Lost in Langeweile
„Lost in Space“: Moderner, teurer, actionreicher… aber auch ganz schön überflüssig
Es ist mal wieder Remake-Time: Die auf dem Kinderbuch „Der Schweizerische Robinson“ basierende, von Katastrophenfilm-Guru Irvin Allen produzierte Serie „Lost in Space“ aus der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre gehört zum US-Popkulturinventar, wurde bei uns aber erst Anfang 1992 auf diversen Privatsendern unter dem Titel „Verschollen zwischen fremden Welten“ verbraten. Inhaltlich dreht sich alles um die Familie Robinson, die im Jahr 1997, die Erde ist mittlerweile überbevölkert, ausgewählt wird, um einen Planeten im Alpha-Centauri System für die Besiedlung vorzubereiten. Als das Raumschiff aber von Dr. Zachary Smith, einem blinden Passagier, sabotiert wird, müssen die Robinsons notlanden und finden sich auf einem anderen, völlig unwirtlichen Planeten wieder. Nun beginnt eine Irrfahrt durchs All, sämtliche Versuche irgendwo heimisch zu werden oder das ursprünglich angepeilte Ziel zu finden, werden von Dr. Smith boykottiert, der unbedingt wieder zur Erde zurückkehren will.
„Lost In Space“ ist typische 1960er-TV-Kost mit einem konservativen Familienbild (Papa ist der fürsorgliche Alleinernährer, Mama bereitet mit Liebe das Essen zu und die Kids sind süß und nett und wenn frech, dann nur auf die süße und nette Art), einem putzigen, von Robert Kinoshita, der auch schon für den unvergesslichen Blechkamerad Robby in „Alarm im Weltall“ (1956) verantwortlich war, designeten Roboter, und jeder Menge poppigen Camp-Charme, die Produktionen aus der Zeit, in der nicht mal eben kurz 100 Millionen Dollar ausgegeben werden konnten, sondern aus wenig viel gemacht werden musste, nun mal anhaftet. Kann man verstaubt finden, ja, wer aber die vernetflixte Neufassung anschaut, sehnt sich doch schnell wieder zu der originalen Familie Robinson in ihren pastellfarbenen Gute-Laune-Klamotten zurück.
Es ist grundsätzlich nicht so, dass „Lost in Space“ remakeuntauglich wäre: Der beibehaltene, lediglich um rund 50 Jahren in die Zukunft verlagerte, Basisplot ist an sich toll und würde sich gut zur komplexen Weltenerkundung anbieten. Merkwürdigerweise entschieden sich die Macher aber die Simpeldramaturgie der Originalserie beizubehalten (in jeder Folge gerät irgendjemand in Gefahr oder es muss irgendein anderes Problem gelöst werden – was natürlich immer gut ausgeht), es wurden lediglich willkürlich gesetzte Rückblenden drübergestreut, die obligatorischen Referenzen zur Vorlage eingebaut und pflichtgemäß ein paar aktuelle Standards abgehakt, tatsächlich Neues hat man darüber hinaus aber vergessen oder war auch nicht dran interessiert.
Natürlich ist die 60er-Jahre-Vorzeigefamilie nicht mehr zeitgemäß, dass die Neuausgabe der Robinsons (sie ist nun eine Raumfahrtingenieurin, er ein Soldat) nun aber eine zerrüttete, kurz vor der Scheidung stehende Ehe führt, wirkt in Zeiten, in denen es in Serien vor dysfunktionalen Beziehungen nur so wimmelt, beinahe auch schon wieder wie ein Klischee von vorgestern, zumal man bereits nach kürzester Zeit ahnt, wohin die Reise führt, die Odyssee durchs Weltall fungiert natürlich auch als Paartherapie, eh klar. Natürlich sind heutige Kids anders als Kids aus den 60er-Jahren, die Robinson-Kids dürfen jetzt aber nicht mehr einfach nur smarte Kinder sein, sondern sind jetzt nicht nur bis zur Haarspitze mutig und diszipliniert, sondern intelligenter als die komplette Belegschaft des Fraunhofer-Instituts und natürlich darf der knuddelige Roboter von damals nicht mehr einfach nur ein knuddeliger Roboter sein, sondern ist zum humanoiden, immer etwas bedrohlich wirkenden Alien mutiert.
Die einzig wirklich erwähnens- und sehenswerte Renovierung findet sich in Form von Dr. Smith, der ist nun weder ein echter Doktor, noch ein Mann, sondern eine Frau mit dubioser Vergangenheit und wird von der absolut zauberhaften Indie-Queen Parker Posey gespielt wird, die mit einem einzigen Blick auch die teuersten Spezialeffekte überflüssig machen kann.
Trotzdem: Es ist dieses völlig uninspirierte Verharren zwischen Altem und (vermeintlich) Neuem, das die 2018er-Fassung zu einer reichlich zahnlosen Angelegenheit macht, die Serie bekennt sich weder wirklich zu ihren Camp-Wurzeln, blickt aber ebenso wenig wirklich nach vorne, sondern liefert viel lieber Dienst nach Vorschrift. Anders als zum Beispiel bei der „Battlestar Galactica“-Neuinterpretation (2004-2009) gibt’s hier lediglich alten Wein in neuen Schläuchen: Natürlich temporeicher, weitaus teurer und, wenn man sich einwickeln lässt, zuweilen durchaus spannend, aber eben auch aalglatt, schematisch und spätestens morgen wieder vergessen. Manchmal sind pastellfarbene Gute-Laune-Klamotten eben doch nicht das Schlechteste.
„Lost in Space“ ist seit dem 13.04. auf Netflix abrufbar.
Lost in Space (USA 2018) • Regie: diverse • Darsteller: Mina Sundwall, Molly Parker, Toby Stephens, Parker Posey, Maxwell Jenkins, Taylor Russell, Ignacio Serriccio
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