23. Juni 2019

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„Star Wars Archiv. 1977 – 1983“ – Das letzte Wort zum Thema „Star Wars“

Lesezeit: 3 min.

Es ist schwierig heutzutage noch uneingeschränkt positive Worte über „Star Wars“ zu verlieren.

Einerseits: Die Trilogie wurde nicht nur zu einem Science-Fiction-Klassiker und ewigen Favorit aller Jungs und jung gebliebenen Männer, sondern mutierte zu einem modernen Märchen. Einem das, wie George Lucas am Ende von „Das Star Wars Archiv. 1977 – 1983“ eingesteht, größer als er selbst wurde, einem Märchen das „sein Leben beherrscht, irgendwie gegriffen und gegen seinen Willen übernommen hatte“. Aussagen, die man nach dem Genuss des Mammut-Wälzers (41,1 cm x 30 cm, 604 Seiten), mit dem man locker Schwiegermütter tot hauen kann (6,5 Kilo!), durchaus nachvollzieht und das ist es auch, was das Buch von Paul Duncan, Haus- und Hofautor beim Taschen-Verlag, wenn es um das Thema Film geht, trotz Zilliarden Seiten an bisher erhältlicher „Star Wars“-Literatur, wertvoll macht, denn „Star Wars“ heißt anderseits mittlerweile eben auch: Eine zwischen 1999 und 2005 veröffentlichte, eher zwiespältig aufgenommene weitere Trilogie von Lucas selbst und vor allem eine 2015 begonnene, gnadenlose Ausschlachtung unter der Disney-Flagge – innerhalb kürzester Zeit wurde soviel „Star Wars“ ins Publikum gepumpt wie nie zuvor.

Doch der Ursprung war ein Akt der innigen Liebe, das Werk eines Mannes, eines Visionärs, mit dessen Vorstellungen die Studios zuerst nichts anfangen konnten, der sich aber dennoch gegen alle Widerstände durchsetzte und einen von einer zutiefst humanen Philosophie durchdrungenen filmischen Kosmos schuf, in dem noch die letzte Raumschiffschraube vom lucaschen Geist durchdrungen ist. Gerade in diesem Punkt wird deutlich, wie besonders die Disney-Ära in ihrem hilflosen Kreisen um sich selbst, der ständigen Variation der bereits vorhandenen Motive, ein doch im Grunde völlig überflüssiger Auswurf darstellt; gerade hier wird deutlich, wo der Unterschied zwischen künstlerischer Schaffenskraft und schlichtem Wiederkäuen liegt.

Auf über 600 Seiten zeichnet Duncan die Entstehungsgeschichte des Epos nach, lässt den Meister in einem sehr langen und ausführlichen Exklusiv-Interview zu Wort kommen, vernachlässigt aber auch nicht Darsteller, Setdesigner, Special-Effects-Künstler, Puppenbastler und weitere Menschen, die auf irgendeine Weise dazu beigetragen hatten, dass der Sternenkrieg von Lucas’ Hirn auf die Leinwand transferiert wurde. Garniert wird der umfangreiche Text mit unzähligen Setfotos, Abbildungen von Storyboards, Modellzeichnungen, Drehbuchnotizen, Filmplakaten und vielem mehr. Das es Duncan dabei tatsächlich geschafft hat, noch ungesehenes Material aufzustöbern, ist erstaunlich. Besonders die Behind-the-Scenes-Fotos, auf denen junge, unrasierte Menschen in abgenutzten Jeans an Masken, Miniatur-Raumschiffmodellen und anderer Ausstattung basteln, sind ein einziges Vergnügen und führen einen zurück in eine Zeit, in der Kino noch echte Handarbeit war, Handarbeit, die auch vier Jahrzehnte später nicht an Reiz verloren hat – von den angeblichen CGI-Revolutionen der letzten Jahren (wie zum Beispiel James Camerons 2009 so emsig abgefeierte Kino-Revolution „Avatar“) hingegen redet heute niemand mehr.

Überraschenderweise werden selbst die wenig geliebten („Star Wars Holiday Special“, 1978) oder etwas in Vergessenheit geratenen Ableger wie „Ewoks“ (1984), „Die Ewoks“ (1985/1986), „Freunde im All“ (1985/1986) und „Ewoks: Kampf um Endor“ (1985) in Anhängen thematisiert – eine absolut runde Sache also.

Das Buch ist unterm Strich aber weit mehr als ein Making-of, es ist ein Künstler-Porträt, dem dank Duncans geschickter Gesprächsführung fast ebenso märchenhafte Züge anhaftet, wie dessen Ggenstand – man sieht Lucas bei der Lektüre förmlich am Kaminfeuer sitzen und loslegen: „Es war einmal vor langer, langer Zeit im weit entfernten Hollywood, als sich ein unglaubliches Abenteuer ereignete …“

Paul Duncan: Das Star Wars Archiv. 1977 - 1983 • Köln 2019 • 604 Seiten • Hardcover: 150 €

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