars bringen könnten. Die Schwergewichte sollen in der Lage sein, rund 54 Tonnen in den niedrigen Erdorbit und gut 13 Tonnen in den sogenannten geostationären Transferorbit zu befördern, den man erreichen muss, wenn man eine Fluchtbahn zum Mars einschlagen will. SpaceX hat 2017 aber noch mehr vor: die Kapsel Crew Dragon soll im November dieses Jahres ihren Jungfernflug zur ISS antreten, allerdings noch ohne Crew an Bord. Die unbemannte Version bringt bereits regelmäßig Fracht zur Internationalen Raumstation. Die ersten bemannten Flüge des Crew Dragon sind für Mitte 2018 geplant.

Nicht nur der Westen bereitet sich auf ein spannendes Raumfahrtjahr 2017 vor, auch in China fiebert man einigen Ereignissen entgegen. Im April wird zum ersten Mal ein Raumfrachter am chinesischen Weltraumlabor Tiangong-2 andocken. Das Labor wurde im September 2016 in den Orbit gebracht, und rund einen Monat später dockten die ersten Taikonauten erfolgreich an. Sie blieben einen Monat im All und kehrten sicher wieder zur Erde zurück. Im April soll nun der unbemannte Frachter Tianzhou-1 Treibstoff zur Station bringen, im Herbst sollen dann die nächsten zwei Taikonauten ankommen. Verlaufen diese und weitere Tests erfolgreich, will die Volksrepublik bis 2020 eine dauerhaft bemannte Raumstation in der Erdumlaufbahn bauen. Die könnte auch für die ESA interessant werden, denn die NASA will bis 2024 die ISS verlassen. Ob die Raumstation danach von anderen Agenturen weiterbetrieben wird oder in der Atmosphäre verglüht wie die Mir, ist noch unklar. China will außerdem in diesem Jahr – wann steht noch nicht fest –eine weitere Mission zum Mond starten. Chang’e-5 ist eine Sample Return Mission, die Bodenproben vom Mond zur Erde bringen soll. Das ist an sich nichts Neues; solche Missionen gelangen in den Siebzigerjahren schon den sowjetischen Luna-Landern. Derzeit ist China allerdings das einzige Land der Erde, das über ausreichend starke Raketen verfügt, um den Mond überhaupt zu erreichen – und damit ist diese Mission wirklich etwas Besonderes. Der Rückflug zur Erde ist dabei die große Schwierigkeit, denn die Sonde muss der immensen Reibungshitze, die bei dem schnellen Wiedereintritt in die Erdatmosphäre entsteht, standhalten können. Ich bin gespannt, ob China diese schwierige Mission auch gelingen wird. Sie wäre ein weiterer Meilenstein auf dem Weg der Volksrepublik ins All.

Olaf Frohn von armchairastronauts.com hat diese so praktische wie überwältigende Übersichtskarte erstellt, die die laufenden und kommenden Weltraummissionen zusammenfasst:

Titelbild © JPL/NASA

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