6. November 2018

Herrschen und Schieben

Als „Game of Thrones“-Variante macht das grandiose „Reigns“ noch mehr Lust auf das Spiel um Macht

Lesezeit: 2 min.

Ohne Zweifel lebt HBOs im nächsten Jahr abgeschlossener Überhit Game of Thrones neben seiner Imposanz vor allem von der konsequenten Auslegung des nicht nur metaphorisch ausagierten Spiels um Macht. Jeder Zuschauer hat seine eigenen Favoriten und fürchtet spätestens zur letzten Staffel um dessen oder deren Überleben. Auch das schon seit ein paar Jahren beliebte Reigns hat für Indie-Verhältnisse bereits eine durchaus bemerkenswerte Fanschar angesammelt (wenn auch nicht annähernd in GOT-Dimensionen) und lebt ebenfalls davon, dass vor königlichem Hintergrund im wahrsten Sinne einschneidende Entscheidungen bei der alten Frage um Teilen oder Herrschen im Vordergrund stehen.

Was stünde da also näher, als beide Franchises miteinander zu kombinieren, dachten sich wohl auch die Macher von Nerial und Devolver Digital, die mit HBO daraufhin eine entsprechende Kooperation eintüteten. Das Ergebnis hört folgerichtig auf den Namen Reigns: Game of Thrones und ist seit einigen Wochen als Mobile Version für IOS und Android sowie für PC zum kleinen Preis von ca. 4 Euro erhältlich. Wie bereits beim Original, lebt auch dieses Reigns von seiner extrem simplen Spielmechanik, die manche Kommentatoren zu Vergleichen mit der Dating-App Tinder anregt.

Als Herrscher treffen wir mittels eines einfachen Card-Prinzips Entscheidungen am laufenden Band, die sich mehr oder weniger unmittelbar auf unsere Herrschaft auswirken. Wen greifen wir an? Wen unterstützen wir? Oder wie gehen wir mit diesem oder jenem missliebigen Konkurrenten um? Da man jede Frage mit einem Wischer nach links oder rechts „beantworten“ kann, entfaltet Reigns einen unnachahmlichen Flow, der sich auch nach mehreren Abläufen mit GOT-Figuren wie Jon Snow, Cersei oder Tyrion kaum abnutzt.

Dazu trägt trotz des düsteren Universums der Vorlage die comichaft minimalistische Präsentation bei, die selbst die tyrannischsten Entscheidungen oder die grausamsten Tode nach entsprechenden (Fehl-)Entscheidungen in süßliches Wohlgefallen auflöst. Einziger echter Kritikpunkt: So richtig nachvollziehbar ist das Geschehen nicht bei jeder Entscheidung. Zwar dürfte es nur selten passieren, dass eine länger verfolgte Grundstrategie plötzlich nur durch eine Wischbewegung komplett zum Exitus führt, doch selbst genaues Nachdenken innerhalb der gerade von Fans verinnerlichten GOT-Regeln garantiert nicht, dass solide abgewogene Wahloptionen nicht zu etwas völlig anderem führen als erwartet.

Das mag man dann vielleicht als auch irgendwie „typisch GOT“ klassifizieren können; es bleibt dennoch im Spielfluss manchmal ein Ärgernis. Nichtsdestotrotz entschädigen aber das geschmeidige Gameplay, die freispielbaren Hintergrundstorys der Figuren und speziell die Langzeitmotivation dank vieler Charaktere mit ihren jeweiligen Herrscher-Pfaden für dieses letztlich verschmerzbare Manko. Ach ja, nicht zu vergessen: Für echtes GOT-Flair sorgt natürlich auch der Original-Soundtrack. 

Fazit

Wer Reigns und Game of Thrones mag und sich mobil oder am PC mit einem genial simplen, aber gerade deshalb umso clevereren Entscheidungs-Gameplay im Comic-Design die großen Fragen der Herrschaft stellen möchte, sollte hier zum kleinen Preis unbedingt zuschlagen.

Reigns: Game of Thrones • Nerial/Devolver Digital/HBO • Indie/Mobile-Game

Abb. © Nerial/Devolver Digital/HBO

 

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