13. Juli 2014 2 Likes 1

Der Sommer schlägt zu

Kann man auf dem Mars einen Föhn kriegen? – Eine Kolumne von Judith Homann

Lesezeit: 4 min.

Fragen über Fragen! „Wie lange dauern denn die Eisheiligen auf dem Mars? Und was passiert, wenn es an Siebenschläfer regnet? Ist ein Ostfriesennerz dort rot? Wie sagen die Marsianer das Wetter voraus? Und haben die bei Föhn auch Kopfschmerzen?“

Hier gibt’s die Antworten:

Die Eisheiligen auf der Erde dauern etwa ein bis zwei Wochen. Da auf dem Mars der Sommer doppelt so lang ist wie der irdische, gibt das nach Adam Riese zwei bis vier Wochen Mistwetter. Tatsächlich sind die Eisheiligen, wie auch das Weihnachtstauwetter, sogenannte Singularitäten, die aufgrund der unterschiedlichen Erwärmung von Ozean und Kontinent entstehen. Da es auf dem Mars kein Wasser in flüssiger Form (mehr) gibt, gibt es auch keine Eisheiligen.

Sollte es an Siebenschläfer regnen, würde der Marsianer Bauklötzchen staunen. Kurz darauf müsste er sich damit auseinandersetzen, dass ein paar wahnsinnige Wissenschaftler von der Erde ein Team Forscher raufschießen, um Gemüse zu pflanzen und Sonden in unschuldige Marsbewohner einzuführen. Bis es soweit ist, begnügen wir Erdlinge uns damit, das Marswetter aus der Ferne zu betrachten. Drei Satelliten, die unseren Nachbarplaneten umkreisen, sowie Marsrover Curiosity auf der Oberfläche funken täglich ihre Messungen in die aktuell 140 Millionen Kilometer entfernte Heimat.

Rote Ostfriesennerze heben sich vom Einheitsrot des nordmarsianischen Herbstnebels zu schlecht ab, es kam deswegen zu schweren Verkehrsunfällen. Daher hat die Marsregierung vor 295 Sols (ein Sol ist ein Marstag; 295 Sols entsprechen etwa 303 Erdentagen)  dazu aufgerufen, zukünftig in Staubstürmen die marsweit anerkannte Signalfarbe Laubgrün zu tragen.

Der marsianische Wetterdienst beschäftigt neben einer Hundertschaft Fröschen in Einweckgläsern die besten Kaffeesatzleser des Universums. Der Wetterbericht auf dem Mars leidet allerdings darunter, dass ihnen ständig roter Sand in die Tassen geweht wird, weshalb die Wettervorhersage dort in der Bevölkerung einen ähnlichen Ruf hat wie hier auf der Erde.

Mars Temperaturen
Topographische Karte

Föhn im alpinen Sinne benötigt für seine Entstehung ein Gebirge, das zwei unterschiedlich warme Luftmassen trennt, und einem schmalen Pass darin, durch den die kältere Luft ausfließen kann. Da es auf dem Mars zwar reichlich Gräben und Vulkane gibt, aber kein einziges Gebirge wie bei uns auf der Erde (auf Google Mars nachzuprüfen), werden die Marsianer gar nicht von Föhn geplagt. Aufgrund der unterschiedlichen Erwärmung von Tälern und Hängen im Vergleich zu flachen Ebenen (sie erwärmen sich tagsüber stärker, kühlen aber auch nachts schneller aus) dürfte es allerdings im Solsverlauf durch kleine Druckunterschiede zu heftigen Hangwinden an den großen Vulkanen auf dem Tharsis-Rücken und in der Elysium-Region sowie Talwindsystemen in den Mariner-Gräben kommen.

Hier auf der Erde schwitzten wir Anfang Juni bei Temperaturen, die tagelang die 30°-Marke überstiegen, bis sich in weiten Teilen Deutschlands all die Hitze in einem gewaltigen Rumms entladen hat. Hitzegewitter sind in unseren Breiten ein wohlbekannter Begleiter des Sommers und verhageln uns gerne so manche Grillparty.

