7. Dezember 2019 1 Likes

Heimkino-Highlights im Dezember

Neues und Altes jenseits des großen Saals

Lesezeit: 8 min.

Jeden Monat die gleiche quälende Frage angesichts eines Bergs von Neu-Veröffentlichungen: „Was lohnt sich?“ – regelmäßige Hinweise der Redaktion sollen das Leben zumindestens ein wenig leichter machen!

 

1. Dagon (2001)

Bei wem? Shock Entertainment Als was? Mediabook (BD & DVD) Wann? 03.12.2019

Worum geht’s? Paul Marsh und seine Freundin Barbara machen mit dem befreundeten Paar Howard und Vicki vor der spanischen Küste Urlaub auf einem Segelboot als ein plötzlich aufziehender Sturm das Boot auf ein Riff wirft. Vicki wird verletzt, Paul und Barbara wollen im nahe liegenden Fischerdorf Imboca Hilfe holen. Doch das Dorf ist von grauenhaften Mensch-/Fisch-Mutationen bewohnt, die nichts Gutes im Sinn haben und plötzlich ist Paul ganz alleine auf sich gestellt …

Prognose: Die Verfilmung stellt eine Kombination aus den Geschichten „Schatten über Innsmouth“ und „Dagon“ (wobei der Fokus eindeutig auf ersterer liegt) dar und gilt weithin als eine der besten Lovecraft-Adaptionen. Dem kann nur beigepflichtet werden. Regisseur Stuart Gordon, der außerdem für die nicht immer 100% zielsicheren, aber stets sehenswerten Lovecraft-Adaptionen „Re-Animator“ (1985), „From Beyond – Alien des Grauen“ (1986) und der „Masters of Horror“-Episode „Dreams in the Witchhouse“(2005) verantwortlich war, eliminiert zwar die – sicherlich auch extrem schwierig auf die Leinwand zu hievenden – Ambivalenzen der Vorlagen, aber punktet mit einer geschliffen inszenierten, klugen Schauermär, bei der das für den Autor aus Providence so typische Gefühl der Isolation in Kombination mit einer unheimlichen, beunruhigenden Atmosphäre nur so aus dem Bildschirm tropft. Das einzige, was man „Dagon“ ernsthaft ankreiden kann, sind ein paar wenige, ausgesprochen hässliche CGI-Effekte. Dafür entschädigt das traumhafte Setdesign: Es macht allein schon Spaß zusammen mit Paul das von unablässigen Regenschauern völlig vermoderte Dorf zu erkunden, selten hat ein dermaßen irrealer Ort so real gewirkt. Natürlich findet die Veröffentlichung wieder im teuren Mediabook statt, wer auf eine deutsche Synchronisation angewiesen ist, sollte aber zugreifen. „Dagon“ muss in jede ernsthafte Sammlung!

Dagon • Spanien 2001 • Regie: Stuart Gordon • Darsteller: Ezra Godden, Francisco Rabal, Macarena Gómez, Brendan Price, Birgit Bofarull, Uxia Blanco, Ferrán Lahoz, Victor Alcázar

 


„Watchmen – Ultimate Cut“

2. Watchmen – Ultimate Cut (2009)

Bei wem? Paramount Als was? Blu-ray, Blu-ray Steelbook, 4K Ultra HD Steelbook & Blu-ray, 4K Ultra HD Steelbook Wann? 05.12.2019

Worum geht’s? In den 1980er-Jahren ist Richard Nixon immer noch Präsident der USA. Mit Hilfe der mittlerweile pensionierten Superheldentruppe Watchmen konnte Nixon den Vietnamkrieg gewinnen, doch plötzlich wird einer der ehemaligen Recken ermordet. Der soziopathische Rorschach fängt an zu ermitteln und stößt bald auf eine groß angelegte Verschwörung …

