29. Juli 2022 1 Likes

„Paper Girls“ auf Prime

Der Comic von Brian K. Vaughan und Cliff Chiang als Streaming-Serie

Lesezeit: 3 min.

Um das gleich am Anfang zu klären: „Paper Girls“ mag von Amazons Prime-Streaming-Dienst als Antwort auf Netflix’ Nostalgie-Knüller „Stranger Things“ gedacht sein, doch es ist natürlich kein Abklatsch.

Autor Brian K. Vaughan („Saga“), Zeichner Cliff Chiang („Catwoman: Lonely City“) und Kolorist Matt Wilson („Wonder Woman“) schickten ihre vier Comic-Zeitungsausträgerinnen bereits im Oktober 2015 auf die große Runde, also sogar noch vor dem ersten „Stranger Things“-Trailer und dem Beginn des Hypes um die Crew aus Hawkins. Bis 2019 sahen die „Paper Girls“-Comics beim Verlag Image 30 US-Hefte und räumten völlig zurecht mehrere Eisner Awards ab. Auf Deutsch liegt die „Paper Girls“-Bildergeschichte in sechs Sammelbänden bei Cross Cult vor, außerdem schlägt dieser Tage eine 800-Seiten-Komplettausgabe auf.

Bei Amazon stehen seit 29. Juli indes alle acht Folgen der ersten Staffel von „Paper Girls“ zum Schauen und Bingen online. Brian K. Vaughan, der selbst als Autor, Producer oder Showrunner an TV-Erfolgen wie „Lost“ und „Under the Dome“ mitwirkte, wurde für die Streaming-Adaption seines Comics u. a. von Christopher Cantwell („Halt and Catch Fire“), Stephany Folsom („Toy Story 4“) unterstützt. Mit dem Rest ihrer Crew haben sie den preisgekrönten Science-Fiction-Comic in eine zeitgeist-treffende Fernsehserie umgewandelt, die prinzipiell noch immer dieselbe Geschichte erzählt: In einem Vorort von Cleveland müssen die jungen Zeitungsausträgerinnen Erin, Mac, Tiffany und KJ am schwierigen Morgen nach Halloween ihren Job erledigen. Doch nicht nur maskierte Halbstarke stellen sich ihnen in den Weg. Die Teenagerinnen fahren auf ihrer morgendlichen Höllentour letztlich in ein unglaubliches Abenteuer, das sich erst wie die pink bestrahlte Apokalypse anfühlt und schließlich zu einem Generationskonflikt voller verwirrender Zeitreisen und krassen Gefahren wird …

„Paper Girls“ schafft es von Anfang an – und immer wieder –, verblüffend werkgetreu zu sein. Teils wird der Lieblingscomic sogar 1:1 in Worten und Bildern zitiert, so was sieht man als Fan gern. An anderer Stelle nutzt man völlig legitim eigene Routen durch die nicht ganz einfache Story, die im Comic mit Voranschreiten der Handlung ebenfalls etwas kompliziert wurde. Überdies ist es Vaughan, Cantwell und Co. gelungen, ihre vier diversen Protagonistinnen nicht bloß super zu besetzen, sondern die Charaktere und ihre Chemie obendrein wirklich gut in die Prime-Serie zu transferieren. Egal wie verrückt oder sprunghaft die Geschichte wird, die Mädels bleiben durchgehend ihr Anker. Das hilft allerdings nicht gegen die zahme Taktung oder den nicht weiter bemerkenswerten Look der Produktion.

Denn auch das veranschaulicht „Paper Girls“ bei aller Werkgetreue sehr gut: Nicht immer gelingt es wie im Fall von „The Boys“ oder „Umbrella Academy“, die Magie und die Faszination der ursprünglichen Comics aufzugreifen und in einem anderen Medium neu aufleben zu lassen oder zu etwas auf eigene Art bestechendem zu machen. „Paper Girls“ ist auf keinen Fall eine schlechte Serie und durchaus solide, das kann man sich schon mal reinziehen – aber die Streaming-Variante ist ihrer Konkurrenz und vor allem ihrer außergewöhnlichen, ebenso frischen wie frechen, wunderschön anzuschauenden Panel-Vorlage eben deutlich unterlegen.

Abb.: © 2022 Amazon Studios. Courtesy of Prime Video

Paper Girls – Staffel 1 USA 2022 • Regie: Georgi Banks-Davies, Destiny Ekaragha u.a. • Darsteller: Sofia Rosinsky, Camryn Jones, Riley Lai Nelet, Ali Wong, Fina Strazza • 8 Episoden mit je 38–56 Min, Amazon Prime

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