Mars Staubsturm
Ein Staubsturm

So wie das Hitzegewitter zum Erdensommer, gehören Staubstürme zum Marssommer. Die hohe Sonneneinstrahlung erhitzt lokal den Boden so stark, dass kleine Aufwindschläuche entstehen, weil warme Luft leichter ist als kalte. Diese Aufwinde reißen Staub vom Boden mit, was dazu führt, dass sich die Atmosphäre noch weiter erwärmen kann und somit der Effekt weiter verstärkt wird. Auf diese Weise können große Mengen feinen Sands in große Höhen transportiert werden und sich dort zu einem ausgewachsenen Staubsturm zusammentun. Aufgrund der dünnen Atmosphäre (und damit geringen Luftreibung) können diese Stürme enorme Geschwindigkeiten (bis zu 200km/h) erreichen und im Extremfall monatelang wüten.

Auf der Nordhalbkugel tobten im Juni heftige, mehrere Tage anhaltende Stürme, die jede Menge feinen, roten Sandes aufgewirbelt haben. Weite Teile des Marshimmels waren von staubigem Dunst bedeckt, sogar Marsrover Opportunity konnte dieses Phänomen beobachten. Über den Bergen und dem Äquator befinden sich noch immer dünne Eiswolken, die hier ebenfalls mit dem Sommer verbunden sind wie bei uns Eis und Freibad.

Aktuell erreichen die Temperaturen ein hochsommerliches Maximum von bis zu +4°C Bodentemperatur, und auch die Luft ist mit -11° geradezu tropisch warm. Nachts liegen die Temperaturen in den -70ern. Doch wo unser Sommer erst so richtig in Gang kommt, neigt sich die warme Jahreszeit auf dem Mars bereits dem Ende entgegen: am 17.8. unseres Kalenders ist auf dem roten Planeten Herbst-Tagundnachtgleiche.

Lektüreempfehlung: Ulf von Rauchhaupt: Der neunte Kontinent: Die wissenschaftliche Eroberung des Mars. S. Fischer, 2009. 

Judith Homann macht gerade ihren Master in Meteorologie an der Universität Innsbruck und interessiert sich auch für extraterrestrische Wetteraktivitäten.

Google Mars

Ja, Google gibt es auch auf dem Mars: google.com/mars

Kommentare

Bild des Benutzers Shrike

>>>>>>>Judith Homann macht gerade ihren Bachelor in Meteorologie an der Universität Innsbruck und interessiert sich auch für extraterrestrische Wetteraktivitäten.<<<<<<
und hat dabei auch noch jede Menge Humor!
Hut ab, mit so einer Antwort auf meine Fragen hatte ich nicht gerechnet. Jetzt bin ich erst mal platt.
Da hatten wir ja diesmal mit vier Wochen Mistwetter zur Eisheiligen-Zeit richtige Marsverhältnisse. Vielleicht sollte man das Wort Mistwetter gleichsetzen mit Marswetter. Aber das hätten die Nachbarn dann doch nicht verdient.
Ja und es gab früher flüssiges Wasser auf dem Mars. Meiner laienhaften Kenntnis nach hat es sich verflüchtigt, weil eben eine Atmosphäre fehlt. Okay, da ist also ein milliardenjahrelanger Prozess abgelaufen und jetzt ist es weg, das kühle Nass.
Kann der Prozess sich mal wieder umkehren und wenn ich die x-te Reinkarnation hinter mir habe, könnte ich dann in Space-Google - oder eben dem Äquivalent dazu - wieder lesen, dass eine Atmosphäre auf dem Mars vorhanden ist oder sich langsam aufbaut?
Oder wie weit müsste sich Mars noch runterwirtschaften mit den ganzen Stürmen und so, bis so ein Prozess andersrum ablaufen kann?
Und macht Sol3 grade den gleichen Prozess durch, steht nur an anderer Stelle? Weil wenn das Wasser samt Atosphäre sich bei uns auch verflüchtigt, brauche ich den Salat im Garten ja gar nicht mehr zu gießen, ist eh wurscht oder?
Wieviel können wir aus der Momentaufnahme, die unserer Wissenschaft möglich ist, Schlüsse ziehen (oder wenigstens Vermutungen anstellen)?
Ja und dann wäre da noch die Frage, ob zu der Zeit, als Wasser auf dem Mars war, auch irgendeine Form von Leben vorhanden war. Aber die Frage heb ich mir vielleicht dann doch für später auf ;-)
Liebe Grüße
Shrike (schreibt man manchmal Schreck)

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