8. März 2016 3 Likes

V5N6

Fiebrige Endzeitstimmung in Louise Welshs Roman-Thriller

Lesezeit: 2 min.

Stevie Flint wäre gerne Journalistin geworden, arbeitet nun aber bei einem Teleshopping-Sender in London und verkauft Toaster im Frühstücksfernsehen. Als Stevie ihren Freund Dr. Simon Sharkey tot auffindet, braucht sie allerdings all ihre investigativen Fähigkeiten. Denn zum einen sieht es so aus, als verberge sich hinter dem unerwarteten Tod ihres Geliebten mehr, als die Polizei glaubt. Und zum anderen wird die ganze Welt vom Virus V5N6 ins Chaos gestürzt. Auch in London gibt es infolge der Fieberkrankheit viele Tote, und schnell rutscht die Gesellschaft in den brutalen Ausnahmezustand einer modernen Pest. Inmitten dieses quasi-apokalyptischen Albtraums und einer Stadt voller Toten jagt Stevie der hässlichen, gefährlichen Wahrheit hinter einem einzelnen Tod hinterher.

Lousie Welsh wurde 1965 in London geboren und lebt heute in Glasgow. Für ihr Romandebüt „Dunkelkammer“ wurde die studierte Historikerin mit mehreren englischen Krimi-Awards und hierzulande mit dem CORINE-Debüt-Preis ausgezeichnet. Ihr neuster Roman „V5N6 –Tödliches Fieber“, der bei Kunstmann in der Übersetzung von Wolfgang Müller als Hardcover und E-Book erschienen ist, präsentiert sich als recht passabler Thriller, der durch seine endzeitliche Stimmung jedoch eher überzeugt als durch die Entscheidungen seiner Protagonistin. Mainstream-Thriller dieser Art haben nun mal eine gewisse Formel für Figuren, Beschreibungen, Dialoge, Szenen und Entwicklungen. Diese Formel, die eine ganz bestimmte Art Geschichte hervorbringt, mag man, oder man mag sie nicht – die Formel wird sich garantiert nicht mehr ändern. Dafür ist diese Gattung einfach zu präsent, zu zementiert und letztlich zu erfolgreich. Umso besser, dass Louise Welshs Werk eine Endzeit-Note hat …

Welsh hegt seit ihrer Kindheit eine Vorliebe für apokalyptische und postapokalyptische Stoffe, etwa für den TV-Film „Threads“ von Barry Hines oder die Fernsehserie „Survivors“ von Terry Nation. Selbst für eine Referenz in Richtung von Douglas Adams’ „Per Anhalter durch die Galaxis“ (im Shop) ist sich Ms. Welsh nicht zu schade. Im Endeffekt annektiert ihr Thriller, der trotz allem nicht aus der Genre-Ecke kommt und da eigentlich auch gar nicht stehen möchte, die typischen Elemente eines Endzeit-Romans. Die zusammenbrechende Zivilisation und die Panik in Englands Hauptstadt wird schlaglichtartig genutzt, um das Setting zu bereichern, ohne dass es sich als Science-Fiction oder SF-Horror outet. Dennoch findet man in den kurzen Kapiteln abgeriegelte Reichenviertel, anarchistische Zustände in Pubs, Straßensperren der Armee, Leichentransporter, verwaiste Polizeireviere, Ungläubige und Aufgebende sowie verzweifelten Sex im Angesicht des vermeintlichen Untergangs. Nichts davon steht im Vordergrund, aber alles macht den Hintergrund und die schnöde Thriller-Story interessanter.

„V5N6 – Tödliches Fieber“, das im Original unter dem Titel „A Loveley Way to Burn“ veröffentlicht wurde, ist der Auftakt einer Trilogie. Auf Englisch liegt mit „Death is a Welcome Guest“ schon der zweite Band der „Plague Times“-Serie vor, in dem ein neuer Protagonist aus dem desolaten London in den Norden der britischen Insel flieht.

Louise Welsh: V5N6 – Tödliches Fieber • Kunstmann, München 2016 • 352 Seiten • Hardcover: 19,95 Euro

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