17. Juli 2014

WOW!

„Transformers: Ära des Untergangs” – Pures visuelles Vergnügen

Lesezeit: 4 min.

Kaum ein erfolgreicher Hollywood-Regisseur wird von der Filmkritik, aber auch einem erheblichen Teil der Zuschauer mit solcher Häme, ja geradezu Hass, betrachtet wie Michael Bay. Wurden frühe Filme des einstigen Werbe- und Musikvideoregisseurs noch anerkennend gewürdigt (vor allem „The Rock“) begann mit dem fraglos exzessiven und nicht einmal latent sexistischem „Bad Boys 2“ eine Aversion, die sich mit jedem neuen „Transformers“-Film potenziert.

Das mag zum Teil daran liegen, dass die Verfilmung von Spielzeugrobotern geradezu paradigmatisch für das zynische, rein kommerziell denkende Hollywood ist, das selbst vor einer Verfilmung von Schiffe versenken nicht zurückschreckt und fast auch Monopoly „verfilmt“ hätte. Und gerade angesichts von Michael Bays Vorliebe für leicht bekleidete, großbusige Schönheiten, einer gerade für halbwegs liberale Westeuropäer befremdlich anmutenden Begeisterung für alles militärische und nicht zuletzt eines oft Stereotyp anmutenden (Toiletten-)Humors gibt es auch genügend Aspekte, die man an Bays Filmen kritisieren kann.

Was dann aber doch befremdet ist wie Bays unbestreitbar großes Talent für beeindruckende Bilder unterschätzt, ja geradezu ignoriert wird. Film als Jahrmarkt, als Achterbahn, als pures visuelles Vergnügen ist sicher nicht die einzige Form des Kinos und sicher auch nicht die substantiellste. Wenn es jedoch um die schiere Lust an Verfolgungsjagden, atemberaubenden Actionszenen, gigantischen Zerstörungsorgien geht, gibt es vielleicht ein, zwei Regisseure, die sich mit Bay messen können. Da Bay inzwischen dazu neigt, viel zu lange Filme zu drehen, erfordert es zwar erhebliches Sitzfleisch, bis der Spaß richtig losgeht, wenn er dann aber losgeht macht er sprachlos, starrt man mit offenem Mund auf die möglichst große Leinwand und kann eigentlich nur sagen: Wow!

Satte 165 Minuten ist Transformers: Ära des Untergangs nun lang und braucht über eine Stunde, um die neuen Figuren und die neue Mythologie zu etablieren. Statt Shia LaBeouf schlüpft nun Mark Whalberg in die Hauptrolle. Er spielt den Erfinder und allein erziehenden Familienvater Cade Yaeger, der seine halbwüchsige (und ja, blond und hübsche) Tochter Tessa mit Gelegenheitsjobs durchbringt. Zufällig findet er in einem alten Kino einen Laster, der sich bald als Optimus Prime entpuppt, Anführer der Autobots, der guten Transformers. Doch auch diese leben ein paar Jahre nach Ende des dritten „Transformers“ Film im Untergrund, die Menschheit will ihre Hilfe nicht mehr. Eine CIA-Black-Op-Einheit namens „Cemetery Wind“ unter Anführung von Harold Attinger (Kelsey Grammer) jagt und  vernichtet alle Transformers, egal ob Freund oder Feind, allerdings nicht allein: Ein finsterer Transformer namens Lockdown (in Autoform ein schmucker Lamborghini) macht Jagd auf alle Transformers, die sich im Universum aufhalten, um sie zu ihren Erbauern zurückzubringen. Als Preis für die Ergreifung von Optimus Prime hat er Attinger und dessen Partner, dem Erfinder und Billionär Joshua Joyce (Stanley Tucci als Steve Jobs-Version) etwas besonderes versprochen: Eine Art riesiges Samenkorn, mit dessen Hilfe genügend Mengen des Elements „Transformiums“ produziert werden kann, um eine Armee von menschlich gesteuerten Transformers herzustellen.

Die Story hört sich komplizierter an als sie ist und dient – machen wir uns nichts vor – auch nur als Anlass für gigantomanische Actionszenen. Man mag es bedauern, dass Bay heutzutage keinen Wert mehr auf spannendere, logischere Geschichten legt sondern rudimentäre Handlungsbrocken, grob skizzierte Charaktere nur noch als notwendiges Beiwerk für Action betrachtet. Doch letztendlich ist er damit auch nicht so weit von Slapstick-Filmen aus den 20er Jahren entfernt, die einfache Figuren und Geschichten als Gerüst für atemberaubende Stunts und visuelle Einfälle gebrauchten.

Diese entstehen bei Bay im Computer, doch in der Beherrschung von photorealistischen Effekten, der künstlichen Produktion absolut realistisch wirkender Actionszenen macht Bay praktisch niemand etwas vor. Wenn da in der finalen Actionszene Dinosaurier-Roboter durch die Hochhausschluchten von Hong Kong rasen und sich mit Dutzenden feindlicher Roboter wilde Kämpfe liefern kann man nur staunen. Immer wieder gelingt es Bay noch eins drauf zu setzen, schon Gesehenes zu toppen: Man erinnere sich etwa an die Verfolgungsjagd aus „Bad Boys 2“ in der Will Smith mit Sportwagen auf Verfolger warf. Diese wurde kurz darauf in „The Island“ getoppt, als mit riesigen, eisernen Zugachsen geworfen wurde. Hier nun fällt es Bay allen ernstes ein, das Raumschiff des finsteren Lockdown ganze Schiffe aus dem Hafen von Hong Kong saugen zu lassen, die dann den Helden in den Weg geworfen werden! Das ist so absurd, so überkandidelt, das es kaum zu fassen ist, gleichzeitig aber von solcher technischen Perfektion, so makellos inszeniert, dass man sich der Wucht dieser Sequenz kaum entziehen kann.

Michael Bay dreht zwar keine substanziellen Filme, er erzählt nichts über menschliche Emotionen oder soziale Probleme. Dass er das kann, wenn er will, hat er mit dem letztjährigen „Pain & Gain“ bewiesen. Mit der „Transformers“-Reihe hat er einfach nur Spaß und reizt dabei das technisch machbare immer wieder aufs Neue aus. Mögen muss man das nicht, aber wenn man sich daran erinnert, wie man als junger Mensch begonnen hat, Kino zu lieben, für Action, Verfolgungsjagden, visuelle Sensationen, dann kann man Bay eigentlich nur für seine Lust bewundern, Kino als pures visuelles Vergnügen zu inszenieren.

Transformers: Ära des Untergangs startet am 17. Juli in den deutschen Kinos.

Transformers: Ära des Untergangs • USA 2014 • Regie: Michael Bay • Darsteller: Mark Whalberg, Stanley Tucci, Kelsey Grammer, Nicola Peltz

Bilder: Paramount

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