17. Januar 2017

Godspeed, Gene Cernan!

Der (bislang) letzte Mensch auf dem Mond ist am Montag im Alter von 82 Jahren gestorben

Lesezeit: 4 min.

Am Montag Eugene Cernan, ehemaliger US-Astronaut, im Alter von 82 Jahren in einem Krankenhaus in Texas im Kreis seiner Familie gestorben. Er war der Kommandant von Apollo 17 und landete bei seinem dritten und letzten Flug ins All im Dezember 1972 auf dem Mond. Am 14.12.1972 verließ er den Erdtrabanten wieder. Er war der letzte Mensch, der auf der Mondoberfläche gewesen ist – bis heute. Er hatte schon vor dem Start gewusst, dass Apollo 17 der letzte Flug zum Mond sein würde, und sich genau überlegt, was er sagen wollte: „Wir verlassen den Mond und Taurus-Littrow; und wir gehen, wie wir gekommen sind, und so Gott will, wie wir zurückkehren werden, mit Friede und Hoffnung für die ganze Menschheit“, funkte er zur Erde, bevor er in die Landefähre stieg. Seine wirklich letzten Worte allerdings, bevor er das Modul startete, waren sehr viel prosaischer: „Okay, Jack, hauen wir ab!“ Im Oral History Project der NASA erinnerte er sich 2007 an diesen Moment: „Die Schritte die Leiter hinauf waren hart. Ich wollte da nicht hinaufsteigen. Ich wollte noch eine Weile bleiben.“

Seitdem hatte Cernan alles getan, um sicherzustellen, dass er nicht der letzte Mensch sein würde, der auf dem Mond spazieren ging. Er sprach sogar vor dem Kongress, doch er musste irgendwann einsehen, dass er das Heranwachsen einer neuen Astronautengeneration, die eines Tages in seine Fußstapfen, die bis heute auf der Mondoberfläche zu sehen sind, treten würde, nicht mehr erleben würde.

Eugene A. Cernan wurde am 14. März 1934 in Chicago geboren und machte seinen Abschluss als Elektroingenieur 1956 an der Purdue University in Indiana. Anschließend ging er als Kampfpilot zur Navy, wo er einen Abschluss in Luftfahrttechnik erwarb. Im Oktober 1963 wurde er als eines von 14 Mitgliedern der dritten Astronautengruppe der NASA vorgestellt. 1966 wurde er Pilot der Gemini-9-Mission. Zusammen mit Tom Stafford blieb er drei Tage lang im Orbit, wo sie verschiedene Rendezvoustechniken mit einem Dockingmodul ausprobierten, das vorher schon in den Orbit geflogen worden war. Auf diesem Flug absolvierte Cernan auch einen zweistündigen Außenbordeinsatz – er war der zweite Amerikaner, der einen Weltraumspaziergang gemacht hatte. Später nannte er ihn „den Weltraumspaziergang aus der Hölle“: Der Anzug arbeitete nicht fehlerfrei, vor allem die Kühlung versagte. Cernan schwitzte so stark, dass er fast sieben Kilo Gewicht verlor. Außerdem beschlug sein Helmvisier, sodass er kaum etwas sehen konnte. Die NASA war gezwungen, die Raumanzüge noch einmal komplett neu zu designen.

Im Mai 1969 flog Cernan an Bord von Apollo 10 zum Mond – die zweite Mission nach Apollo 8, die zum Erdtrabanten flog. Diese Mission war die Generalprobe für die Landung, die mit Apollo 11 erfolgen sollte. Cernan, Stafford und Young machten alles, was Armstrong, Aldrin und Collins auch machen sollten – außer auf der fremden grauen Welt unter ihnen aufzusetzen. Damit war Gene Cernan einer von drei Menschen, die zwei Mal zum Mond geflogen sind. James Lovell und John Young waren die anderen beiden in diesem sehr exklusiven Club.