Prognose: Verfilmung des gleichnamigen Comic-Überklassikers von Alan Moore und Dave Gibbons, die seit 2009 für gespaltene Gemüter sorgt, was vor allem damit zu tun hat, dass sich um die Leinwand-Adaption ausgerechnet der nicht unbedingt beliebte Regisseur und Drehbuchautor Zack Snyder gekümmert hatte, der ähnlich wie Paul W.S. Anderson gerne als Boxsack für Nachtschattengewächse aus dem Internet herhalten muss. Natürlich, Snyder hat – wie auch Anderson – seine Schlagseite (Hang zur von riefenstahlesken Bildern ummantelter Maximalpopanz), aber er ist ebenso ein Regisseur, der sich zum Beispiel getraut hat, mit „Sucker Punch“ (2011) ein unglaublich wildes, verspieltes und komplett eigenständiges Big-Budget-Popmärchen ins Kino zu hieven, das im Gegensatz zu Christopher Nolans ähnlichen „Inception“ (2009) die Eier besaß, auf einem 80-Millionen-Dollar-Level das Irreale des Träumens tatsächlich ernst zu nehmen und in einen konsequenten, entfesselten Bilderrausch zu übersetzen. Und auch wenn es „Watchmen“ natürlich nicht schafft, die komplexe, crossmediale Erzählstruktur und die gedankliche Tiefe der Vorlage zu übertragen, bleibt immer noch eine wunderbar elegische, kompromisslose Comicverfilmung mit (angesichts des Inhalts vielleicht etwa zu) verführerischen Bildern. Erstmals hierzulande zu haben ist nun der 215-minütige „Ultimate Cut“, der auf dem bei uns unveröffentlichten Director’s Cut basiert und zusätzlich den bisher einzeln erhältlichen Zeichentrickfilm „Tales of the Black Frighter“ (die Adaption eines Comics innerhalb des „Watchmen“-Universums, ein Comic, den Superhelden lesen würden) integriert. Soll heißen, ca. insgesamt 50 Minuten mehr als bisher bei uns zu sehen waren und die hieven die Verfilmung zwar auch nicht in die A-Liga, runden das Epos aber auf gelungene Weise ab.

Watchmen – Ultimate Cut • USA 2009 • Regie: Zack Snyder • Darsteller: Malin Akerman, Billy Crudup, Matthew Goode, Carla Gugino, Jackie Earle Haley, Patrick Wilson, Matt Frewer

 


„Nemesis“

3. Nemesis (1992)

Bei wem? DigiDreams Als was? Mediabook (2 DVDs & 2 Blu-rays) Wann? 12.12.2019

Worum geht’s? Los Angeles, 2027: Die Cybergenetik ist mittlerweile perfektioniert worden, menschliche Teile der Anatomie können problemlos durch elektronisch perfektionierte ersetzt werden. Nach dem nuklearen Holocaust bricht eine neue Ära an, in der Cyborg-Terroristen das System bedrohen. Undercover-Agent Alex Rain, der selbst kaum noch Mensch ist, soll die Verbrecher stoppen. Eine implantierte Bombe, die in drei Tagen hochgeht, macht das Unterfangen zu einem Rennen gegen die Zeit …

Prognose: Hab ich bereits an anderen Stelle schon drauf hingewiesen („10 Cyborg-Filme, die man gesehen haben muss!“) und ist zudem eigentlich nur eine weitere Neuauflage (dieses Mal im Mediabook, eh klar) eines diskussionswürdigen Anbieters. Allerdings wollte ich die Chance noch mal auf dieses kleine B-Film-Juwel des ewig unterschätzten Albert Pyun hinzuweisen, nicht ungenutzt lassen. Pyun fehlte es zwar oft an Budget, aber nie an Talent und Stilwillen, der Mann ist eben nicht „der neue Ed Wood“, wie es allzu oft und allzu vorschnell heißt, sondern eher ein Art Auteur, dessen Karriere etwas unglücklich verlief. Und wer an „Nemesis“ Gefallen findet, kann getrost weitere Sci-Fi-Stoffe wie zum Beispiel „Radioactive Dreams“ (1985), „Cyborg“ (1989), „Doll Man – Der Space Cop!“ (1991) oder „Cyborg Warriors“ (1993) hinterher schieben. Alles sicherlich keine cineastischen Meisterwerke, aber schräge Gesellen, die man beim näheren Kennenlernen dann doch ganz sympathisch findet – oftmals gerade aufgrund ihrer Macken.

