15. März 2014 1

Riesenfutter

„Attack on Titan“ – Japans Manga-Besteller auf deutsch

Lesezeit: 2 min.

Es hat ein wenig gedauert, aber nun debütiert die neben „One Piece“ derzeit wohl erfolgreichste Manga-Serie auch in Deutschland. Der erste Band von Attack on Titan (im jap. Original eigentlich „angreifende Riesen“) der Reihe, deren bisher 12 Bände in Japan bereits unglaubliche 30 Millionen Exemplare verkauft wurden, ist gerade erschienen.

Hajime Isayama Stoff ist ein recht wilder Mix.

In einer nicht näher bestimmten Zukunft wird die Menschheit von bis zu 15 Meter hohen Titanen angegriffen und beinahe ausgerottet. Niemand weiß, woher sie kamen, aber sie haben eine Vorliebe für Menschenfleisch. Die letzten Überlebenden ziehen sich in eine Stadt zurück, die von mehreren 50 Meter hohen Mauern ringförmig umgeben ist. Zwischen diesen Mauern leben sie fast 100 Jahre in Frieden und allmählich hat man sich mit seinem Schicksal abgefunden. Bis eines Tages ein Titan vor der äußeren Mauer auftaucht, der an die 50 Meter groß ist und im Nu ein Loch fabriziert, durch das seine Artgenossen eindringen können…

Fünf Jahre nach diesem Vorfall haben sich die Menschen auf weitere Angriffe vorbereitet und die Jugend eisern gedrillt. Gerade zur rechten Zeit!

Die Mischung aus postapokalyptischem Szenario mit Starship Trooper-Gung Ho-Attitüde hat gewiss ihren Charme, wird allerdings eher holprig präsentiert. Der eigentliche Reiz, nämlich die Geschichte der Riesen – Wo kommen sie her? Warum fressen sie Menschen, aber nichts anderes? Sind sie intelligent? Warum sieht man sie von einer 50 Meter hohen Mauer aus nicht herankommen? Wieso kann man sie nur im Nacken verletzen? –  wird erzählerisch kläglich eingebaut. Mitunter hat man sogar das Gefühl, dass die ganze Vorgeschichte „im Gehen“ erfunden wurde, da werden aus heiterem Himmel Einschübe gemacht, in denen Infos mal gerade eben aus dem Ärmel gezaubert werden.

Und die Helden? Die sind vor allem mit sich selbst beschäftigt. Seitenlang wird darüber schwadroniert, dass man sich das doch nicht gefallen lassen kann, dass sich die Menschen aufraffen müssen, statt in Apathie zu versinken. Da werden hölzern Motivationen gezimmert, die jeder Creative Writing-Lehrer eigentlich vom Tisch fegen müsste – die aber natürlich dennoch munter überall in der Popkultur benutzt werden. Wenn nichts mehr hilft, muss der Held eben eine geliebte Person verlieren, um sich zu stählen.

Auch grafisch ist das nicht auf Top-Niveau, manchmal sogar krude. Zumindest in der Darstellung der Riesen hilft das allerdings. Die sind in ihren bizarren Proportionen und ihrer rundum grotesken Physiognomie tatsächlich furchteinflößend – sie sind eine unfassbare, noch dazu völlig lautlose, indifferente Bedrohung, die wirklich albtraumhafte Züge trägt. Die Titanen stehen also in mancher Hinsicht in bester „Godzilla“ und „Mecha-Riesenroboter“-Tradition. Die Lust an der Zerstörung stellt alles in den Schatten. Und die Rekruten sind uninteressantes Kanonenfutter, das ruhig im Maul verschwinden kann.

Hajime Isayama: Attack on Titan 1 • Carlsen, Hamburg 2014 • 192 Seiten • €6,95

Kommentare

Bild des Benutzers Markus Mäurer

Die dazugehörige Animeserie ist übrigens auch sehr gelungen, meines Wissens bisher aber nur mit englischen Untertiteln erhältlich.

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