30. November 2017

Melancholischer Minimalismus

Der Japaner Sabu spürt in „Happiness“ der Verbindung von Glück und Trauer nach

Lesezeit: 2 min.

Erinnerungen sind ein beliebtes Thema des Science-Fiction-Kinos, vor allem die Frage, wie sie die Gegenwart beeinflussen wird immer wieder gestellt, meist in großen Ausstattungsfilmen wie „Blade Runner“. So viel Geld hatte der Japaner Sabu wohl im gesamten Verlauf seiner Karriere nicht zur Verfügung und so ist auch sein neuer Film „Happiness“ eine Studie in Minimalismus, in minimmalistischer SF genauer gesagt, gepaart mit den für Sabu typischen Elementen Melancholie und Gewalt.

Von der im Titel versprochenen Glückseligkeit ist also nur wenig zu spüren, auch wenn der erste Akt zeigt, wie ein Mann namens Kanzaki den Bewohnern eines kleinen Städtchens zu Momenten des Glücks verhilft. Mit Hilfe einer merkwürdigen Helm-Konstruktion, die mit ihren Schaltern und Knöpfen irgendwo zwischen Zauberhelm und Folterapparatur angesiedelt ist, kann er Menschen dazu bringen, sich an den glücklichsten Moment ihres Lebens zu erinnern. Von der Geburt eines Kindes bis zum geschlagenen Homerun reicht die Palette, doch angesichts der irgendwie verschlagen wirkenden Visage von Kanzaki ahnt man, dass der schweigsame Mann anderes im Sinn hat, als Glück zu verbreiten.

Spätestens wenn er dann einen scheinbar unbescholtenen jungen Mann brutal zusammenschlägt, ihm den Helm aufsetzt, um ihn dazu zu nötigen, seine scheinbar schönste Erinnerung zu sehen, ahnt man, dass Kanzaki auf Rache sinnt. Einen brutalen Mord hat der junge Mann einst begangen, hat sich nach seiner Haftstrafe selbst ins Exil verwiesen, in dem ihn Kanzaki nun aufgespürt hat.

Inspiriert von Akupunktur und den Linien, die der traditionellen chinesischen Medizin nach den Körper durchziehen, scheint der merkwürdige Helm zu sein, der im Zentrum von „Happiness“ steht. Doch ähnlich wie beim thematisch sehr vergleichbaren Pixar-Film „Inside Out“ (quasi die jugendfreundliche, gewaltfreie Disney-Version der Geschichte.) liegen auch hier Glück und Trauer nah beieinander. Und das nicht nur innerhalb eines Menschen, sondern vor allem auch im Zusammenspiels von zwei Personen, die schicksalhaft verbunden sind.

In seiner typischen minimalistischen Manier, zwischen Momenten von lakonischem Humor und schwermütiger Melancholie inszeniert Sabu diese Geschichte, mit einem Bein in der reflektierten Science-Fiction, dem anderen im asiatischen Rache-Drama. Das Ergebnis ist eine ungewöhnliche Mischung, die vor allem eins ist: unverwechselbar ein Film von Sabu.

„Happiness“ läuft am 30.11.2017 im Kino an.

Happiness • Japan/Deutschland 2017 • Regie: Sabu • Darsteller: Masatoshi Nagase, Hiroki Suzuki, Erika Okuda

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