15. Juni 2016 2 Likes

Aufbruch zu alten Ufern

Rachel Bachs wunderbare Space-Odyssee „Sternenschiff“ fackelt nicht lange herum

Lesezeit: 3 min.

Devi Morris ist Ende zwanzig, knallhart und kann ihren Job. Sie ist eine Söldnerin, hat eine prächtige Verdemont-Rüstung („Lady Gray“), coole Waffen (die panzerbrechende Pistole „Sascha“, die Plasmaschrotflinte „Mia“ und das Thermitschwert „Phoebe“), trinkt jeden unter den Tisch und starrt Männern, die sie toll findet, nicht nur auf den Arsch, sondern schleppt sie auch noch reihenweise ab.

Und sie ist ehrgeizig. Devi will unbedingt zu den Devastoren, der Leibtruppe des Königs. Aber das ist keineswegs easy. Denn diese Truppe ist wählerisch und akzeptiert fast nur gestandene Veteranen. Aber das entsprechende Alter erreichen in Devis Berufsfeld eher wenige. Daher ist sie bereit, einen äußerst gefährlichen Job anzunehmen, um bei den Devastoren ordentlich Eindruck zu schinden. Sie heuert als Sicherheitsbegleiter an Bord des Handelsschiffs Glorreicher Narr an, das unter dem Kommando von Brian Caldwell steht. Ihm und seiner Crew eilt ein übler Ruf voraus, denn längst nicht jeder überlebt den Kontrakt auf dem berüchtigten Kahn. Und Devi merkt nur allzu schnell, dass Caldwell dem Ruf gerecht wird.

Rachel Bach, die als Rachel Aaron auch Fantasy-Romane verfasst, hat eine Menge Spaß beim Schreiben, das merkt man jeder Zeile des Auftaktromans ihrer „Paradox“-Trilogie an. „Sternenschiff“ (im Shop) ist wunderbar unverfrorenes Entertainment, das an keiner Stelle auch nur einen Anflug von „Tiefe“ sucht oder vorgaukelt. Klar, wer eine solche Heldin zu Papier bringt, öffnet auch ein wenig die „Gender“-Schublade, aber Bach hat keine Lust auf Diskurse. Devi ist einfach eine geile Heldin, an deren Seite man sich köstlich amüsiert, und damit gut. Devi sinniert und diskutiert nicht, sie lebt und handelt.

Nach demselben Muster geht Bach auch die Aliens an. Da gibt es solche, die wie große Vögel aussehen und andere, die riesigen Eidechsen ähneln, dann ist die Fantasie auch schon am Ende. Aber das macht nichts! Denn das „Paradox“-Universum hat eben viel mit der guten alten Space Opera zu tun, wie sie in den US-Pulps geboren wurde. Die Außerirdischen sind – wie bei Star Trek – nämlich Menschen mit Gummimasken, die ihnen bestimmte Merkmale (lieb, süß, gefährlich, tödlich) aufdrücken, mehr nicht. Kann gut sein, dass der äußere Schein mal trügt, aber intensiver wird die Reflexion nicht.

Bach sucht nicht die Faszination des Fremden und Unbekannten, sondern das Vergnügen in den Versatzstücken des Genres. Sie bricht nicht auf zu neuen Ufern, sondern spielt mit den wunderschönen Dingen, die am alten Ufer angespült wurden. Sie mixt Military SF und Space Opera zusammen und scheut sich nicht, als emotionalen Kitt eine Menge „Romance“-Elemente einzubauen – ohne jeden Kitsch. Das hat schließlich durchaus Tradition. Als in den 1980ern weibliche Autorinnen wie beispielsweise Joan D. Vinge die alteingesessene Space Opera bereicherten, waren es schließlich gerade die emotionalen Aspekte, die sie den männlichen Kollegen voraus hatten.

Womit wir auch schon beim „Firefly“-Vergleich sind, der immer wieder auf „Sternenschiff“ angewandt wird – und absolut zutreffend ist. Hier wie dort stehen die Figuren im Mittelpunkt und die Chemie, die zwischen ihnen knistert. Bach versteht es, all ihren Charakteren richtiges Leben einzuhauchen und schon nach wenigen Seiten möchte man nichts anderes, als Mitglied dieser Crew zu sein, die so ungemein schillernd, crazy, normal, gefährlich und sympathisch zugleich ist. Was diese Crew da gerade für ein Abenteuer erlebt, wird fast zur Nebensache, da allein die Existenz der Crew schon Abenteuer genug ist. Man taucht ein in diesen Roman und möchte nicht mehr auftauchen, bis er viel zu schnell vorbei ist. Zum Glück gibt es noch zwei weitere Bücher mit Devi. Eigentlich viel zu wenige.

Rachel Bach: Sternenschiff (Fortune’s Pawn) • Aus dem Amerikanischen von Irne Holicki • Heyne, München 2016 • 448 Seiten • E-Book: € 8,99 (im Shop)

Die aktuelle Story des Monats, „Utere nihil non extra quiritationem suis“ von John Scalzi, finden Sie hier.

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