Schismatrix

von Bruce Sterling

Dass der menschliche Körper schnell an seine Grenzen kommen kann, weiß jeder. Schließlich wird früher oder später jeder von uns mit der endgültigen Grenze des menschlichen Daseins konfrontiert werden: dem Tod. Dem wissenschaftlichen Fortschritt sei Dank, haben wir diese Grenze zwar immer weiter nach hinten geschoben und erreichen inzwischen eine fast dreimal so hohe Lebenserwartung wie noch die Menschen im Mittelalter. Aber könnte man, angesichts unserer technischen Möglichkeiten, den Tod nicht doch mit einem Taschenspielertrick überlisten wie einst der Brandner Kaspar? Die philosophische Richtung, die sich mit der Weiterentwicklung, Verlängerung und Verbesserung der menschlichen Existenz mittels Technologie und Biotechnologie beschäftigt, heißt Transhumanismus. Ein Thema, mit dem sich natürlich auch die Science-Fiction beschäftigt: Es gibt viele Romane, in denen transhumanistische Motive auftauchen, wie z.B. William Gibsons „Neuromancer“ (im Shop) oder Ramez Naams „Nexus“ (im Shop), um nur zwei davon zu nennen.

Den ultimativen Transhumanismus-Roman hat aber wohl Bruce Sterling geschrieben: In „Schismatrix“ (im Shop) hat die Menschheit die Erde weit hinter sich gelassen und sich auf künstlichen und natürlichen Habitaten im gesamten Sonnensystem niedergelassen. Um ihre Körper an die neuen Lebensbedingungen im Weltraum anzupassen, haben sich die Menschen in zwei neue Stämme aufgespalten: die Former und die Mechs. Die Former haben, dank Biotechnik und Genetik, Krankheit und Tod inzwischen völlig hinter sich gelassen. Von einer idealen Gesichtsform bis hin zur absoluten Eleganz der Bewegungen, sind die Former perfekt, wunderbar und sauber – ja, in einem Formerkörper sind sogar die Magenschleimhäute steril!

Im strengen Gegensatz dazu stehen die Mechs: Sie sind Cyborgs, die ihr Leben mittels hocheffizienter Prothesen verlängern oder ihr Bewusstsein mit Computern oder Robotern verlinken. Beide Parteien kämpfen seit Jahrzehnten erbittert um die Vorherrschaft im Sonnensystem, und schon die geringste Provokation könnte einen Krieg heraufbeschwören. Erzählt wird die Geschichte von Abélard Lindsay, der zwar einer einflussreichen Mech-Familie entstammt, aber trotzdem eine Diplomaten-Ausbildung bei den Formern durchläuft. Lindsay schließt sich daraufhin einer radikalen Untergrundgruppe an, die die Vorherrschaft der Mechs in seinem Heimathabitat brechen möchte, und wird zur Strafe ins Exil geschickt.

Das faszinierende an „Schismatrix“ ist, dass der Roman uns zwar einen Blick in eine Zukunft gewährt, in der die Figuren die wesentlichen Bestandteile des Menschseins – Geburt und Tod – bereits hinter sich gelassen haben, ihre Handlungsmotive jedoch zutiefst menschlich sind: die Gier nach Macht, Einfluss und Geld. Das Bedürfnis nach Liebe. Die Vorbehalte gegenüber denjenigen, die anders sind als man selbst. Die Hoffnung auf Frieden, auf die Schismatrix: eine Welt, in der Former und Mechs in Eintracht koexistieren können.

Mit „Schismatrix“ hat Bruce Sterling einen zeitlosen Klassiker geschrieben, der eigentlich in keinem SF-Regal fehlen sollte.

von Stefanie Brösigke

Bruce Sterling

Schismatrix

Jenseits aller Ideologien

Der Homo sapiens der Zukunft hat zwei Möglichkeiten, um über sich hinauszuwachsen: Entweder er ist ein Former und lässt seine Gene gezielt manipulieren, oder er ist ein Anhänger der Mechs, die ihre Körper durch implantierte Chips und Cyborg-Modifikationen aufrüsten. Beide Gruppen führen seit Jahrzehnten einen Kampf darum, wessen Technologie die bessere ist. Abélard Lindsay, ein Mech, der bei den Formern ein diplomatisches Training absolviert hat, lehnt sich gegen die Dogmen beider Gesellschaften auf und wird auf dem Mond ins Exil geschickt. Durch seine Ausbildung fällt es ihm nicht schwer, sich in eine günstige Position zu bringen – doch eine emotionale Entscheidung lässt ihn alles über Bord werfen und ins All aufbrechen, wo sich das Schicksal der Menschheit entscheiden wird …

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