11. März 2017 2 Likes

Ein Königreich für einen Affen

Primat der Ökonomie: „Kong: Skull Island“

Lesezeit: 3 min.

Hinterher ist man immer schlauer. Als 2005 Peter Jacksons „King Kong“ ins Kino kam, hielt man das für ein aufgeblasenes, blödes CGI-Spektakel ohne Sinn und Verstand. Im Vergleich zu „Kong: Skull Island“ wirkt Jacksons Remake des Klassikers wie ein idiosynkratisches Meisterwerk des Autorenkinos. Was wohl auch daran liegen könnte, dass es sich mit Jackson in der Tat um eine genuine Künstlerpersönlichkeit handelte, einen Denker und Lenker, der seine Multimillionen-Dollar-Spektakel stets so gut es ging in den Dienst einer ganz persönlichen Vision stellte. Die einzige Vision, die dieser brandneue Kong vermittelt, ist die Wahrung der Wertschöpfungskette.

„Kong: Skull Island“ ist der zweite Film des sogenannten MonsterVerse, eines Cinematic Universe-Konstrukts der Studios Legendary Pictures und Warner Bros., das nach dem höchst erfolgreichen Vorbild von Marvel gleich eine ganze Reihe von Blockbustern miteinander verbinden soll. Das Ganze ging 2014 mit Gareth Edwards „Godzilla“ los, der demnächst seine Fortsetzung erleben wird, bevor dann Affe und Riesenechse gegeneinander antreten dürfen. Die großen Toho-Stars wie Mothra, Ghidora und Rhodan werden folgen, warum nicht. So macht man das heute, etablierte Marken und Inhalte müssen optimale Synergie-Effekte erzielen, die Ökonomen haben das Ruder endgültig übernommen, langfristige Marktstrategien bestimmen den Kurs. Das ist bedauerlich, aber nicht wirklich schlimm, in Hollywood regierte schon immer der Dollar.

Aber müssen die einzelnen Werke, die ja im Prinzip nur noch Episoden einer gigantomanischen Kinoserie repräsentieren, denn unbedingt so schlampig und bescheuert zusammengeklöppelt sein wie „Skull Island“? Ich meine, King Kong ist doch nicht nur Actiondreck mit spektakulären Schauwerten, sondern hat mit seinen Referenzen auf klassische Horrorstoffe wie „Frankenstein“ oder „Die Mumie“ eine Menge zu bieten. Abenteuer, Melancholie, sogar Romantik. Peter Jackson wusste das - klar, der ist ja auch Filmnerd. Den Regisseur dieser neuen Abscheulichkeit muss man nicht kennen, der ist im Grunde auch unwichtig. Reiner Auftragsarbeiter im Dienst der Studios, die dem Kinovieh das geben wollen, was es in Edwards „Godzilla“ offenbar nicht bekam: Monsteraction. Kong und seine lustigen Inselgenossen balgen sich fröhlich durch die CGI-Landschaften als gäb’s kein Morgen. Das ist natürlich total kompetent gemacht, aber auch sterbenslangweilig. Und wenn die menschlichen „Helden“ ins Spiel kommen, wird’s endgültig zum Fest der Banalität. Keine Charaktere, nirgends. Keine Motivationen, keine Handlungsbögen, nur Phrasen, Posen, Masken und Behauptungen. King Kong und die weiße Frau? Fehlanzeige. Beide spielen hier zwar mit, aber ihre 1,3 gemeinsamen Szenen sind absolut verschenkt und ergeben im Kontext des Films überhaupt keinen Sinn. Den anderen Figuren ergeht es nicht besser, das Drehbuch macht sich gar nicht erst die Mühe, diese Menschen in irgendeiner Form zu erzählen.

Und warum eigentlich Vietnam? Warum 70er-Jahre? Huey-Hubschrauber vor einem „Apocalypse Now“-Sonnenaufgang zu Creedence Clearwater Revival? Maschinengewehrsalven in Slow Motion? Michael Bay-Ästhetik und Joseph Conrad-Referenzen? Hä? Das passt alles vorne und hinten nicht zusammen. Und wenn die Post-Credits-Szene erklärt, dass es jetzt eigentlich erst richtig los geht, dann weiß man - je mehr Connectivity, desto weniger Coherence. Das ist das Schicksal der Großen Alten. Danke, Kong, es war schön mit dir. Jetzt übernehmen die Klone.

„Kong: Skull Island“ ist seit dem 9. März bei uns im Kino zu sehen. Abb. © Warner

Kong: Skull Island • USA 2016 • Regie: Jordan Vogt-Roberts • Darsteller: Tom Hiddleston, Samuel L. Jackson, Brie Larson, John Goodman, John C. Reilly, Toby Kebbell

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