20. August 2014

Durch das Outback

Mit dem Endzeit-Film „The Rover“ eröffnet das diesjährige Fantasy Filmfest

Lesezeit: 3 min.

Zum 28. Mal öffnet am Mittwoch den 27. August, das Fantasy Filmfest seine Pforten, erst in Berlin, einen Tag später in Frankfurt und in den folgenden Wochen in Stuttgart, Nürnberg, München, Hamburg und Köln. Wie immer bestimmen die Bereiche Horror, Fantasy und Sciene-Fiction das Programm, eröffnet wird jedoch mit dem rohen, archaischen Endzeit-Film „The Rover“.

Gleich hinter Sydney scheint in Australien das so genannte Outback zu beginnen, jenes karge, trockene, unwirtliche Land, in dem seit „Mad Max“ immer wieder gern Filme jeglicher Couleur angesiedelt werden. In diesem staubigen Niemandsland spielt auch „The Rover“, der zweite Film von David Michôd, der mit seinem Debüt „Animal Kingdom“ einige Aufmerksamkeit erregt hat. „The Rover“ ist nun klassisches Endzeitkino im Stil von „The Road“ oder „The Book of Eli“, die in ähnlich desolaten Welten spielen, in denen das Recht des Stärkeren regiert.

„The Rover“ ist nun noch eine Nummer karger und spartanischer, noch reduzierter, noch hoffnungsloser. Den Poster-Spruch „Fürchte den Mann, der Nichts zu verlieren hat“ sollte man dabei unbedingt ernst nehmen, denn spätestens als Hauptdarsteller Guy Pearce nach ein paar Minuten einem Zwerg, der den Preis einer Pistole nicht verhandeln will, einen Kopfschuss verpasst, ist klar, dass dieser Mann keine Sympathiefigur ist. Dieser Mann, Eric genannt, hat alles verloren und streunt durch das Outback, scheinbar ohne Ziel. Eine Texttafel hatte zu Beginn darüber informiert, dass man sich zehn Jahre nach dem Kollaps der Wirtschaft befindet, mehr aber auch nicht. Was genau passiert ist bleibt offen.

Das einzige, das in dieser Welt noch zählt ist das Überleben, das Verteidigen des wenigen, das man noch besitzt. In Erics Fall ist das ein Auto, das ihm von einem Trio gestohlen wird. Warum Eric der Verlust des Wagens so schmerzt ist lange nicht nachvollziehbar, zumal er am Straßenrand gleich Ersatz findet. Doch die Jagd nach den Dieben und seinem Auto werden fortan sinnstiftendes Element in Erics Leben sein.

Unerbittlich folgt er der Spur, besorgt sich eine Waffe, tötet, wer sich ihm in den Weg stellt und trifft bald auf Rey (Robert Pattinson), den Bruder eines der Autodiebe. Die beiden ungleichen Männer tun sich zusammen, der eine, um zu seinem Bruder zurückzukommen, der andere, um diesen Bruder zu töten. Auf dem Weg begegnen ihnen vereinzelte Menschen, meist Männer, fast alle werden sterben, wie am Ende dieses Film ohnehin fast alle Figuren die auftauchen.

Harsch und anarchisch ist die Welt von „The Rover“, gefilmt in betonter Ruhe, mit langen Kameraeinstellungen und schweigsamen Figuren. So schweigsam entwickelt sich die an sich lineare Geschichte, dass fast alles im Dunkeln bleibt. Die Umstände des wirtschaftlichen Kollapses, bleiben ebenso im Dunkeln wie der Zustand der gegenwärtigen Welt. Was in den Städten passiert, mit denen es in zwei, drei Szenen kurzen Funkkontakt gibt ist ebenso ein Rätsel, wie die Anwesenheit vieler asiatischer Menschen, Gastarbeiter vielleicht, Flüchtlinge, wer weiß?

Manchmal läuft „The Rover“ Gefahr, allzu spartanisch zu werden, sich allzu sehr auf seine Atmosphäre zu verlassen, die Charaktere und ihre Motive allzu vage zu halten. Um den Verfall jeglicher Menschlichkeit soll es gehen, den Verlust von Werten. Anfangs glaubt Eric an gar nichts mehr, ist typischer Loner, der in allen Menschen nur das Schlechteste sieht. Nicht ganz zu Unrecht zwar, doch wie er, bzw. vor allem der Zuschauer im Laufe des Films realisiert, gibt es noch einen Funken Hoffnung. Den verkörpert Robert Pattinsons Rey, eine etwas tumbe Figur, der trotzt aller ihm widerfahrender Ungerechtigkeit im Herzen gut bleibt. Eine etwas abgedroschene Figur, die „The Rover“ in der zweiten Hälfte ein wenig dahinplätschern lässt. Immer noch eindrucksvoll, in seiner konsequenten Härte bemerkenswert, narrativ aber doch sehr dünn.

Atmosphärisch weiß „The Rover“ zu überzeugen und allein deswegen sollte man die Gelegenheit wahrnehmen, ihn während des Fantasy Festivals auf der großen Leinwand zu sehen. Inhaltlich hat David Michôd seinen Film derart reduziert angelegt, dass er neben dem Fleisch der Erzählung auch noch viel vom Knochen abgeschabt hat und nur noch Andeutungen einer moralischen Fabel übrig geblieben sind.

The Rover • Australien 2014 • Regie: David Michôd • Darsteller: Guy Pearce, Robert Pattinson

Bilder © Metropolitan FilmExport

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