Nemesis • Dänemark/USA 1992 • Regie: Albert Pyun • Darsteller: Olivier Gruner, Tim Thomerson, Cary-Hiryuki Tagawa, Merle Kennedy, Yuji Okumoto, Marjorie Monaghan

 


„Battle Royale II – Requiem/Revenge“

4. Battle Royale II – Requiem/Revenge (2003)

Bei wem? Capelight Als was? Doppel-DVD, 3-Disc Movie Edition (Blu-ray), 3-Disc SteelBook (Blu-ray) Wann? 13.12.2019

Worum geht’s? Drei Jahre nach dem ersten Battle Royale wird erneut eine Schulklasse ausgewählt, die den mittlerweile zum Terroristen gewordenen Gewinner des damaligen Programms, Shuya Nanahara, aufspüren und töten soll. Nanahara führt zusammen mit den „Wild Seven“, eine Gruppe Überlebender der vergangenen Battle Royales, von einer Insel aus einen internationalen Kampf gegen Erwachsene mit dem Ziel, das BR-Gesetz abzuschaffen. Explodierende Halsbänder und Fallen machen der Truppe bereits bei der Ankunft das Leben mehr als schwer …

Prognose: Weniger bekannte und vor allem weitaus weniger beliebte Fortsetzung zu einem der wohl berühmtesten japanischen Filme der letzten 20 Jahre (eine ausführliche Besprechung findet sich hier!). Es ist schon richtig, dass das kein guter Film ist. Regie-Titan Kinji Fukasaku starb wenige Tage nach Beginn der Dreharbeiten, sein Sohn Kenta musste das Projekt schultern und lieferte einen über zweistündigen, selbstbesoffenen Brocken von einem Film ab, der wie ein kleines Kind mit einer Anti-Amerika- und Pro-Terrorismus-Haltung provozieren will, dabei aber nur ein müdes Schulterzucken auslöst, denn das Drehbuch lässt das, was den Vorgänger zu so einem Nierentreter gemacht hat, völlig außer Acht: Die Charaktere werden in einem Pseudo-„Der Soldat James Ryan“-Setting zu reinem Kanonenfetter degradiert, es ist schlichtweg Wurst, aus wessen Körper die nicht ganz so schicken CGI-Blutfontänen sprudeln. ABER: Ich muss zugeben, dass mich der Streifen zumindest in Teilen irgendwie, irgendwo doch ein bisschen fasziniert. Inszeniert ist das Ganze nicht übel, vor allem die Actionszenen können sich sehen lassen und dann gibt’s da noch Glanzpunkte wie den von mir höchst verehrten Kultstar Riki Takeuchi, der die gleiche Rolle wie Takeshi Kitano in Teil 1 hat, aber mit sichtlichem Vergnügen als permanent pillenfressender Lehrer mit wilden Grimassen einen totalen Kontrapunkt zu seinem Vorgänger setzt, was natürlich komplett drüber ist, aber das Geschehen halt auch um einige wirklich sehr unterhaltsame, lebendige Momente bereichert. UND dann liegt dieser Edition erstmalig auch der 20 Minuten längere „Revenge“-Cut bei, der klugerweise die Charaktere mit etwas mehr Leben auffüllt. Kurz: Ein gescheitertes Werk, aber auf interessante Weise gescheitert. Kann man sich durchaus mal geben.

Battle Royale II • Japan 2003 • Regie: Kenta & Kinji Fukasaku • Darsteller: Tatsuya Fujiwara, Natsuki Katô, Yuma Ishigaki, Ai Iawamura, Mitsuru Murata, Msumi Tooyoka

 


„Baby Blood“

5. Baby Blood (1990)

Bei wem? Bildstörung Als was? Blu-ray (Blu-ray & Bonus-DVD mit Extras) Wann? 29.11.2019

Worum geht’s? Yanka, Dompteursgehilfin in einem kleinen französischen Zirkus, wird eines Tages von einem Urzeitparasiten heimgesucht, der von einem neuen Leoparden eingeschleppt wurde. Der sprechende Parasit wünscht sich nichts sehnlicher als geboren zu werden und befruchtet aus diesem Grund die junge Frau, die daraufhin einen unstillbaren Appetit auf Blut entwickelt…

