10. September 2016 1 Likes

Vorwärts und rückwärts auf dem Zeitstrom

Robert A. Heinleins „Die Tür in den Sommer“ jongliert freihändig mit Zeitparadoxa

Lesezeit: 3 min.

Ein Mann wird um sein Lebenswerk gebracht und unfreiwillig per Kälteschlaf dreißig Jahre in die Zukunft geschickt. Dort muss er feststellen, dass die Dinge für alle Beteiligten anders gekommen sind als gedacht – und er die Möglichkeit besitzt, das widerfahrene Unrecht durch einen Zeitreisesprung auszugleichen … Diese Handlung ist der Kern von Robert A. Heinleins Roman „Die Tür in den Sommer“ von 1957 (im Shop), der nun in überarbeiteter und lesefreundlich gesetzter Neuausgabe bei Heyne vorgelegt wurde.

Robert A. Heinlein: Die Tür in den SommerDie USA im Jahr 1970: Kälteschlaf ist alltäglich und ein lukratives Geschäft. Man „überwintert“ einfach einige Jahrzehnte und vertraut beispielsweise darauf, dank angelegter Gelder als vermögender Mensch zu erwachen. Dies ist allerdings nicht die Absicht von Daniel B. Davis, einem erfolgreichen Erfinder, der sich auf Haushaltsroboter spezialisiert hat. Denn als sich seine jüngste Entwicklung als besonders aussichtsreich erweist, drängen ihn seine Verlobten Belle und sein Geschäftsführer Miles aus der Firma. Beim letzten Versuch, die Kontrolle zurückzugewinnen, wird Daniel überwältigt und mit einem Trick zwangsweise eingefroren. Für dreißig Jahre ist er somit buchstäblich „aus dem Verkehr gezogen“.

Als Daniel im Jahr 2000 aufwacht, hat sich viel geändert: England ist eine Provinz Kanadas, der französische König lässt größere Gebiete „bestäuben“, und dank Null-Schwerkraft treiben Lastgüter von Stadt zu Stadt. Daniel aber ist pleite, weil sein Vermögen untergegangen ist. Beim Versuch, wieder Fuß zu fassen, lässt er sich von seiner eigenen Firma anstellen – und stößt rasch auf Ungereimtheiten. Einige Pläne von Erfindungen tragen seine Signatur, aber er kann sich nicht erinnern, diese angefertigt zu haben. Auch hat seine Absetzung vor Jahrzehnten Miles und Belle kein Glück gebracht, da der umkämpfte Prototyp mitsamt allen Unterlagen gestohlen wurde. Schließlich erfährt Daniel von einem aufgegebenen Militärprojekt, bei dem es um die Entwicklung einer Zeitmaschine ging, die allerdings nur bedingt funktioniert. Sollte es Daniel möglich sein, zurück in das Jahr 1970 zu reisen, um die Kontrolle über sein Leben zurückzubekommen?

Robert A. Heinlein (1907–1988) schrieb „Die Tür in den Sommer“ angeblich innerhalb von zwei Wochen, was der Beliebtheit des Buchs aber nicht geschadet hat – auch in Deutschland ist es immer wieder neu aufgelegt worden. Allerdings gehört die recht behäbig erzählte erste Hälfte nicht zu den Glanzleistungen des Autors, obwohl sie wie der Rest des Buchs von Heinleins gut lesbaren Stil profitiert. Doch der Sprung in das Jahr 2000 ist mit einem deutlichen Zugewinn an Erzähltempo und überzeugenden Ideen verbunden, die das Buch nicht nur zu der Geschichte einer raffinierten Rache machen, sondern auch zu einer amüsanten Liebesgeschichte. Dass dabei neben einer Reihe von Klischees (man ist erkennbar in einem Roman aus den 1950er Jahren zu Gast) auch liebevoll erdachte Zeitparadoxa unvermeidlich sind, versteht sich von selbst, zumal Heinlein das SF-Thema „Zeitreise“ maßgeblich geprägt hat. Was bleibt, ist ein Roman, der sich aufgrund seiner Unterhaltsamkeit und seines altmodischen Flairs allemal eine Leserschaft verdient hat.

Übrigens: Der Titel des Romans bezieht sich auf Daniels Kater Pete, der im Winter die Angewohnheit hat, eine „Tür in den Sommer“ zu suchen. Dass er damit partout nicht aufhören will, bleibt für Daniels Handeln nicht ohne Wirkung. Der Schluss des Romans gibt beiden Recht.

Robert A. Heinlein: Die Tür in den Sommer (The Door into Summer) • Aus dem Amerikanischen von Tony Westermayr • Wilhelm Heyne Verlag, München 2016 • 304 Seiten • € 8,99 • E-Book: € 7,99 (im Shop)

 

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