20. April 2013

Streichholzdiagramme

„Looper“ ist pure Kinomagie

Lesezeit: 2 min.

Es gibt diese Tendenz nicht nur im deutschen, nein, auch im Hollywood-Kino: das Publikum mit Erklärungen voll zu schwallen, ihnen jede Entwicklung in der Geschichte eines Films vorzubuchstabieren, zu predigen. Das wird gerne von Regisseuren gemacht, die ihr Publikum für komplett verblödet halten.

Im Zeitreisethriller Looper, dem dritten Film von Rian Johnson, gibt es gleich zwei Stellen, die sich dem Publikum gänzlich verweigern: Zeitreisen, heißt es da, seien nun mal total kompliziert, »da können wir gleich anfangen, Streichholzdiagramme zu legen«, so Bruce Willis in seiner Rolle als gealterter Killer Joe zu seinem jüngeren Ich, gespielt von Joseph Gordon-Levitt. Das ist mehr als ein lustiger und raffinierter Plot-Trick, es ist auch Respekt gegenüber dem Kinopublikum, die sich die Ungereimtheiten der Story – dazu gehört nicht zuletzt, dass sich Gordon-Levitt und Willis so überhaupt nicht ähnlich sehen – selber erklären können. Viel mehr Wert legt Johnson auf den Rhythmus seines Erzähltempos und die Konstruktion seiner Zukunftswelt voller versagender Technik und einstürzender Neubauten.

Der mittlere Westen der USA im Jahr 2044. Seit einigen Jahren hat sich eine Gruppe wohlhabender Krimineller gebildet: die Looper. Sie bekommen ihre Mordaufträge dreißig Jahre aus der Zukunft, in der Zeitreisen erfunden wurden. An einer vorher bestimmten Stelle warten sie auf ihr Opfer, das sich aus dem Nichts materialisiert, töten es und beseitigen die Leiche, die es ja zu ihrer Zeit noch gar nicht gibt. Ein perfektes Verbrechen – und gut bezahlt. Doch seit einigen Wochen machen Gerüchte die Runde: Der Regenmacher, ein unfassbar brutaler Crimelord, hat in der Zukunft die Macht übernommen, und er beendet sämtliche Verträge mit den Loopern. Und so steht Joe irgendwann verblüfft vor seinem eigenen zukünftigen Ich und zögert eine Sekunde zu lange. Der alte Joe überwältigt den jungen und flieht. Er hat ein Ziel: den Regenmacher als Kind aufzuspüren und zu töten.

Rian Johnsons Film ist wunderbar konstruiert und zitiert seine Vorbilder perfekt: Da ist natürlich der Terminator und Zurück in die Zukunft, die das Thema Zeitreise auch nur als Aufhänger genommen haben; von Matrix findet man die philosophischen Grundfragen wieder; den Blade Runner und Der einzige Zeuge erkennt man im Produktionsdesign; Carrie und Akira tauchen in bestimmten Handlungselementen auf (nichts verraten!), und dann wäre da noch Bruce Willis in seiner besten Rolle seit Langem, der wieder die ganze Melancholie und Traurigkeit von 12 Monkeys ausstrahlt. Und die kurze Montage, in der sich Gordon-Levitt in dreißig Jahren erzählter Filmzeit in Bruce Willis verwandelt, ist pure Kinomagie.

Looper • USA/VR China 2012 · Regie: Rian Johnson · Darsteller: Bruce Willis, Joseph Gordon-Levitt, Emily Blunt, Paul Dano, Piper Perabo, Jeff Daniels

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