Am 11. Dezember 1972 flog Gene Cernan das Landemodul Challenger in ein Mondtal namens Taurus-Littrow. Mit an Bord war der Geologe Harrison „Jack“ Schmitt, der erste „reine“ Wissenschaftler auf dem Mond. Cernan erinnerte sich 2007 an die Momente direkt nach der Landung: „Wir erlebten den stillsten Moment, den ein Mensch nur erleben kann. Es gibt keine Vibrationen, keine Geräusche. Auch dein Partner ist wie hypnotisiert. Er kann nichts sagen. Dann legt sich der Staub. Plötzlich erkennst du, dass du gerade auf einer anderen Welt gelandet bist, auf einem anderen Himmelskörper im Universum, und das, was du gerade siehst, hat noch kein Mensch zuvor gesehen.“

Am 7.12. waren Cernan, Schmitt und Ronald Evans mit einer Saturnrakete vom Kennedy Space Center gestartet. Es war der einzige Nachtstart des Apollo-Programms. Evans blieb im Kommandomodul im Mondorbit zurück, während Cernan und Schmitt mit der Challenger landeten. Die beiden verbrachten über drei Tage auf dem Mond. Sie waren mehr als 22 Stunden außerhalb der Landefähre unterwegs und sammelten über 100 Kilo an Bodenproben – und sahen immer wieder staunend zur Erde, die über ihnen am Himmel hing. Diesen Anblick hielt die Apollo-17-Crew in einem der berühmtesten Bilder des Weltraumzeitalters fest.

Ehe er die Leiter hinaufstieg, schrieb Gene Cernan die Initialen seiner damals neunjährigen Tochter Teresa Dawn Cernan in den grauen Mondregolith. Später sagte er, dass er sich dabei vorgestellt habe, wie eines Tages in der Zukunft jemand den Mondrover und die Fußabdrücke der Astronauten entdecken würde. Vielleicht würden die zukünftigen Astronauten auch die Buchstaben „TDC“ im Staub sehen und sich fragen, wer hier wohl gelandet wäre. „Vielleicht jemand aus der uralten Zivilisation des 20. Jahrhunderts. Schau nur, was für seltsame Zeichen sie hinterlassen haben!“

Insgesamt verbrachte Cernan 566 Stunden und 15 Minuten im All; über 73 davon auf der Oberfläche des Mondes. Nach seiner Rückkehr zur Erde wurde Cernan 1973 spezieller Berater des Apollo-Programms am Johnson Space Center in Houston. Er half bei der Planung und Entwicklung des Apollo-Soyuz-Projekts, das die USA gemeinsam mit der Sowjetunion in Angriff nahmen.

Drei Jahre später verließ er die NASA und arbeitete zunächst für eine Energiefirma. 1981 gründete er seine eigene Beratungsfirma für Luft- und Raumfahrtunternehmen. Während der Space-Shuttle-Missionen in den Achtzigerjahren war er als Analytiker und Kommentator im Fernsehen zu sehen. 2016 wurde der Dokumentarfilm The Last Man on the Moon veröffentlicht, der sich mit Cernans Leben befasst. 1999 war Cernans Autobiografie, die denselben Titel trägt, erschienen. „Ich kann wieder und wieder die Hauptstraße entlanggehen, aber ich werde nie wieder in mein Tal in Taurus-Littrow zurückkehren. Diese Erkenntnis erfüllt mich mit einer sehnsüchtigen Rastlosigkeit.“

Cernan ist sechs Wochen nach einem seiner Kollegen, John Glenn, gestorben. Glenn und Cernan sind Anfang und Ende von Amerikas „Space Age“: Glenn war 1962 der erste US-Amerikaner im Erdorbit, Cernan der letzte Mensch auf dem Mond. Er hinterlässt seine zweite Frau, Jan Nanna Cernan, seine Tochter Teresa Dawn, zwei Stieftöchter und insgesamt neun Enkelkinder.

Alle Bilder © NASA

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