Prognose: Einer der – zu dieser Zeit - verhältnismäßigen seltenen Horrorfilme aus Frankreich und eine Art Vorläufer der einige Jahre später mit „Haute Tension“ (2003, Regie: Alexandre Aja) einsetzenden Welle an extrem rabiaten Genrebeiträgen, unter denen sich mit „Inside“ (2007) auch wieder Schwangerschaftshorror befand, der allerdings weitaus weniger charmant und auch nicht so humorvoll ausfiel wie „Baby Blood“. Regisseur Alain Robak nutzt seine zuweilen an David Cronenbergs „Parasiten – Mörder“ (1975) oder „Rabid – Der brüllende Tod“ (1977) erinnernde, fragmentarisch erzählte und mit einem Schuss von Lovecrafts kosmischen Horror abgeschmeckte Mixtur aus Spannungsmomenten, Komödie sowie blutigen Einlagen als feministische Allegorie auf männliche Kastrationsängste. Die komplette Männerwelt in „Baby Blood“ besteht aus einer Ansammlung von absolut jämmerlichen Pappfiguren, die vor dem monströs Weiblichen Yankas im wahrsten Sinne die Waffen strecken müssen. Des Weiteren thematisiert der Film im Kern auch ein wenig die von Ängsten durchdrungene Alltagswirklichkeit schwangerer Frauen. Allerdings bleibt Robak in seinem Anliegen erfreulich zwiespältig, denn trotz etwas tieferer Ebenen wird alle Nase lang blank gezogen, der mit albern bis scharfen Witz gewürzte Parasitenhorror lässt keine Gelegenheit aus, den sehr ansehnlichen Körper seiner stark und mit zunehmender Laufzeit immer intensiver spielenden Hauptdarstellerin ins rechte Licht zu rücken und verzichtet zudem nicht auf rabiaten Splatter (der allerdings nie ins sensationsheischend-geschmackslose gleitet). Ein wildes, ziemlich eigensinniges Gebräu (das man nach Möglichkeit nicht in der deutschen Synchrofassung schauen sollte, denn die lässt zu wünschen übrig). Bemerkenswert ist, was das Kultlabel Bildstörung wieder an Extras ins Päckchen gesteckt hat: Vier eigens für die Disc geführte Interviews mit am Film Beteiligten, zwei Kurzfilme und drei Musikvideos von Robak, ein Feature, in dem der Regisseur ehemalige Drehorte besucht, zwei Trailer und ein 28seitiges Booklet mit lesenswerten Texten von Jochen Werner, Ariel Esteban Cayer und Christian Kessler. Für eine Produktion, die einst in einer gekürzten Fassung direkt auf dem deutschen Videomarkt versenkt wurde und selbst in Fankreisen nur wenig Wellen geschlagen hat, ist das einfach nur WOW! Filmfans mit Hang zum Extravaganten sollten unbedingt zuschlagen!

Baby Blood • Frankreich 1990 • Regie: Alain Robak • Darsteller: Emmanuelle Escourrou, Christian Sinniger, Jean Francois-Gallotte, Roselyne Geslot, Francois Frappier, Thierry Le Portier

 


„The Expanse“

… und was gibt’s im TV & Internet?

V-Wars, Staffel 1 – ab 05.12.2019, Netflix: Comicverfilmung über einen Wissenschaftler und seinen besten Freund, die sich in einer postapokalyptischen Welt zurechtfinden müssen, in der ein Virus immer mehr Menschen in Vampire verwandelt. Na ja. Hört sich ziemlich bekannt an, ne?

Silicon Valley, Staffel 6 – ab 10.12.2019, Sky Atlantic: Sechste und letzte Season des beliebten „The Big Bang Theory“-Äquivalents.

The Expanse, Staffel 4 – ab 13.12.2019, Amazon Prime: Leser dieser Seite wissen: Großer Favorit der Truppe! Muss man nichts mehr zu sagen. Doch, halt, eins: Danke Amazon für die Übernahme der von SyFy abgesetzten Serie! Sogar eine fünfte Staffel wurde bereits bestätigt! Yeah!

Lost In Space, Staffel 2 – ab 24.12.2019, Netflix: Fortführung einer im Grunde völlig überflüssigen Serie! (Besprechung zur ersten Season!)

Salvation, Staffel 2 – ab 26.12.2019, Netflix: Habt Ihr bis jetzt noch nichts von gehört? Kein Wunder, die Serie um einen drohenden Asteroideneinschlag mochte niemand so wirklich („Salvation is stereotypical summer television“) und wurde mit dieser Staffel auch schon wieder eingestellt.

Große Abb. ganz oben: „Dagon“, Shock Entertainment

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