11. Dezember 2016

Geister des Krieges

Der Military-SF-Film „Spectral“ auf Netflix

Lesezeit: 3 min.

In „Spectral“ zerreißt ein Bürgerkrieg das Moldawien der nahen Zukunft und entvölkert ganze Stadtgebiete. Die involvierten US-Truppen vor Ort haben aber noch ganz andere Probleme: Seit Neuestem nehmen sie mit den Hightech-Brillen, die zu ihrer modernen Kampfausrüstung gehören, hyperspektrale Anomalien wahr, die nicht nur humanoid erscheinen, sondern die Soldaten auch in sekundenschnelle gnadenlos töten. Deshalb wird der Ingenieur, Erfinder und Wissenschaftler Dr. Clines (James Badge Dale aus „13 Hours“) aus den Staaten eingeflogen und untersucht zusammen mit einem Trupp erfahrener Soldaten (u. a. Max Martini aus „Pacific Rim“ und „Der Soldat James Ryan“) sowie einer CIA-Agentin (Emily Mortimer aus „Hugo“) das, was die Einheimischen furchtsam als Geister des Krieges bezeichnen … 

Eigentlich sollte das Spielfilm-Regiedebüt von Werbefilmer Nic Mathieu im Sommer durch Universal in die Kinos gebracht werden. Aus diesen Plänen wurde letztlich allerdings nichts, und am Ende schlug Netflix zu und speiste den SF-Kriegsfilm mit ausgeprägten Horror-Allüren nun weltweit in sein Angebot ein. In der ersten Hälfte wird „Spectral“ problemlos vom Mysterium der unaufhaltsamen, brandgefährlichen Geisterwesen und dem Häuserkampf gegen den übernatürlichen Gegner getragen, zum Showdown hin wird dann ganz auf Action und nur noch ein paar hastige Enthüllungen und Erklärungen gesetzt. Trotzdem funktioniert die simple Geschichte innerhalb ihrer Möglichkeiten und ihres eigenen Anspruchs ganz gut. Gelegentlich kann „Spectral“ das Niveau der großen Blockbuster jedoch nicht halten und wirkt in solchen Augenblicken vorübergehend wie einer dieser SF-Streifen aus der zweiten Reihe. Dafür ist man jederzeit um vielseitige, interessante Kameraeinstellungen, ein paar Videogame-Perspektiven und starke Bilder bemüht – die Schauwerte gehen in Ordnung und sind nicht ganz so überzeichnet wie in z. B. den Science-Fiction-Actionkrachern von Michael Bay.

Natürlich atmet „Spectral“, das es auf knapp zwei Stunden Laufzeit bringt, in vielen seiner Szenen trotzdem ganz klar den Geist der unbestreitbar erfolgreichen Bay-Produktionen, und dazu gehören unter anderem diverse Klischees, Posen und Pathos. Dennoch gelingt es dem 2014 in Budapest gedrehten SF-Spektakel, hier und da andere Akzente zu setzen und Momente zu kreieren, die einem Antikriegsfilm entsprechen: Etwa wenn sich kleine Kinder in der vom Krieg gezeichneten Stadt verstecken, was an die seit viel zu langer Zeit aktuellen Bilder aus Aleppo erinnert; oder wenn Soldaten einfach immer weiter machen, innerhalb ihres Mikrokosmos von Gefecht zu Gefecht und Einsatz zu Einsatz marschieren. Untermalt wird das alles von einem ebenfalls genreytpischen Soundtrack, für den sich der Niederländer Junkie XL verantwortlich zeigt, der bereits „Mad Max: Fury Road“ und die John-Niven-Verfilmung „Kill Your Friends“ mit der passenden Hintergrundmusik ausstattete.

Bleibt noch das Fazit oder viel mehr die Frage, ob empfehlenswert oder nicht. Ist im Grunde aber ganz einfach: Wer Netflix im Abo hat, sich zwischendurch ohne Schuldgefühle oder Schaudern gerne einen „Transformers“-Film um die Ohren hauen lässt und generell dem Subgenre der Military-SF zugeneigt ist, kann sich gefahrlos an „Spectral“ heranwagen.

„Spectral“ ist seit dem 9. Dezember 2016 im Streaming-Portal Netflix erhältlich.

Spectral • (USA 2016) • Regie: Nic Mathieu • Drehbuch: Ian Fried, John Gatins, George Nolfi • Darsteller: James Badge Dale, Emily Mortimer, Max Martini, Bruce Greenwood • Laufzeit: 108 Min.

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